Man möchte nicht in der Haut des schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt stecken. Da trudelt mit Saab eine Ikone der Wirtschaft in die...

Man möchte nicht in der Haut des schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt stecken. Da trudelt mit Saab eine Ikone der Wirtschaft in die Pleite, doch die Regierung schließt weiterhin jede Form von Kapitalhilfe oder eine Verstaatlichung aus. Nun droht dem Unternehmen die Insolvenz - und damit stehen 30 000 Jobs in der schwedischen Autoindustrie auf der Kippe: in einem Land, das nicht einmal neun Millionen Einwohner hat. Für die Betroffenen, ja für die gesamte schwedische Automobilindustrie ist das eine Katastrophe. In diesem Fall so unbeirrt den marktwirtschaftlichen Kurs zu steuern, scheint kühn. Denn nicht nur Politiker beschleichen in diesen Wochen Zweifel, ob die alten Wahrheiten und reinen Lehren weiterhin Gültigkeit haben. Ausgerechnet der enthemmte Kasino-Kapitalismus hat die Marktwirtschaft in ganz Europa bis weit ins liberale Bürgertum hinein stärker diskreditiert, als über 40 Jahre Agitation und Propaganda des realen Sozialismus dies je vermocht hätten.

Und doch spricht vieles dafür, dass der schwedische Weg richtig ist. Milliarden für die GM-Tochter helfen nicht, die Zukunft zu gewinnen, sondern würden nur das Sterben verlängern. Schließlich hat Saab schon in den fetten Jahren Verluste geschrieben.

Nur auf den ersten Blick kann verwundern, dass ausgerechnet die Schweden in Europa die letzten Verteidiger des Marktes sind. Denn in dem Land, das bis in die 80er-Jahre auf den dritten Weg setzte und einen demokratischen Sozialismus lebte, sind die Erinnerungen an das Scheitern dieses Modells noch frisch. 1992 stand das Land vor dem Staatsbankrott, katapultierte sich danach aber wieder an die Spitze in Europa. Auslöser dieser Erfolgsgeschichte war mehr, nicht weniger Markt. So spricht einiges dafür, dass auch Europa in dieser Krise mehr Reinfeldts benötigt - und weniger Sarkozys.