Bahnchef Hartmut Mehdorn hat dem Druck nachgegeben: Bei einer Sitzung des Konzernbetriebsrats sagte er, der Verstand bedauere die Überprüfungen von Mitarbeitern. Damit kommt er einem Ultimatum zuvor, das ihm die Gewerkschaften einem Bericht zufolge gestellt hatten.

Frankfurt/München. Bahnchef Hartmut Mehdorn hat sich wegen der Datenaffäre bei den Beschäftigten entschuldigt. Der Vorstand bedauere, dass es bei den Mitarbeiterüberprüfungen zu Verstößen gekommen sei und keine Gremien der Arbeitnehmervertretungen informiert gewesen seien, erklärte Mehdorn nach Teilnehmerangaben bei einer Sitzung des Konzernbetriebsrats am Freitag in Frankfurt. Der Vorstand "entschuldigt sich dafür bei seinen Mitarbeitern", hieß es.

Die Gewerkschaften Transnet, GDBA und GDL hatten Mehdorn mehrfach eindringlich aufgefordert, sich für den umstrittenen Massenabgleich von Mitarbeiterdaten zu entschuldigen. Bis diesen Dienstag müsse der Aufsichtsrat im vollem Umfang über die Affäre informiert werden. In einem Schreiben an alle Mitarbeiter hatte Mehdorn bereits Fehler eingeräumt. Dies hatten die Gewerkschaften als nicht ausreichend bezeichnet.

Am Freitagmorgen waren in der Bahn-Affäre weitere Spitzel-Aktionen publik geworden. Laut Dokumenten, die der "Frankfurter Rundschau" vorliegen, hat die Bahn im Jahr 2005 mit "rechtlich zweifelhaften Methoden" Kontakte eines Bahnmitarbeiters überwacht und Hausdurchsuchungen bei fünf externen Personen veranlasst, mit denen der Mitarbeiter in Kontakt stand.

Die Konzernsicherheit von Bahnchef Hartmut Mehdorn hatte nach "FR"-Informationen 2005 das Büro eines Bahnmitarbeiters durchsucht und Papiere gefunden, die der Mitarbeiter laut interner Zuständigkeit nicht haben durfte. Trotz der dürren Faktenlage, so das Blatt weiter, habe die Bahn der Staatsanwaltschaft Berlin am 19. April 2005 als Tatsache mitgeteilt, dass der Mitarbeiter "streng vertrauliche Vorstandsunterlagen, Briefwechsel aus dem Vorstandsbereich" an fünf Personen übermittelt habe.

Die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA wollten nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" die Abberufung von Mehdorn durchsetzen, falls dieser sich nicht bei der Belegschaft für die Spähaktionen entschuldigt.

Der Aufsichtsrat der Bahn soll, wie Transnet und GDBA am Donnerstag mitgeteilt hatten, spätestens am Dienstag über den Datenskandal beraten. Dem 20-köpfigen Gremium gehören zehn Arbeitnehmer-Vertreter an. Falls diese Mehdorns Rücktritt fordern, wäre er nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen nicht mehr haltbar, schrieb das Blatt. Bei der Aufklärung des Datenskandals wolle sich der Aufsichtsrat nicht auf den Vorstand verlassen. Das Kontrollgremium wolle die Wirtschaftsprüferfirma KPMG mit einer Untersuchung beauftragen.

Bislang hat die Bahn eingeräumt, zur Korruptionsbekämpfung in den Jahren 2003 und 2005 die Daten von rund 173 000 Mitarbeitern mit denen von Lieferfirmen abgeglichen zu haben.