Europas größter Kupferhersteller zeigt sich resistent gegen die Krise - dennoch könnte es in diesem Jahr in Teilbereichen Kurzarbeit geben. Das und mehr sagte Affinerie-Chef Bernd Drouven dem Abendblatt im Interview.

Hamburg. Abendblatt:

Nach Jahren des Aufschwungs erlebt die deutsche Wirtschaft jetzt die schlimmste Krise seit Jahrzehnten. Wie fühlt man sich angesichts dieser neuen Herausforderung als Arbeitgeber, der immerhin für 4800 Menschen weltweit und deren Familien verantwortlich ist?

Bernd Drouven:

Natürlich ist man besorgt. Von diesen negativen Nachrichten kann man sich nicht lösen. Aber man sollte nicht vor Angst erstarren, sondern genau analysieren, wo die Stärken eines Unternehmens liegen und wie Probleme gelöst werden können.



Abendblatt:

Wie sieht die Lage bei der Norddeutschen Affinerie (NA) konkret aus?

Drouven:

Die NA ist in der Krise besser aufgestellt als manche andere Firmen. Wir haben seit Jahren ein Geschäftsmodell, das zwar dazu führt, dass wir in guten Zeiten nicht immer die höchsten Spitzen mitnehmen, das uns aber in schlechten Zeiten auch vor einem Absturz nach unten schützt. Wir haben ein geringeres Risiko als viele Wettbewerber. Der Kupferpreis ist bei uns ein durchlaufender Posten, denn wir kaufen und verkaufen immer zeitgleich. Für die Herstellung von Kupfer aus Erz erhalten wir einen Schmelzlohn. Davon leben wir. Und diese Schmelzlöhne haben sich in den vergangenen Monaten sogar verdoppelt. Deshalb läuft unser Geschäft in der Primärkupfererzeugung weiter gut. Auch im Recycling - wir verarbeiten nicht nur knapp werdende hochreine Kupferschrotte, sondern auch Schlämme, Aschen und Elektronikschrotte - haben wir noch keine Delle. Sorge bereitet uns derzeit aber der Bereich Weiterverarbeitung, in dem wir etwa Gießwalzdraht und andere Produkte aus Kupfer herstellen. In dem Bereich, in dem in Hamburg 250 unserer gut 2000 Mitarbeiter beschäftigt sind, spüren wir die negative Marktentwicklung. Vor allem aus der Autoindustrie, die bis zu 15 Prozent unseres Geschäfts ausmacht, fehlt die Nachfrage.



Abendblatt:

Planen Sie diesem Jahr in Hamburg betriebsbedingte Kündigungen?

Drouven:

Nein, aus heutiger Sicht wird es keine betriebsbedingte Kündigungen in diesem Jahr geben. Wir nutzen derzeit andere Maßnahmen wie flexible Arbeitszeiten oder den Abbau von Überstunden. Zudem wurde die Zahl der Zeitarbeiter in Hamburg auf 80 halbiert.



Abendblatt:

Ist Kurzarbeit in Hamburg geplant?

Drouven:

Aktuell nicht, aber für die Zukunft kann man es nicht ausschließen. Unsere Kunden bestellen bei uns zwar weiterhin, aber anders als früher leeren sie zuerst ihre eigenen Lager, bevor sie Aufträge vergeben. Zudem wussten wir früher zum Jahresanfang in etwa, welchen Bedarf die Kunden in der Zukunft haben. Diese Angaben bekommen wir inzwischen nicht mehr. Wir wissen also nicht mehr so genau, wie sich unsere Auslastung entwickeln wird. Dennoch: Auch wenn wir derzeit leicht schlechter dastehen als vor Jahresfrist, sind wir krisenresistenter als viele andere Industrieunternehmen. Im Januar bekamen wir sogar mehr Aufträge als wir erwartet hatten.



Abendblatt:

Die Kupferpreise sind seit ihrem Hoch von fast 9000 Dollar auf jetzt 3300 Dollar pro Tonne eingebrochen. Wie wirkt sich dies auf Ihr Geschäft aus?

Drouven:

Operativ kaum, da Kupfer in unserer Bilanz ein durchlaufender Posten ist. Da wir den Wert der Kupferbestände am Jahresende stichtagsgetreu bilanzieren, zieht ein gesunkener Kupferpreis aber den Jahresüberschuss nach unten - obwohl er keine Auswirkungen auf die Dividende oder die Steuerzahlung hat. Das wird erkennbar sein, wenn wir unseren nächsten Quartalsbericht veröffentlichen. Laien ist schwer zu vermitteln, dass diese Zahl keine Bedeutung hat. Deshalb nehme ich gern den Vergleich mit einer Immobilie zur Erklärung. Wenn die Immobilienpreise steigen, gewinnt ein Haus an Wert. Wenn der Eigentümer jedoch selbst drin wohnen bleibt, hat er dadurch nicht mehr Geld auf dem Konto. So ist dies bei uns mit den Kupferpreisen.



Abendblatt:

Die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen ist sehr wichtig. Doch bei der NA wird gerade der Name in Aurubis geändert. Das kann das Zugehörigkeitsgefühl stören.

Drouven:

Nach der Übernahme unseres belgischen Wettbewerbers Cumerio sind wir neben Deutschland auch in Belgien, Bulgarien und Italien aktiv. In diesen Ländern kann man nicht Norddeutsche Affinerie ans Werkstor schreiben. Das würde keiner verstehen. Auch Affinerie ging nicht als neuer Name, weil der Begriff ein technisches Verfahren bedeutet und man ihn deshalb nicht schützen lassen kann. So sind wir auf Aurubis gekommen, was rotes Gold bedeutet. Ich denke mit diesem Namen können sich auch unsere Mitarbeiter in den anderen Ländern gut identifizieren.



Abendblatt:

Was wird aus dem Volleyballverein NA. Hamburg?

Drouven:

Wenn die Aktionäre auf der Hauptversammlung im Februar die Umbenennung in Aurubis genehmigt haben, wollen wir möglichst schnell auch den Verein umbenennen.



Abendblatt:

Wie viel Geld investiert die NA pro Jahr ins Sponsoring?

Drouven:

Mehr als eine Million Euro an allen unseren Standorten. Wir fördern soziale, kulturelle und sportliche Bereiche, wenn es zu unserem Unternehmen passt. Wir unterstützen etwa Schulen, Kindergarten, Krankenhäuser. Gerade in Hamburg unterstützen wir sehr viele Projekte, weil wir uns in der Stadt auch sehr wohl fühlen. Als wir 2008 in Probleme hätten geraten können, hat uns die Stadt mit ihrer Beteiligung an der NA geholfen. Dafür sind wir sehr dankbar.



Abendblatt:

Damals wollte der österreichische Investor Mirko Kovats die NA schlucken.

Drouven:

Das ist Vergangenheit. Inzwischen haben wir mit der Salzgitter AG einen stabilen Ankeraktionär.



Abendblatt:

Wird das Sponsoring in der Krise heruntergefahren?

Drouven:

Bislang ist keine Reduktion geplant. Aber wir schauen uns die Anfragen genauer an. Und wenn die Lage schwieriger wird, werden wir unser Sponsoring anpassen müssen. Wir wären ein schlechter Arbeitgeber, wenn die zum Beispiel Stellen abbauen müssen und gleichzeitig weiter Geld vergeben.