Das gemeinsame Abendessen mit der Familie, ein Besuch bei Freunden oder einfach mal ins Kino - was für viele Menschen ganz alltäglich ist, ist für...

Hamburg. Das gemeinsame Abendessen mit der Familie, ein Besuch bei Freunden oder einfach mal ins Kino - was für viele Menschen ganz alltäglich ist, ist für Klaus Reichelt (Name von der Redaktion geändert) etwas Besonderes. Seine Dienstpläne lassen es nur selten zu, spontan Abende oder Wochenenden zu planen. "Ein wirkliches Privatleben haben wir nicht", sagt der Zugschaffner. Oft würde er allein in Hotels die Nächte verbringen, zwei von drei Wochenenden durch die Republik fahren. "Das muss sich ändern. Zumindest müssen wir entsprechend der Arbeitszeiten bezahlt werden", so Reichelt.

Bessere Arbeitsbedingungen und ein höherer Lohn sind die Forderungen der Gewerkschaften Transnet und GDBA, mit denen sie heute erste Warnstreiks beginnen. Auf der Wunschliste stehen zehn Prozent mehr Geld. Die Bahn hatte das eigene Angebot zuletzt mit bis zu 3,0 Prozent beziffert. Außerdem wollen die Arbeitnehmervertreter pro Kalenderjahr mindestens zwölf freie Wochenenden von freitags 16 Uhr bis montags 6.00 Uhr durchsetzen. Zusätzlich soll die Zahl der Dienste reduziert werden, die in der Nacht beginnen oder enden. Auch sollen Schichtdienste längerfristig geplant werden können. "Bei den derzeitigen Bedingungen sind Beruf und Familie nicht zu vereinbaren. Manchmal sehe ich meinen Sohn tagelang nicht", so Reichelt. "Auch wenn ich den Beruf liebe, das geht nicht."

Von den Warnstreiks betroffen sind ab 4.30 Uhr bis in den späten Vormittag hinein Köln, Düsseldorf, Bremen, Hamburg, Berlin, Saalfeld, Magdeburg, Nürnberg und München. In der Folge dürften auch Züge auf zahlreichen Hauptstrecken ausfallen.

Die Bahn will mit dem Einsatz zusätzlicher Mitarbeiter die Auswirkungen abmildern. Man gehe davon aus, dass der überwiegende Teil des Zugverkehrs außerhalb der neun Streikschwerpunkte ohne größere Behinderungen ablaufen könne. "Neben Zugausfällen im Regional- und S-Bahn-Verkehr der betroffenen Regionen müssen Bahnkunden auch bundesweite Verspätungen oder einzelne Ausfälle im Fernverkehr befürchten", erklärte die Bahn weiter. Einzelne Einschränkungen des Zugbetriebs könnten sich bis in den Nachmittag oder Abend hinziehen. In Hamburg soll nach Gewerkschaftsangaben nur das Reisezentrum im Hauptbahnhof von den Arbeitsniederlegungen betroffen sein. Am Freitag will die Bahn mit den Gewerkschaften verhandeln.