Gerade ist der wochenlange Machtkampf vorbei und schon gibt es bei Conti und dem Großaktionär Schaeffler den nächsten Paukenschlag: Die beiden hoch verschuldeten Konzerne, die nun zügig einen neuen Autozulieferer-Giganten schmieden wollen, sollen einem Zeitungsbericht zufolge Staatshilfen bekommen.

Hannover/Herzogenaurach. Möglicherweise bekommen die beiden Unternehmen jeweils eine halbe Milliarde Euro von den Ländern Bayern und Niedersachsen.

Ein Sprecher der bayerischen Staatskanzlei sagte dazu in München: "Natürlich finden Gespräche mit dem Unternehmen statt. Es gibt aber keinerlei Vereinbarung oder Zusagen." Das "Handelsblatt" hatte berichtet, Bayern unterstütze Schaeffler mit Sitz in Herzogenaurach, Niedersachsen Continental mit Sitz in Hannover. Die Details der Hilfe - Bürgschaft, Garantien oder auch eine direkte Beteiligung - seien noch offen.

Die beiden Konzerne sind mit insgesamt 22 Milliarden Euro verschuldet - Schaeffler wegen der Conti-Übernahme, Continental wegen der Übernahme der Siemens-Tochter VDO im Jahr 2007. Zudem hat sie die Finanz- und Autokrise mit voller Wucht erwischt. Dabei hatte Conti in Nachverhandlungen über die milliardenschweren Kredite für die VDO-Übernahme erst in der vergangenen Woche ein Ergebnis erzielt.

Immerhin scheint die wochenlange Schlammschlacht um die Zukunft der Conti dem Ende anzugehören - unter Vermittlung von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Auf Druck von Schaeffler tritt Conti-Aufsichtsratsboss Hubertus von Grünberg von seinem Posten ab, den Chefaufseher stellt künftig Schaeffler. Das teilten beide Seiten nach einer Krisensitzung des Conti-Aufsichtsrats am Samstag in Hannover mit. Die Schaeffler-Gruppe hatte dem 66-jährigen von Grünberg vorgeworfen, er sabotiere systematisch gemeinsame Lösungen und verfolge eigene Interessen, das Vertrauen sei zerstört.

Die Schaeffler-Gruppe zeigte ihrer Muskeln: Vier Vertreter des Familienunternehmens ziehen früher als geplant in den Aufsichtsrat ein. Und: Angesichts der dramatischen Krise in der Autoindustrie wollen sich die beiden hoch verschuldeten Konzerne zusammenraufen und einen neuen Autozulieferer-Giganten schmieden.

Schaeffler und Conti hätten das Kriegsbeil begraben, hieß es in Kreisen der Konzerne. "Wir müssen jetzt die Probleme anpacken." Die Konzerne wollen nun im eigentlichen Geschäft an einem Strang ziehen und die Kooperation zwischen den beiden Automobilsparten vorantreiben. Das Ziel lautet, neben Branchenprimus Bosch einen "zweiten globalen Champion im Automobilzuliefergeschäft" in Deutschland zu schaffen.

Fast pathetisch kommentierte Schaeffler-Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler das Ergebnis: "Ich freue mich sehr, dass das, was gut zusammenpasst, jetzt zusammenwachsen kann." Die 67 Jahre alte Eigentümerin der Schaeffler-Gruppe, die nach einer langen Übernahmeschlacht 49,9 Prozent an Conti hält, hatte an der Krisensitzung in Hannover teilgenommen und zieht in den Aufsichtsrat ein. Nicht sie aber wird Chefin des Gremiums, sondern überraschend der Schaeffler-Berater Rolf Koerfer - ein erfahrener Rechtsanwalt und Spezialist für Fusionen und Übernahmen.

Zu der Einigung gehört auch, dass die Conti-Reifensparte ausgegliedert werden soll. Eingeleitet werden soll nun ein Prozess für eine "organisatorisch und rechtlich selbstständige" Rubber Group, unter "enger Begleitung" von Grünbergs - ein wichtiges Ergebnis für Continental. Es bedeutet zwar faktisch eine Aufspaltung des Konzerns, der von Schaeffler geforderte Verkauf der Reifensparte aber scheint vorerst vom Tisch.

In der Reifensparte, in der die Wurzeln der Conti liegen, arbeiten rund 70 000 der insgesamt 145 000 Konzern-Beschäftigten. Die "alte" Conti könnte also auch die "neue" Conti werden. Über die Reifensparte will Conti die Kontrolle behalten, eine Dominanz von Schaeffler soll verhindert werden. Sitz der Reifensparte dürfte Hannover bleiben - ein wichtiges Ergebnis auch für Niedersachsens Regierungschef Wulff.

Hinter den Kulissen hieß es nach der Krisensitzung, nun sei der Weg frei für eine konstruktive Zusammenarbeit. Doch die Arbeit fängt erst an. Viele Fragen sind offen - zum Beispiel, wie genau die beiden Automobilsparten zusammenwachsen sollen, welche Folgen dies für die Beschäftigten haben könnte, wie der neue Konzern heißen soll, wo der Sitz ist. Ein wichtiger Punkt ist zudem, wieviel Schulden Schaeffler auf das neue Unternehmen überträgt.