Finanzmärkte reagieren negativ auf die Wahlen. Anleger befürchten griechisches „Chaos“ und einen Konfrontationskurs aus Paris.

Frankfurt/Main. Die europäischen Aktienmärkte sind am Montag nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland mit kräftigen Kursverlusten gestartet. Sehr negativ nahmen die Finanzmärkte den Ausgang der Parlamentswahlen in Griechenland auf. Hier wird ein „Chaos“ befürchtet.

Das starke Ergebnis der linker und rechter radikaler Kräfte machen einen Verbleib des Landes in der Eurozone unwahrscheinlicher. In Frankreich wurde der Sozialist Francois Hollande zum Präsidenten gewählt. Er war mit seiner Forderung nach Nachverhandlungen beim Fiskalpakt auf Konfrontationskurs mit Berlin gegangen. Anders als sein Vorgänger Nicolas Sarkozy will Hollande dabei jedoch eher auf höhere Einnahmen als auf weitere Einsparungen setzen. Im Wahlkampf hatte er sich zudem gegen den von Deutschland geforderten strikten Sparkurs beim Euro-Krisenmanagement gestellt.

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Für die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat die französische Präsidentenwahl keinen unmittelbaren Einfluss auf die Bonitätsnote. Wie das Unternehmen am Montag mitteilte, stehen die Chancen für eine erneute Absenkung der Kreditwürdigkeit in diesem Jahr unverändert bei eins zu drei. Der Ausblick auf das derzeitige „AA+“-Rating bleibt damit negativ. Mitte Januar hatte S&P Frankreichs Top-Note „AAA“ kassiert.

Bis gegen 10.30 Uhr fiel der DAX um 1,4 Prozent auf 6.467 Punkte, zur Eröffnung hatte er sogar nur bei 6.410 Zählern notiert. Der Euro-Stoxx-50 verlor ebenfalls 1,4 Prozent, und in Athen brach das Marktbarometer im Frühhandel um mehr als 10 Prozent ein, Bankaktien büßten sogar bis zu 20 Prozent ein.

Bereits in der Nacht war der Euro unter die psychologisch wichtige Schwelle von 1,30 Dollar gerutscht. Erst am Morgen konnte er sich wieder leicht erholen und notierte bei 1,3015 Dollar. „Der Euro ist heute Nacht zu Recht gefallen“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Hollandes Sieg mache den Kampf gegen die Schuldenkrise komplizierter, weil es für Frankreich und Deutschland schwieriger werde, sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde die Peripherieländer länger als befürchtet faktisch mit der Notenpresse finanzieren müssen, sagte Krämer.

Noch dramatischer wird die Lage in Griechenland bewertet: Dort unterstützten nur 33 Prozent der griechischen Parteien Troika und Sparpaket, radikale Linke und Rechte kämen hingegen auf 66 Prozent der Stimmen, kommentierte der US-Ökonom Nouriel Roubini. „Das Ergebnis der Wahlen in Griechenland ist viel schlimmer als in Frankreich, weil das Erstere zum Chaos führt, während Hollande sich als moderat erweisen wird“, sagte er. Damit sei die Mitgliedschaft Griechenlands infrage gestellt. Das bringe schwere Ansteckungsprobleme für die gesamte Eurozone mit sich.

Erhebliche Gefahren, dass die neue griechische Regierung die vereinbarten Sparziele nicht erreichen wird, sieht auch Guillaume Menuet von der Citigroup. Die Gefahr eines „Grexit“ – also eines Ausstiegs aus der Währungsunion – in den kommenden 12 bis 18 Monaten sei nach den Wahlen auf 50 bis 75 Prozent gestiegen, sagte er.

Profiteur der Entwicklung sind die „sicheren Häfen“, allen voran deutsche Bundesanleihen. So setzte der Bund-Future seinen Höhenflug fort und markierte mit 142,44 Prozent ein Rekordhoch. Die Renditen am französischen Anleihenmarkt legten bei den zehnjährigen Staatsanleihen um vier Basispunkte auf 2,85 Prozent zu. In Spanien zogen die Renditen um neun Basispunkte auf 5,77 Prozent an, italienische Bonds notierten 0,1 Prozentpunkte höher bei 5,51 Prozent.

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Zu den größten Verlierern am französische Aktienmarkt gehörten die Banken: So brachen Credit Agricole um sechs Prozent ein. Aber auch zyklische Werte, die unter der sich ankündigenden Konjunkturabschwächung leiden, standen unter Druck. So verloren ArcelorMittal 2,2 und Renault 2,1 Prozent.

Hoffnung für den DAX machten allerdings Händleraussagen, die die Kursverluste als „viel zu hoch“ bewerten. Keiner der befragten Marktteilnehmer plante, noch auf fallende Kurse zu setzen. Stattdessen suchten die meisten Händler nach übertrieben verkauften Werten. Auch der wieder steigende Euro zeige, dass die asiatischen Märkte nach unten übertrieben hätten, hieß es. (dapd/dpa/abendblatt.de)