Der Bayern-Präsident kann sich nach dem erfolgreichen Spiel der Münchner in der Champions League nur kurz entspannen. Laut Medienbericht gibt es für Uli Hoeneß düstere Aussichten bei einer Haftstrafe ohne Bewährung.
München/Köln. Seine Bayern haben mit dem Sieg in der Fußball-Champions-League bei Viktoria Pilsen (1:0) eine erste wichtige Hürde genommen, doch Präsident Uli Hoeneß selbst steht eine äußerst wichtige Entscheidung erst noch bevor.
Und diese könnte für den 61-Jährigen weniger erfreulich ausfallen als für die Mannschaft von Trainer Pep Guardiola - mit dem sich Hoeneß auf dem Bankett nach dem Spiel im Übrigen äußerst angeregt unterhielt.
Denn ein vom Aufsichtsrat des FC Bayern in Auftrag gegebenes Gutachten kommt offenbar zu dem Schluss, dass Hoeneß seinen Posten als Gremiumsvorsitzender im Falle einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung abgeben müsste.
Das vom Gesellschaftsrechtler Gerd Krieger und dem Strafverteidiger Sven Thomas erstellte Gutachten komme zu dem Schluss, dass der Präsident in einer solchen Situation nicht mehr Aufsichtsratschef bleiben könne, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Mittwochsausgabe.
In Auftrag gegeben wurde die Stellungnahme der Experten für das Kontrollgremium demnach von Aufsichtsrats-Vizechef Herbert Hainer, dem Vorstandsvorsitzenden des Sportartikelkonzerns Adidas, einem Anteilseigner und Sponsor des FC Bayern.
Der Verein habe am Montag zwar über das Gutachten informiert und mitgeteilt, dass Hoeneß selbst bei einer strafrechtlichen Verurteilung Aufsichtsratschef bleiben könne. Das Gesetz kenne für diesen Fall kein Amtsverbot. Das gelte aber nicht bei einer Haftstrafe ohne Bewährung, sondern nur bei milderen Urteilen, berichtet die „SZ“.
Das Münchner Landgericht hatte am Montag bekannt gegeben, dass sich Hoeneß wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung einem für März 2014 angesetzten Prozess stellen muss. Zunächst sind vier Verhandlungstage angesetzt. Hoeneß wird Einkommenssteuerhinterziehung vorgeworfen.
Der 61-Jährige hatte Anfang dieses Jahres Selbstanzeige erstattet. Angeblich soll er über ein heimliches Konto in der Schweiz 3,2 Millionen Euro hinterzogen haben. Hoeneß zeigte sich am Montag „überrascht“ davon, dass das Gericht die Anklage der Staatsanwaltschaft zuließ.
Staatsanwältin macht Hoeneß Hoffnung
Nach Ansicht der Juristin Margrit Lichtinghagen kann Hoeneß durchaus auf eine Bewährungsstrafe hoffen. Sie halte es für „sehr unwahrscheinlich“, dass Hoeneß tatsächlich ins Gefängnis muss, sagte Lichtinghagen der „Bild“-Zeitung.
Die 59-Jährige hatte als Staatsanwältin im Frühjahr 2008 bundesweite Bekanntheit erlangt, als sie den damaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel wegen Steuerhinterziehung verhaften ließ.
Hoeneß habe öffentlich Reue gezeigt und damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Bewährungsstrafe erfüllt, sagte Lichtinghagen. Durch seine Selbstanzeige habe er überdies bewiesen, dass er „zu einem rechtstreuen Verhalten zurückfinden will“.
Die Juristin wollte zudem nicht ausschließen, dass sich Hoeneß und die Justiz vor Beginn der Hauptverhandlung am 10. März 2014 auf einen „Deal“ einigen könnten, um das Verfahren zu beschleunigen - und Hoeneß den Weg zu einer Bewährungsstrafe zu ebnen.
Auch SPD kritisiert Festhalten an Hoeneß
Unterdessen hat nach der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International auch die SPD deutliche Kritik an Bayern Münchens Festhalten an Hoeneß geäußert.
„Die rechtsstaatliche und moralisch-ethische Ignoranz dieser Spitzenmanager schlägt dem Fass den Boden aus“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Joachim Poß dem Kölner Stadtanzeiger mit Blick auf die Aufsichtsratsmitglieder des Champions-League-Gewinners.
Dem neunköpfigen Gremium gehören Top-Manager von Weltfirmen wie adidas (Herbert Hainer), Audi (Rupert Stadler), Telekom (Timotheus Höttges) oder VW (Martin Winterkorn) an.
Er habe jedenfalls „andere rechtsstaatliche und moralische Vorstellungen als diese hochmögenden Herren“, sagte Poß, „das verschlägt einem schon gelegentlich die Sprache. Hoeneß sei zur “Symbolfigur der Oberschichtenkriminalität mit Namen Steuerbetrug geworden“.
Zuvor hatte die Vorsitzende von Transparency International Deutschland, Edda Müller, den vorläufigen Amtsverzicht des Bayern-Präsidenten gefordert. „Der Sport - und auch ein wichtiger Sportfunktionär - sollte alles daran setzen, dass er nicht den Verdacht erweckt, dass jemand, der eine Steuerhinterziehung begangen hat, weiter im Amt bleibt“, sagte Müller am Dienstag in der TV-Sendung „Das Duell bei n-tv“. „Deshalb sage ich: Ja, er sollte seine Funktion solange ruhen lassen.“
Beckenbauer bricht Lanze für Hoeneß
Dagegen zeigte sich Hoeneß’ Vorgänger als Bayern-Präsident erfreut über die Rückendeckung für seinen Nachfolger. “Ich kann dem Vorstand und dem Aufsichtsrat nur gratulieren, dass sie sich hinter Uli Hoeneß stellen, dass sie ihm damit beweisen wollen, wie wichtig er ist. Dass sie ihn nicht alleine lassen wollen“, sagte Franz Beckenbauer zu Sky: “Es gibt immer schwierige Momente im Leben. Wenn man dann im Stich gelassen würde, würde das zu den schwarzen Seiten des Lebens gehören. Man schätzt den Uli, man liebt ihn. Die Beweise hat er geliefert, wie wichtig er für den Klub ist. Und jetzt ist es an Stelle des Vorstandes, des Aufsichtsrates und aller Gremien, die dem FC Bayern München zur Verfügung stehen – alle stehen hinter Uli Hoeneß. Ich finde das großartig. Die Solidarität ist nicht nur sprichwörtlich, sie ist da.“