Sechs Sätze umfasste die Pressemitteilung der Münchner Justiz zur Anklage gegen Steuersünder Uli Hoeneß. Bis zur Entscheidung über eine mögliche Hauptverhandlung heißt es abwarten. Ein Unternehmens-Experte hält Hoeneß indes als Aufsichtsratschef für nicht tragbar.
München. Am Tag danach war im „Strafverfahren gegen Ulrich H.“ fast nur Schweigen. Allen voran Bayern-Präsident Uli Hoeneß hielt sich nach der Anklage gegen seine Person wegen Steuerhinterziehung zurück. Zwar kam er am Mittwoch anlässlich des internationalen Fußball-Turniers in die heimische Allianz Arena, irgendwelche Statements waren ihm nicht zu entlocken.
So blieb es bei den dürren Worten in der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). „Ich sage nichts dazu, weil es nichts mehr dazu zu sagen gibt“, hatte das Blatt den Vereinspräsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München. „Es steht alles in der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts.“
Nun ja. Nicht wirklich „alles“ hatte in der gerade einmal sechs Sätze umfassenden Mitteilung der Münchner Justiz gestanden. Details zu dem spektakulären Fall wurden nämlich unter Verweis auf die in Steuerstrafverfahren geltenden besonderen Geheimhaltungspflichten nicht mitgeteilt. Kein einziges Wort zur Rolle der Selbstanzeige des Bayern-Präsidenten, keinerlei Angaben zur Höhe der fraglichen Steuerschuld.
Nur so viel ist klar: Die monatelangen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II müssen viele Erkenntnisse zutage gefördert haben. Justiz-Sprecherin Andrea Titz verwies in ihrer Mitteilung ausdrücklich auf den Umfang der Ermittlungsakten, die nun die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II beschäftigen werden. „Angesichts des Umfangs der Ermittlungsakten“ und der Tatsache, dass der Verteidigung zunächst eine Äußerungsfrist von einem Monat zugebilligt worden sei, sei mit einer Entscheidung über die Zulassung der Anklage voraussichtlich frühestens Ende September zu rechnen, hieß es. Das Warten im Fall „Ulrich H.“ geht also weiter.
Rückblick. Im Januar hatte sich Hoeneß beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, durchsuchte das Haus von Hoeneß am Tegernsee und erwirkte einen Haftbefehl gegen den Bayern-Präsidenten. Gegen Kaution blieb der Vereinschef, dessen Steuer-Fall im April publik wurde, jedoch auf freiem Fuß.
Mit der nun erfolgten Anklageerhebung ist ein Prozess gegen Hoeneß ein Stück näher gerückt. Spätestens dann dürfte sich auch der Bayern-Aufsichtsrat erneut für den Fall seines Vorsitzenden interessieren. Vor knapp drei Monaten hatte das Gremium einstimmig ein Rücktrittsangebot von Hoeneß abgelehnt. Damals hieß es aber auch: „Der Aufsichtsrat wird die Angelegenheit weiterhin beobachten und sich bei Vorliegen neuer Erkenntnisse mit dem Thema befassen.“
Hoeneß als Aufsichtsratschef noch zu vertreten?
Ein Unternehmens-Experte kritisierte unterdessen, dass Hoeneß noch immer an der Spitze des Aufsichtsrats steht. Es sei fraglich, ob eine Person, die sich selbst wegen Steuerbetrug angezeigt hat, fähig ist, einen Aufsichtsrat zu führen, sagte Henning Herzog, Professor für BWL, Governance, Risk and Compliance an der Quadriga-Hochschule Berlin der Nachrichtenagentur dpa. „Die Frage ist, ob das noch zu vertreten ist. Da habe ich persönlich Bedenken.“
Als Präsident habe Hoeneß zwar viel für den Verein getan, gibt auch Herzog zu bedenken. In dieser Funktion bekäme er jetzt viel Rückhalt von seinem Verein und den Fans. Doch als Aufsichtsrats-Vorsitzender sei seine Integrität gefährdet.
Doch wann liegen dem Kontrollgremium in der „Angelegenheit“ neue Erkenntnisse vor? Bayern-Aufsichtsrat Edmund Stoiber meldete sich dazu zu Wort und mahnte eine endgültige Klärung an. „Es bleibt weiter abzuwarten, zu welchem Ergebnis die gerichtliche Klärung dieses Steuerfalls und dieser Selbstanzeige kommt“, befand der frühere bayerische Ministerpräsident und ehemalige CSU-Vorsitzende im „Münchner Merkur“ (Donnerstag).
Rückendeckung hatte Hoeneß vor gut zwei Wochen auch von Adidas-Chef Herbert Hainer erhalten. „Ich bin der Meinung, dass es keinen Besseren für diese Position gibt“, sagte Hainer, der stellvertretender Vorsitzender des Bayern-Aufsichtsrates ist. „Diesen Äußerungen ist aktuell nichts hinzuzufügen“, hieß es dazu am Mittwoch beim fränkischen Sportartikelhersteller. Der Automobilhersteller Audi, dessen Chef Rupert Stadler ebenfalls Stellvertreter von Hoeneß im Bayern-Aufsichtsrat ist, wollte keine Stellungnahme abgeben.
Abwarten ist angesagt im prominenten Steuerfall – auch bei den Spekulationen über eine möglicherweise in Aussicht stehende Bewährungsstrafe für Hoeneß. „Es gab und gibt keine Absprachen“, betonte Ken Heidenreich, Sprecher der Staatsanwaltschaft München II, in der „Abendzeitung“ (Mittwoch).