Offenbach/Düsseldorf . Die Hitzewelle schlägt erste Kapriolen. Die Deutsche Bahn hat massive Probleme. Hitze führt zu Blow-up auf der A5. Ozonwerte steigen.
Hoch „Annelie“ nimmt mit heißer Luft aus der Sahara Anlauf für den deutschen Hitzerekord: Am Sonnabend könnte die Höchstmarke von 40,2 Grad fallen. Das teilte der Deutsche Wetterdienst (DWD) mit. Die heißeste Ecke war am Donnerstag Nordrhein-Westfalen. In Duisburg und Geilenkirchen seien 38,7 Grad gemessen worden, in Kleve 38,6 Grad, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Abend. Heißer war es nirgends in Deutschland.
Einige Orte in Baden-Württemberg kamen jedoch schon nahe an diese Werte heran. In Müllheim im Hochschwarzwald wurde 37,1 Grad gemessen, in Rheinau und Ohlsbach im Ortenaukreis ging das Thermometer auf 37 und 36,7 Grad.
Wegen der großen Hitze platzte auf der Autobahn 5 bei Heidelberg die Fahrbahn auf. Rund 50 Meter vor einer Baustelle hob sich der Beton auf einem Fahrstreifen zu Hitzehubbeln an und brach auf, wie ein Polizeisprecher am Abend sagte. Autos seien durch die sogenannten Blow-Ups nicht beschädigt worden. Kurzzeitig bildete sich ein rund fünf Kilometer langer Stau, der sich aber rasch wieder löste. Die Baustelle wurde vorgezogen, damit Autos nicht über die beschädigte Stelle fahren.
In Sachsen-Anhalt drosselte die Polizei wegen der sommerlichen Hitze den Verkehr teils auf 80 Stundenkilometer. Auf der Autobahn 14 im Saalekreis galt das Tempolimit seit Donnerstagnachmittag zwischen Löbejün und Halle-Trotha, wie ein Polizeisprecher sagte. Am Freitagvormittag solle die Beschränkung auch auf der Autobahn 9 zwischen Naumburg und Weißenfels sowie zwischen Rippachtal und Bad Dürrenberg gelten. Das Tempolimit sei eine Vorsichtsmaßnahme, mit der Hitzeschäden an den Fahrbahnen vorgebeugt werden solle. Wegen der erwarteten Temperaturen von bis zu 37 Grad Celsius bestehe die Gefahr, dass sich die Fahrbahn hebe und aufbreche.
Vier junge Badetote in NRW
In Nordrhein-Westfalen kamen bei Badeunfällen vier Menschen ums Leben. Im Allner See in Hennef (Rhein-Sieg-Kreis) ertrank ein 18-Jähriger. In Nettetal (Kreis Viersen) starb ein ebenfalls 18-Jähriger in einem Schwimmbad. Bekannte, mit denen der junge Mann das Bad besuchte, entdeckten ihn leblos auf dem Grund des Springerbeckens, teilte die Polizei mit. In Emmerich (Kreis Kleve) ertrank ein 29-Jähriger in einem Baggersee. Etwa zehn Meter vom Ufer entfernt rief er plötzlich um Hilfe und ging unter. Taucher bargen ihn später, er war tot. Ein 20-Jähriger kam in Leverkusen ums Leben: Er wurde leblos aus dem „Großen Silbersee“ geborgen, Ärzte im Krankenhaus versuchten vergeblich, ihn zu reanimieren.
In einem Bonner Freibad rettete am Donnerstag ein Bademeister einem Jungen das Leben. Der Mitarbeiter hatte den Sechsjährigen leblos im Nichtschwimmerbereich treiben sehen und sofort aus dem Wasser geholt, teilte die Stadt Bonn mit. Am Beckenrand reanimierte er den Jungen. Ein Notarzt versorgte den Sechsjährigen, der in eine Klinik kam.
Bahn muss Züge stoppen
Die Klimaanlagen mehrerer Züge machten schlapp. Im Fernverkehr seien rund ein Dutzend alte ICs betroffen gewesen, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn am Donnerstag. Probleme habe es insbesondere auf der Strecke von Berlin nach Amsterdam gegeben. Die Klimaanlagen der Züge seien zwar überprüft worden. Angesichts der langen Strecke und der Hitze habe die Leistung dennoch nicht gereicht. Die Reisenden seien vorsorglich gebeten worden, in Ersatzzüge oder nachfolgende Bahnen umzusteigen. „Wir bedauern das sehr und entschuldigen uns“, sagte der Bahnsprecher. Er kündigte „großzügige Kulanz“ an.
In Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben eines Bahnsprechers in Düsseldorf fünf Regional- und Fernzüge wegen ausgefallener Kühlung gestoppt worden. Drei Intercitys auf dem Weg nach Hamburg wurden in Köln und Dortmund aus dem Verkehr gezogen. Die gestrandeten Fahrgäste konnten einen Ersatzzug nehmen. Im Berufsverkehr war in zwei Zügen der von vielen Pendlern benutzten Regionalbahn RE 1 Schluss: Fahrgäste mussten in Duisburg und Düsseldorf aussteigen. Im Nahverkehr wurden wegen brütender Hitze einzelne Wagen gesperrt. Hitzebedingte Störungen gab es auch an Weichen.
Im Deutzer Hafen in Köln versagte sogar die stählerne Drehbrücke ihren Dienst. Mit Löschwasser aus dem Rhein gelang es der Feuerwehr am Donnerstagnachmittag, die überhitzten Lager soweit abzukühlen, dass die Brücke vorerst quergestellt werden konnte. Damit war zumindest der Wasserweg wieder frei, teilte die Stadt Köln mit.
Wissenswertes zum Sommer
Ozonwerte steigen
Die Hitze sorgte für etliche Polizei- und Feuerwehreinsätze. Eine in der Sonne gelagerte Gasflasche hat in Düsseldorf mit einer Explosion und einem Feuerball zwei Häuser in Flammen gesetzt. Zwei Bewohner erlitten am Donnerstag einen Schock. In der Elf-Kilogramm-Gasflasche eines Grills habe sich in der Sonne vermutlich Überdruck gebildet.
Mit der Hitze steigen die Ozonwerte. Alarmstufe Gelb meldete das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Mit mehr als 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sei in NRW ein kritischer Wert erreicht, ab dem empfindliche Menschen über Kopfschmerzen oder Atemwegsbeschwerden klagen könnten, sagte ein Sprecher. Im Süden Bayerns warnte der DWD auch vor hoher UV-Strahlung und riet dringend zu Sonnenschutz beim Aufenthalt im Freien. (dpa/HA)