Hamburg. An Nord- und Ostsee bereiten sich die Seebäder auf Sommerurlauber vor. Am Wochenende locken zahlreiche Veranstaltungen.
„Norddeutschland befindet sich im Einflussbereich eines umfangreichen Hochdruckgebietes“, meldet der Deutsche Wetterdienst. So nüchtern darf formulieren, wer Wissenschaftler ist. Tatsächlich werden für Norddeutschland Rekord-Temperaturen prognostiziert und die Zahl der Sonnenstunden soll einen Superlativ schaffen. Von Tag zu Tag wird es wärmer, die gefühlten Temperaturen liegen jenseits der 30 Grad Celsius – je nachdem, wie einfühlsam man ist.
In den Badeorten an der Küste fühlt man noch etwas: „Wir rechnen fürs Wochenende mit einer spürbaren Anreisewelle“, sagt Moritz Luft, Geschäftsführer der Sylt Marketing GmbH.
Ein bisschen euphorischer ist Joachim Nitz, der als Doppel-Kurdirektor in Timmendorf und Niendorf wirkt. „Das Wetter ist einfach perfekt – und das an unserem ersten großen Ferienwochenende“. Am Montag haben in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien begonnen. Wer sich gleich auf den Weg Richtung Strand gemacht hat, dürfte alles richtig gemacht haben.
Für Hamburger, die am kommenden Woche der Hitze der Großstadt entkommen wollen, bedeutet der Ferienbeginn im Ruhrpott natürlich: Die Suche nach einer Unterkunft ist nicht mehr ganz so einfach. „Es gibt schon noch Quartiere“, sagt Nitz, „aber nicht mehr in der ersten Reihe am Strand.“ Wer sich etwas ins Hinterland orientiere, der finde schon noch etwas. Viele suchten auch schon. „Bei uns rappelt es gerade, wir haben viele telefonische Anfragen.“
Sonne über ganz Deutschland
Das erste Juliwochenende ist für die Touristiker ein besonderes Datum. Zwar hat die Hochsaison noch nicht ganz begonnen, aber die Urlaubsmaschinerie schaltet nun in den höchsten Gang. „Alle Mitarbeiter sind an Bord“, sagt Nitz. Kurbetrieb, Sport- und Spaßveranstaltungen: Alles läuft. Auch optisch ist alles bereit. „Die Sommerbepflanzung steht, wir wässern wie verrückt“, sagt Nitz.
Kaum ein Badeort, der am kommenden Wochenende nur mit Strand und Sonne lockt. Niendorf und Timmendorf stehen von Freitag bis Sonntag im Zentrum des „Jazz-Baltica“-Festivals. Sly & Robbie, Maceo Parker und Nils Petter Molvaer werden in der Niendorfer Evers-Werft auf der Bühne stehen. Viele Konzerte sind schon ausverkauft, aber hinzu kommen öffentliche, kostenlose Auftritte von weniger bekannten Künstlern. Wer die Kombination aus Hitze und Musik reizvoll findet, der sollte am Wochenende Timmendorf oder Niendorf ansteuern.
Kleinkunstfreunde sind eher in Travemünde richtig. Das Promenadenfest bietet Unterhaltung auf mehreren Bühnen. Unterkünfte sind kein Problem, sagt Kurdirektor Uwe Kirchhoff. „Vom Heuhotel übers Feriendorf bis hin zum Fünf-Sterne-Resort ist überall noch etwas zu haben“, sagt Kirchhoff. Für die Anreise aus Hamburg empfiehlt er: „Kommen Sie mit der Bahn.“
Ein guter Rat – auch angesichts der Baustelle auf der A 1 zwischen Lübeck und Bad Schwartau, wo es nur zwei statt drei Fahrspuren pro Richtung gibt. Die gute Zugverbindung zwischen Hamburg und dem Travemünder Strandbahnhof ist dem Stau allemal vorzuziehen. Ähnliches gilt auch für ein Wochenende auf Sylt. Die A 7 ist im Bereich Schnelsen von Freitag (22 Uhr) bis Montag (5 Uhr) komplett gesperrt. „Mit der Bahn ist es entspannter“, sagt Kurdirektor Kirchhoff. „Und Sie können abends gefahrlos einen Cocktail trinken.“
Rund 1000 Strandkörbe gibt es in Travemünde, in Timmendorf und Niendorf sind es etwa 3000. Das klingt nach viel, aber die Kurdirektoren empfehlen dennoch, sich schon vor dem Wochenendausflug per Telefon einen Korb zu sichern. „Die Strandkorbvermieter freuen sich über Reservierungen“, sagt Kirchhoff.
Timmendorf lädt zum Strandfrühstück – mit Gratisbrötchen und -kaffee
Einiges geht auch ohne Strandkorb. Das Strandfrühstück zum Beispiel, zu dem einige Ostsee-Badeorte am Sonntag einladen. Dieses Wort ist zumindest in Timmendorf wörtlich zu nehmen. Neben der Seebrücke im Zentrum des Orts werden ab 11 Uhr kostenlos Brötchen, Marmelade, Kaffee und Mineralwasser ausgegeben. „Wir halten auch Decken bereit“, sagt Nitz – und hofft auf ein fröhliches Sommer-Strandpicknick mit Einheimischen, mit Touristen und mit kubanischer Musik.
Ein leiseres, vielleicht intensiveres Vergnügen wartet ein paar Kilometer weiter. Travemünde hat seine 80 Jahre alte Badeinsel renoviert und vor ein paar Tagen wieder in der Bucht verankert. Die Plattform mit Rutsche sollte schon mal verschrottet werden. Bürger und Bader haben es verhindert. Rausschwimmen, sich auf den duftenden Planken trocknen lassen, den Wellen lauschen, den fernen Strandstimmen: Ist diese Entrücktheit nicht eigentlich das schönste Sommergefühl?