Das neue Jahr hat für Uli Hoeneß gut begonnen. Er wurde Freigänger, fährt jeden Tag zur Arbeit zu „seinem“ FC Bayern. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
München. Morgens kurz vor acht Uhr geht’s los für Uli Hoeneß: Dann begibt sich der Ex-Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern auf den Weg zu seinem Arbeitsplatz auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße in München. Dort, bei seinem alten und neuen Arbeitgeber feierte Hoeneß am vergangenen Montag auch seinen 63. Geburtstag. Zur Bushaltestelle oder zur S-Bahn muss Hoeneß, der verurteilte Straftäter, aber nun Freigänger, allerdings nicht laufen. Wie schon am Freitag, seinem ersten Arbeitstag als Freigänger, holt ihn nun stets ein Fahrer mit Limousine ab. Hoeneß wohnt nun auch nicht mehr in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech, sondern in einem Freigängerhaus. Und so geht es dem Freigänger nun.
Wie sieht der Tagesablauf von Uli Hoeneß künftig aus?
Unter der Woche wird Hoeneß am Morgen von seinem Fahrer in der Außenstelle Rothenfeld des Landsberger Gefängnisses abgeholt. Hoeneß sitzt auf dem 35 Kilometer langen Weg zu seinem Arbeitgeber FC Bayern München nicht selbst am Steuer. Er schützt sich so vor einem möglichen Verkehrsverstoß, der schnell passiert wäre und seinen Freigängerstatus gefährden könnte. Nach der Arbeit bringt ihn sein Fahrer wieder zurück ins Gefängnis. Gegen 18 Uhr muss er dort eintreffen. Hoeneß kann zwar einen Antrag auf Verlegung ins Freigängerhaus an der Münchner Leonrodstraße nahe dem Rotkreuzplatz, also in die Innerstadt, stellen. Mit dem Fall vertraute Juristen gehen aber nicht davon aus, dass dies schon bald der Fall sein wird.
Was sagt das Strafvollzugsgesetz zum Freigang?
Freigang dient der Wiedereingliederung von Gefangenen, also ihrer Resozialisierung, und ist als „regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter“ definiert. Und: „Freigänger müssen die Ruhezeiten in der Anstalt verbringen.“ Also die Nacht über im Knast oder im Freigängerhaus sein. Sie können aber ihre eigene Kleidung tragen und zumindest außerhalb des Gefängnisses Bargeld besitzen. Auch Mobiltelefon und Laptop kommen „zu Aus- und Fortbildungszwecken in Betracht“. Auslandseinsätze und damit die Begleitung von Champions-League-Spielen der Bayern auswärts durch den Freigänger Hoeneß sind aber tabu. Ohnedies ist in einem Arbeitsvertrag des FC Bayern mit der Gefängnisleitung geregelt, dass Hoeneß in der Jugendabteilung des Vereins tätig ist. Er arbeitet als „Assistent der Abteilungsleitung Junior Team“ im Nachwuchsbereich des Vereins.
Ist der Freigang von Hoeneß eine Vorzugsbehandlung?
Nein, er wird wie ein normaler Strafgefangener behandelt. Freigang wird Gefangenen in Bayern üblicherweise 18 Monate vor dem voraussichtlichen Haftende gewährt, wenn keine Fluchtgefahr besteht und wenn keine neuen Straftaten zu befürchten sind. So steht es in Artikel 13 des bayerischen Strafvollzugsgesetzes. Da es die Gefängnisleitung laut ihrem Vollstreckungsplan für möglich hält, dass Hoeneß als Ersttäter und als sich untadelig führender Häftling schon nach der Hälfte der Strafe zur Bewährung freikommt, hätte er entsprechend zurückgerechnet bereits im September 2014 Freigänger werden können.
War der erste Urlaub von Hoeneß zu Weihnachten eine Ausnahme, die dem prominenten Häftling gewährt wurde?
Nein. Urlaub wäre sogar schon Anfang Dezember möglich gewesen, denn zu dem Zeitpunkt hatte Hoeneß sechs Monate Haft hinter sich. Pro Vollstreckungsjahr stehen einem Häftling bis zu 21 Kalendertage Urlaub zu.
Kann er mit weiterem Urlaub rechnen?
Ja, Freigängern kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung weiterer Urlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. Das heißt: Sollte Hoeneß tatsächlich nur die sogenannte Halbstrafe verbüßen müssen und Anfang März 2016 freikommen, hätte er von Juni dieses Jahres an jeden Monat zusätzlich sechs Tage Urlaub.
Wie geht es weiter mit Uli Hoeneß?
Wenn sich der 63-Jährige als Freigänger nichts zuschulden kommen lässt, darf er darauf hoffen, dass die Hälfte seiner Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Von 42 Monaten Haft sind dies 21 Monate. Hoeneß ging am 2. Juni 2014 ins Gefängnis. Demnach wäre sein Entlassungstermin Anfang März 2016. Kleiner Wermutstropfen, den Hoeneß aber tapfer schlucken dürfte: 2016 ist ein Schaltjahr. Der Februar hat 29 Tage – ein Tag Haft mehr für Uli Hoeneß.