Durch seinen Status als Freigänger könnte der Steuersünder von Landsberg in eine angenehmere Außenstelle wechseln. Drei Tage vor seinem 63. Geburtstag fehlt auf der Bayern-Geschäftsstelle von Hoeneß jede Spur.

München. Zuletzt ging es Schlag auf Schlag: Erst zwei Tage Weihnachtsurlaub, daheim schlafen und mit den Liebsten feiern, an Silvester dann wieder Urlaub vom Gefängnisalltag und nun zum Jahresanfang der ersehnte Freigang. Deutschlands prominentester Häftling Uli Hoeneß ist seit Freitag in Halbtags-Freiheit. Das bayerische Justizministerium bestätigte auf Anfrage den Freigang. Hoeneß kann tagsüber außerhalb der Gefängnismauern arbeiten gehen und muss nur zum Schlafen hinter Gitter. Sein alter Arbeitgeber FC Bayern ist auch der neue. Der einstige Patron des europäischen Spitzenclubs soll nach Aussage von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in der Jugendabteilung beschäftigt werden.

Nichts deutet am Freitagmorgen auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße darauf hin, dass Hoeneß als neuer Mitarbeiter angefangen hat. Der FC Bayern befindet sich im Winterschlaf: Kein Training von Manuel Neuer und Co., die Zufahrtsschranke ist heruntergelassen, die Geschäftsstelle zumindest offiziell geschlossen, Winterurlaub heißt es. Nur einige Ordner halten Stallwache, ein paar Fans schlendern vorbei und werden wieder weggeschickt – nichts los bei den Bayern.

Und doch ist Hoeneß seit Freitag – auf den Tag genau sieben Monate nach Haftantritt – Freigänger, hat das Gefängnis am Morgen verlassen. Doch wo ist Uli Hoeneß? Ist dem FC Bayern der große Coup gelungen, seinen prominenten „Neuzugang“ unbemerkt von der Öffentlichkeit in die Geschäftsstelle zu schleusen? Mehrfach hatten die Vereinsbosse schließlich gesagt, dass Hoeneß im Nachwuchsbereich des Vereins arbeiten werde. Kürzlich verriet Rummenigge im ZDF-„Sportstudio“: „Ab Anfang Januar kommt er zum ersten Mal her, wird dann im Nachwuchs tätig sein.“

Hoeneß, der am diesem Montag 63 Jahre alt wird, sitzt seit 2. Juni ins Gefängnis von Landsberg am Lech. Am 13. März hatte ihn das Münchner Landgericht wegen Hinterziehung von 28,5 Millionen Euro Steuern zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. 111 Tage nach Haftbeginn – es war der 20. September – bekam er den ersten Ausgang genehmigt, weitere Ausgänge folgten. Von 24. bis 26. Dezember durfte sich Hoeneß über seinen ersten Hafturlaub freuen. Er verbrachte Weihnachten daheim bei der Familie in seinem Haus in Bad Wiessee am Tegernsee. Urlaub Nummer 2 folgte an Silvester. An Neujahr fuhr er wieder zurück ins Gefängnis, um es am Morgen darauf als Freigänger tagsüber zu verlassen.

Hoeneß könnte wieder Handy und Laptop nutzen

Freigang dient laut bayerischem Strafvollzugsgesetz der Wiedereingliederung des Gefangenen. Freigänger können ihre eigene Kleidung tragen und zumindest außerhalb des Gefängnisses Bargeld besitzen. Auch Mobiltelefon und Laptop kommen „zu Aus- und Fortbildungszwecken in Betracht“, wie es in den Bestimmungen heißt. Auslandseinsätze des Arbeitnehmers Hoeneß sind jedoch vorerst tabu.

Mit dem Freigang kann Hoeneß nach Ende des für ihn wohl schlimmsten Jahres den Blick nach vorn richten. Auch die „Ruhezeiten“, wie das Übernachten von Freigängern hinter Gittern heißt, dürften für den demnächst 63-Jährigen nun angenehmer verlaufen. Denn üblicherweise wechseln Freigänger, die ihre Haft im Landsberger Gefängnis beginnen, in die nahe Starnberg gelegene Außenstelle Rothenfeld. Die Bedingungen sind dort angenehmer als in anderen Gefängnissen.

Als Ersttäter darf Hoeneß zudem darauf hoffen, dass die Hälfte seiner Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Auch die Gefängnisleitung in Landsberg scheint dies für möglich zu halten, sonst hätte sie nicht bereits jetzt den Freigang genehmigt. Die Entscheidung darüber trifft freilich die Strafvollstreckungskammer beim zuständigen Landgericht. Hoeneß könnte also Anfang März 2016 ein freier Mann sein. 64 Jahre alt ist der erfolgreiche und so tief gefallene Fußball-Manager dann. Zu jung für die Rente? Startet Uli Hoeneß dann noch einmal durch? Vielen Fans klingen jedenfalls noch immer seine Worte beim vorläufigen Abschied vom FC Bayern in den Ohren: „Das war's noch nicht!“