Freigänger Uli Hoeneß will bei seinem FC Bayern ab sofort den Nachwuchsbereich auf Vordermann bringen. Und dies sei keineswegs als „Alibigeschichte“ gedacht, sagte der aktuelle Präsident Karl Hopfner.
München. Mit einer emotionalen Rede und den Worten „Das war's noch nicht“ hatte sich Uli Hoeneß Anfang Mai von den Mitgliedern beim FC Bayern verabschiedet. Acht Monate später ist der ehemalige Präsident beim Rekordmeister wieder zurück. Als Freigänger übernimmt der verurteilte Steuersünder Hoeneß, der am Montag im kleinen Kreis seinen 63. Geburtstag feierte, ab sofort einen Job in der Nachwuchsabteilung der Münchner. Und dies sei keineswegs als „Alibigeschichte“ gedacht, sagte der aktuelle Präsident Karl Hopfner.
Bereits am Freitag hatte Hoeneß in seinem alten Büro an der Säbener Straße erste Gespräche geführt – nach Bild-Informationen auch mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Von dort aus wird der 63-Jährige nun wieder die Fäden ziehen. Offiziell zunächst nur im schwächelnden Jugendbereich. Doch wer den Macher Hoeneß kennt, weiß, dass es dabei nicht bleiben wird. Sein Wort hat beim FC Bayern nach wie vor großes Gewicht. „Er hat so viel Erfahrung, er ist ein so offener Gesprächspartner – das vermisst man. Deswegen freuen wir uns alle wieder auf diese Gespräche mit ihm“, sagte Kapitän Philipp Lahm unlängst bei Sky – und beschrieb damit die Stimmung im Verein.
Hoeneß ist trotz seiner Haftstrafe die Seele der Bayern geblieben. Ob er anschließend wieder ein Amt beim Rekordmeister, den er als Manager, Präsident und Aufsichtsratschef über Jahrzehnte geprägt und zum Weltklub geformt hat, übernimmt, ist noch offen – aber durchaus realistisch. Zunächst aber wird sich Hoeneß als Assistent der Abteilungsleitung mit der ihm eigenen Konsequenz daran machen, den Nachwuchsbereich bei den Bayern zusammen mit seinem Vorgesetzten Wolfgang Dremmler und Michael Tarnat (sportlicher Leiter Junior-Team) umzukrempeln.
Alles ist auf dem Prüfstand, nachdem die Münchner seit 2004 keine Meisterschaft bei den A-Junioren mehr geholt haben. Auch beim jüngsten Titelgewinn der U19-Nationalmannschaft war kein Bayern-Akteur dabei gewesen. Das wurmte nicht nur Hoeneß. Über seine genauen Pläne bei der Talentförderung darf er sich derzeit nicht äußern. Aber klar ist, dass Hoeneß die Bayern-Jugend analog zu den Profis wieder an die Spitze führen will. Auch die Planung des Nachwuchsleistungszentrums im Norden der Stadt wird deshalb zu den Aufgaben des früheren Managers gehören. „Wir freuen uns auf seine Rückkehr“, sagte Dremmler schon vor Wochen dem Münchner Merkur. Hoeneß sei nicht nur ein „wesentlicher Bestandteil“ der Bayern-Familie, „er ist im Großen und Ganzen diese Familie“.
Hoeneß war wegen der Hinterziehung von 28,5 Millionen Euro an Steuern am 13. März zu drei Jahren und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Am 2. Juni hatte er die Haftstrafe angetreten. Seit Freitag ist er nun Freigänger. Hoeneß wurde deshalb von der Justizvollzugsanstalt Landsberg in die JVA Rothenfeld verlegt. Freigang bedeutet, dass Hoeneß tagsüber einer Arbeit nachgehen und nur über Nacht wieder in die JVA zurückkehren muss.
Pro Jahr stehen Hoeneß zudem 21 Tage Hafturlaub zu, die ihm bereits an Weihnachten und Silvester gewährt worden waren. Sollte die Haftstrafe zumindest teilweise zur Bewährung ausgesetzt werden, könnte Hoeneß damit rechnen, im Frühjahr 2016 endgültig auf freien Fuß zu kommen.