Der Chirurg Dr. Johannes Pietschmann hilft und operiert in Krisenregionen. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen beklagt Angriffe auf Helfer und kritisiert die Bundesregierung.
Berlin/Hamburg. Mit eindringlichen Worten beklagte der Hamburger Chirurg Dr. Johannes Pietschmann Angriffe auf Ärzte und Helfer in den Krisengebieten der Welt. Pietschmann war für die mit dem Friedensnobelpreis 1999 ausgezeichnete Organisation Ärzte ohne Grenzen zuletzt im Südsudan im Einsatz. Auch dort haben die Angriffe zugenommen. Auch in Libyen hatte Pietschmann Bürgerkriegsopfer operiert. Ärzte ohne Grenzen versteht sich als überparteilich und vor allem unpolitisch in dem Sinne, dass die Hilfe rein humanitären Zielen folgt.
„Ärzte ohne Grenzen ist mit einer steigenden Anzahl schwerer Übergriffe auf Krankenhäuser und Mitarbeiter konfrontiert. In den vergangenen Monaten wurden sogar Mitarbeiter getötet und entführt. Die Folgen dieser Angriffe sind verheerend: Immer mehr Bedürftige sind wegen der prekären Sicherheitslage von humanitärer Hilfe abgeschnitten“, heißt es im Jahresbericht der Organisation.
In vielen Regionen der Welt fehle der Respekt vor Krankenhäusern und Ärzten, sagte der Geschäftsführer von „Ärzte ohne Grenzen“, Frank Dörner. Als Beispiele nannte Dörner die Arbeit von „Ärzte ohne Grenzen“ im Südsudan, in der Zentralafrikanischen Republik oder in Syrien. „Medizinische Einrichtungen werden gezielt angegriffen. Helfer werden nicht geschützt, sondern als Angriffsfeld gesehen.“ Dabei brauche die notleidende Bevölkerung mehr Unterstützung als je zuvor.
Wenn dauerhaft Gefahr für die Helfer bestehe, müsse man auch darüber nachdenken, das Engagement in diesen Gebieten zu reduzieren, sagte Dörner. Er verwies in diesem Zusammenhang auf das Beispiel Somalia. Nach mehr als 22 Jahren hatte „Ärzte ohne Grenzen“ 2013 seine Tätigkeit in dem Bürgerkriegsland beendet. Dörner bezeichnete den Rückzug aus Somalia als eine der schwierigsten Entscheidungen in der Geschichte der Organisation.
Skeptisch äußerte sich Dörner zur Ankündigung der Bundesregierung sich verstärkt an militärischen Einsätzen etwa in Afrika zu beteiligen. „Es muss eine klare Trennung von humanitärer Hilfe und militärischen Einsätzen geben.“ Hilfsorganisationen müssten in den Regionen als unabhängige, neutrale und unparteiliche Akteure wahrgenommen werden. Dies sei ihr einziger Schutz.
So lehnt „Ärzte ohne Grenzen“ auch Sicherheitsmaßnahmen für Hilfsorganisationen durch das Militär ab. „Wir haben mit der Interessenslage der Konfliktparteien nichts zu tun“, sagte Dörner. Sie würden jedem helfen, der zu ihnen kommt, gleichgültig, zu welcher Gruppe die Patienten gehören. Vielmehr gefährde eine verstärkte Militärpräsenz die Arbeit der Ärzte.
Insgesamt verzeichnete die Hilfsorganisationen im vergangenen Jahr einen deutlichen Zuwachs an Spendengeldern. 2013 nahm die deutsche Sektion 89,3 Millionen Euro ein. Das sind 18,3 Millionen Euro mehr als 2012. Rund zehn Millionen Euro davon erhielt die Organisation in Zusammenhang mit dem Taifun Haiyan auf den Philippinen.
Der Vorstandsvorsitzende von „Ärzte ohne Grenzen“, Tankred Stöbe, begrüßte die Spendenbereitschaft. Zugleich machte er deutlich, dass die Organisation auf der Suche nach qualifiziertem Personal ist, das auch in „schwierigen Kontexten“ eingesetzt werden kann.
2013 flossen insgesamt 74,8 Millionen Euro in Hilfsprojekte weltweit. Weitere 10,6 Millionen Euro wurden für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit verwendet. Zu den wichtigsten unterstützten Ländern zählen Kongo (8,1 Millionen Euro), Südsudan (7,1 Millionen Euro) und Syrien (4,6 Millionen Euro).