Vor allem in Serbien und Bosnien-Herzegowina starben zahlreiche Menschen. In Kürze wird eine neue Flutwelle erwartet. Die Angst vor Seuchen und aufgespülten Minen wächst.
Belgrad. Das verheerende Hochwasser auf dem Balkan hat Dutzende Menschen in Serbien, Bosnien-Herzegowina und Kroatien in den Tod gerissen. Die Zahl der Toten stieg bis zum Montagvormittag auf mindestens 45. Zehntausende Menschen flohen vor den Wassermassen. Tagelanger Regen hatte die Überschwemmungen ausgelöst.
Die bosnischen Behörden haben unterdessen vor dem Ausbruch von Seuchen und hochgespülten Kriegsminen gewarnt. Bei steigenden Temperaturen könnte von Tierkadavern verunreinigtes Wasser zu Krankheiten wie Typhus oder Hepatitis führen, sagte der Leiter des Gesundheitsamts in Sarajevo am Montag dem bosnischen Fernsehen.
Die EU will unterdessen ihre Hilfe für die Flutopfer verstärken. EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa sagte am Montag in Brüssel, die Unterstützung gehe mittlerweile über das hinaus, was ursprünglich von Serbien und Bosnien-Herzegowina erbeten worden sei. 14 Staaten hätten Hilfe eingeleitet, etwa 450 Helfer aus den EU-Ländern seien bereits an Ort und Stelle.
„Es gibt keine nicht-tödliche Mine“
Die Minenaktionszentren (MAC) in den drei Ländern stellten ein Team zusammen, das die Gefahr durch Sprengkörper aus dem Krieg in den 90er Jahren einschätzen soll. Das MAC in Sarajevo warnte, die Minen könnten von Wasser und Schlamm hochgespült und fortgetragen werden. Eine Mine sei auch nach Jahren noch eine tödliche Gefahr, selbst wenn der Zündmechanismus feucht geworden sei. „Es gibt keine nicht-tödliche Mine“, sagte Sasa Obradovic vom MAC am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Das Hochwasser habe auch Schilder zerstört, die vor den Sprengkörpern warnen, erläuterte Obradovic.
Allein in Bosnien-Herzegowina liegen laut MAC noch etwa 120 000 Landminen aus dem Krieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen. Die Gegenden um Doboj und Olovo in Bosnien-Herzegowina, die besonders vom Hochwasser betroffen sind, seien noch stark vermint. In Kroatien wird die Zahl der Sprengkörper auf 13 000 geschätzt.
Weitere Flutwelle befürchtet
In Serbien bereiteten sich die Menschen auf eine weitere Flutwelle vor. Millionen weitere Sandsäcke wurden entlang der Sava in Orten wie Sabac, Mitrovica, Belgrad und Obrenovac aufgestapelt. In der Nacht zum Montag hatten die Befestigungen gehalten. Etwa 7000 der 25 000 Einwohner Obrenovacs in der Nähe von Belgrad mussten vorsorglich ihre Häuser verlassen.
Bei dem Hochwasser sind auch deutsche Helfer im Einsatz. Vom Technischen Hilfswerk (THW) laufen in Serbien in der Region Kolubara in der Nähe eines Tageabbaus für Kohle seit Sonntag Großpumpen. Der Einsatz sei zunächst für zwei Wochen geplant, sagte THW-Sprecherin Georgia Pfleiderer.
Auch Erdrutsche zerstörten Häuser
Erdrutsche zerstörten in Serbien und Bosnien bislang Hunderte Häuser. Weitere Erdrutsche sind möglich. In Bosnien waren nach Angaben des Nachrichtenportals klix.ba am Montag noch Dutzende Straßen nicht zu passieren. In Tschechien und Polen dagegen entspannte sich am Montag die Lage.
„Es werden viele Tote sein“
In Doboj in Bosnien-Herzegowina war die Lage weiter angespannt - hier stand das Wasser stellenweise noch bis zu vier Meter hoch. „Höchste Priorität hat jetzt das Auffinden der Toten“, sagte Bürgermeister Petrovic. Man müsse herausfinden, wie viele Menschen in den Fluten umkamen: „Es werden viele Tote sein.“
Unter anderem der Fluss Sava war nach tagelangen Regenfällen extrem angeschwollen. Nach mehr als zwei Tagen drangen Rettungskräfte in die Stadt Samac vor. „Das ist die totale Verwüstung, es sieht vom Hubschrauber wie ein Meer aus“, sagte Bürgermeister Savo Minic der Nachrichtenagentur Fena.
In Serbien ist Obrenovac besonders betroffen
In Serbien bargen Helfer zwölf Leichen in der am schlimmsten betroffenen Stadt Obrenovac, die auch an der Sava liegt. Ministerpräsident Aleksandar Vucic sprach von insgesamt 15 Toten in Serbien, äußerte aber die Befürchtung, die Zahl könne weiter steigen. In den Städten Sabac, Mitrovica und Kostolac sei die Hochwasserlage unter Kontrolle, teilten die Einsatzkräfte mit. Die Flutwelle der Sava erreichte am Sonntagabend die Hauptstadt Belgrad. Ein weitere Welle wurde bis zur Wochenmitte erwartet.
In Kroatien starb ein Mann in einem zusammenbrechenden Haus. Die Tageszeitung „Vecernji List“ berichtete, nur wenige Minuten zuvor sei eine Frau aus dem Haus gerettet worden.