Die Bilanz der schweren Regenfälle ist düster: Zahlreiche Leichen wurden schon gefunden. Doch die Suche nach weiteren Opfern dauert an. Unterdessen werden Erdrutsche befürchtet.

Belgrad. Das verheerende Balkan-Hochwasser fließt langsam ab – nun steigt die Zahl der Unwettertoten. Auch andernorts in Ost- und Mitteleuropa entspannte sich die Lage am Sonntag nach den tagelangen Regenfällen leicht. Die Pegelstände vieler Flüsse stiegen nicht mehr oder fielen örtlich sogar. Nun begann die gezielte Suche nach Todesopfern. Allein in der nordbosnischen Stadt Doboj brachten Einsatzkräfte bis Sonntag 20 Tote in die städtische Leichenhalle, wie Bürgermeister Obren Petrovic sagte.

In der Stadt stand das Wasser stellenweise noch bis zu vier Meter hoch. „Höchste Priorität hat jetzt das Auffinden der Toten“, sagte Petrovic. Man müsse herausfinden, wie viele Menschen in den Fluten umkamen: „Es werden viele Tote sein.“

Nach mehr als zwei Tagen drangen Rettungskräfte in die bosnische Stadt Samac vor. „Das ist die totale Verwüstung, es sieht vom Hubschrauber wie ein Meer aus“, sagte Bürgermeister Savo Minic der Nachrichtenagentur Fena. Zwei Menschen seien tot, zwei weitere würden noch vermisst. Die Evakuierung verlaufe chaotisch.

Im benachbarten Serbien war die Lage in den Städten Sabac, Mitrovica und Kostolac unter Kontrolle, teilten die Einsatzkräfte mit. Die am schlimmsten betroffene Stadt Obrenovac vor den Toren Belgrads war am Sonntag noch überschwemmt. Der Leiter des serbischen Notdienstes, Predrag Maric, bestätigte, es habe Todesopfer in der Stadt gegeben. Genaueres werde man aber erst sagen können, wenn die Lage übersichtlicher sei. Am Freitag hatten die serbischen Behörden von landesweit fünf Toten gesprochen.

In beiden Ländern stieg die Gefahr von Erdrutschen. Schlammlawinen zerstörten am Sonnabend nach Angaben der bosnischen Behörden das Dorf Olovo und machten acht Hauptstraßen unbefahrbar. Im Westen von Serbien zerstörten Erdrutsche Dutzende Häuser in Krupanj und umliegenden Dörfern.

Die Regierung will das Ausmaß der Schäden am Mittwoch abschätzen. Ministerpräsident Aleksandar Vucic bezifferte den finanziellen Schaden allein durch die Überflutung der Grube von Kolubara, des größten Kohlebergwerks von Serbien, auf 100 Millionen Euro.

In Tschechien schien die Hochwasser-Gefahr gebannt. In Spindlermühle im Riesengebirge, wo an der Elbe in der Nacht auf Sonntag noch die höchste Alarmstufe ausgerufen wurde, gingen die Pegelstände allmählich zurück. Es werde erwartet, dass sie sich an allen Flüssen stabilisierten, teilte das Amt für Meteorologie und Hydrologie in Prag am Sonntag mit.

In drei östlichen Regionen des Landes blieben die Einsatzkräfte vorerst in Bereitschaft. Bei der Stadt Pribor setzte die Feuerwehr ihre Suche nach einem vermissten Wassersportler fort, der mit seinem Boot auf dem angeschwollenen Fluss Lubina gekentert war. Drei seiner Begleiter wurden gerettet.

Auch in den südpolnischen Hochwassergebieten besserte sich die Situation an der Weichsel und ihren Zuflüssen. „Die Lage stabilisiert sich“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr am Sonnabend der Nachrichtenagentur PAP.