44 Tote bislang, Zehntausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Auch ein Kraftwerk ist von den Fluten bedroht.
Belgrad. Hochwasser und Schlammlawinen haben in Bosnien vermutlich auch Landminen weggespült. Das Minenaktionszentrum MAC warnte die Bevölkerung, dass die Sprengkörper aus dem Krieg in den neunziger Jahren Hunderte Kilometer unter anderem bis zum Schwarzen Meer geschwemmt werden könnten. Aus dem Krieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen liegen noch rund 120.000 Landminen in Bosnien-Herzegowina.
Immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen. Die Gegenden um die Städte Doboj und Olovo, die jetzt besonders hart vom Hochwasser betroffen sind, sind noch stark vermint.
Bei den verheerenden Überschwemmungen sind mindestens 44 Menschen ums Leben gekommen. Die Lage am Fluss Save, der durch den Norden Bosnien und den Westen Serbiens fließt, blieb kritisch. Zehntausende Menschen in beiden Ländern mussten ihre Häuser verlassen, 100.000 Haushalte waren ohne Strom. Auch aus Polen und Kroatien wurde jeweils ein Todesfall gemeldet.
„Was uns widerfährt, geschieht nur einmal in tausend Jahren, nicht hundert, sondern tausend“, sagte der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic. Die größten Probleme gebe es entlang der Save, der Ort Sremska Raca werde evakuiert. Über den betroffenen Gebieten waren in den vergangenen Tagen die heftigsten Regengüsse seit mehr als 120 Jahren niedergegangen.
Dutzende von Städten in den Balkanstaaten stehen unter Wasser. Allein im nordbosnischen Doboj wurden nach Angaben von Bürgermeister Obren Petrovic mehr als 20 Tote in die örtliche Leichenhalle gebracht. Aus anderen Landesteilen wurden mindestens sieben weitere Tote gemeldet. 16 Tote verzeichneten die serbischen Rettungsteams, darunter zwölf in der Stadt Obrenovac unweit von Belgrad.
Bei Obrenovac bestand Gefahr für das Kraftwerk Nikola Tesla, das rund 50 Prozent der Stromproduktion Serbiens sicherstellt. In Sremska Mitvorica und anderen serbischen Städten wurde eine Million Sandsäcke aufgetürmt, um die Wassermassen zurückzuhalten. In der Hauptstadt Belgrad waren Tausende Freiwillige zur Verstärkung der Uferbefestigungen im Einsatz. Dort mündet die Save in die Donau.
Im bosnischen Samac warteten am Sonntag Hunderte Menschen auf Hilfe. Die Einsatzkräfte konnten aber zunächst nicht zu allen Eingeschlossenen in der Kleinstadt vordringen, sagte Bürgermeister Samo Minic. Rund um Zenica in Zentralbosnien warteten 2000 Menschen auf das Eintreffen der Helfer. Alle Häuser der Ortschaft seien durch Erdrutsche beschädigt oder zerstört worden, sagte ein Bewohner, der in einer Notunterkunft Zuflucht fand. In der Region Banja Luka im Norden des Landes wurden nach dem Absinken des Wasserpegels Hunderte Tierkadaver entdeckt.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte Serbien und Bosnien die Unterstützung der Bundesregierung zu. „Experten des Technischen Hilfswerks sind bereits in Serbien eingetroffen. Weitere Hilfsmaßnahmen werden koordiniert“, erklärte Steinmeier. Das ganze Ausmaß der Katastrophe sei noch nicht abzusehen. Den Opfern sprach er „unser tiefes Mitgefühl“ aus.
Der serbische Ministerpräsident bat das Ausland um die Bereitstellung von Kindernahrung, Windeln, Kleidung, Medikamenten, Wasser und Desinfektionsmitteln.