Neue Satellitenbilder zeigen offenbar Trümmer der Boeing 777. Doch unter den Suchtrupps macht sich Frust breit. Australischer Premier Abbott: Wir suchen nicht ewig.
Perth/Kuala Lumpur/Peking. Zweieinhalb Wochen nach dem rätselhaften Verschwinden des Fluges MH370 der Malaysia Airlines hat eine US-Anwaltskanzlei eine Millionenklage gegen die Fluggesellschaft und den Flugzeugbauer eingereicht. Die Kanzlei Ribbeck Law teilte am Mittwoch in Kuala Lumpur mit, sie habe Malaysia Airlines und Boeing zugleich eine Frist von 30 Tagen gesetzt, um die Vorgänge beim Verschwinden der Boeing 777 aufzuklären. „Alle Verantwortlichen“ würden zur Rechenschaft gezogen.
Die Anwaltskanzlei verfolgt die Annahme, es habe eventuell einen Baufehler an der Maschine oder ein technisches Versagen gegeben – oder die Fluggesellschaft treffe ein Verschulden beim Verschwinden der Boeing 777 mit 239 Menschen an Bord.
Monica Kelly von Ribbeck Law kündigte an, für „jeden Fluggast“ Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe geltend zu machen, nannte aber keinen Gesamtbetrag. Die Klage wurde den Angaben zufolge bei einem Gericht im US-Bundesstaat Illionois eingereicht. Als Kläger will zunächst der indonesische Anwalt Januari Siregar auftreten, dessen 25-jähriger Sohn Firman an Bord der Unglücksmaschine war.
Unterdessen wurde nach einer Verbesserung der Wetterbedingungen die Suche nach dem Wrack von Flug MH370 im südlichen Indischen Ozean wieder aufgenommen. Insgesamt zwölf Flugzeuge beteiligten sich an der Suchaktion nach der Linienmaschine, die am 8. März auf dem Flug von Kuala Lumpur nach Peking vom Kurs abgewichen und dann spurlos verschwunden war. Am Dienstag hatten starker Wind, hohe Wellen und Regen eine Unterbrechung der Sucharbeiten erzwungen.
Das australische Kriegsschiff „HMAS Success“ suchte ein Gebiet ab, in dem am Montag ein australisches Militärflugzeug ein rundes und ein rechteckiges Objekt gesichtet hatte. Zuvor hatte ein chinesisches Aufklärungsflugzeug bereits größere, weiße Objekte entdeckt.
Auf neuen Satellitenaufnahmen sind nach malaysischen Angaben 122 Objekte im Indischen Ozean entdeckt worden, die zur verschollenen Passagiermaschine der Malaysia Airlines gehören könnten. Dies meldete die malaysische Regierung am Mittwoch.
Es wäre bei weitem die größte Zahl möglicher Wrackteile, die aus dem Weltall gesichtet wurden. Vor Ort hatten Suchmannschaften Tausende Kilometer südwestlich von Australien auch schon vom Flugzeug aus unbekannte Gegenstände entdeckt und markiert. Geborgen wurde davon aber noch keines, auch eine eindeutige Zuordnung zu dem seit dem 8. März verschollenen Flugzeug steht noch aus.
Australien kann die Suche nach Wrackteilen nach den Worten von Regierungschef Tony Abbott nicht ewig fortsetzen. „Wir suchen weiter, weil wir es den Menschen schuldig sind, alles zu tun, um dieses Rätsel zu lösen“, sagte Abbott im Parlament. „Die Suche ist nicht völlig unbefristet, aber dies ist nicht etwas, was wir leicht aufgeben würden.“
China fordert derweil „detaillierte und genaue Informationen“ von Malaysia über das Verschwinden von Flug MH370 von Malaysia. Auf einer Kabinettssitzung betonte Regierungschef Li Keqiang nach Angaben der Staatsmedien, dass keine Mühen gescheut würden, um das Flugzeug zu finden.
Malaysia solle die Suchaktion weiter koordinieren und die chinesischen Experten in die eingehenden Ermittlungen einbeziehen, hieß es vor dem Hintergrund chinesischer Unzufriedenheit über die Informationspolitik Malaysias.
Die Maschine kann im Ozean Tausende Meter tief gesunken sein. Der Tiefseetechniker Sylvain Pascaud ist optimistisch, dass das Flugzeug dort gefunden werden kann – vorausgesetzt, es gibt endlich einen Hinweis an der Meeresoberfläche. Die Suche weckt Erinnerungen an eine Air-France-Maschine, die auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris 2009 in den Atlantik stürzte. Damals wurden innerhalb einer Woche Wrackteile entdeckt. Das Flugzeug selbst aber wurde erst fast zwei Jahre später auf dem Meeresgrund gefunden.
Experte Pascaud half bei der erfolgreichen Suche mit Tauchrobotern. Im Interview sagte er: „Was im aktuellen Fall Sorgen macht – abgesehen von dem Umstand, dass wir absolut keine Idee haben, was die letzte Position des Flugzeugs war – ist, dass sich das Trümmerfeld mit der Zeit in verschiedene Richtungen verstreuen und sinken wird. So wird es mit jedem Tag, der verstreicht, schwerer werden, irgendetwas von der Luft aus zu finden. Dazu kommt, dass das Wasser in der Gegend sehr rau ist, so dass es noch schwerer ist, etwas von einem Flugzeug aus zu erblicken, weil alles weiß aussieht.“
Wenn man heute ein Wrackteil fände, wäre es mehr als zwei Wochen lang in der See gedriftet, sodass man seinen Weg zurückverfolgen müsse. Die Datenrekorder könnten „zwei bis drei Jahre“ im Wasser bleiben, sie seien sehr gut vorm Meereswasser geschützt. „Aber: Man braucht Wrackteile.“
Unterdessen gab es einen erneuten Zwischenfall mit einem malaysischen Flugzeug: Nach einem Motorbrand ist eine Maschine einer neuen malaysischen Fluggesellschaft am Mittwoch sicher gelandet. Keiner der Passagiere sei verletzt worden, teilte die Airline Malindo mit. Die Maschine war auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Terengganu an der Ostküste Malaysias, als das Branderkennungssystem aktiviert worden sei. Die Ursache für das Feuer sei noch unbekannt. Die Fluggesellschaft war vor einem Jahr gegründet worden.