Nach der Flugzeugkatastrophe mit 228 Toten tauscht Air France die umstrittenen Geschwindigkeitsmesser an den Airbus-Maschinen aus.
Paris. Noch ist nicht sicher, warum der Air-France-Flug AF447 am Pfingstmontag auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris über dem offenen Meer abgestürzt ist. 228 Menschen waren an Bord, darunter 28 Deutsche. Bisher wurden 29 Leichen geborgen. Neue Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler vom jüngst gefundenen Seitenleitwerk. Bei der Suche nach der Unglücksursache verdichten sich die Theorien auf mögliche Pannen mit den Geschwindigkeitsmessern. Air France hat darauf reagiert und will binnen Tagen die restlichen Geschwindigkeitsmesser an den Airbus-Maschinen austauschen. Die Fluggesellschaft habe einen Zeitplan vorgelegt, um die alten Sensoren an allen Langstreckenmaschinen vom Typ A330 und A340 auszuwechseln, teilte die Pilotengewerkschaft SNPL mit.
Laut Air France hat seit Montag jede A330 und A340 mindestens eine neue Sonde, neun von etwa 35 Maschinen wurden schon mit zwei neuen Sonden ausgestattet. Nach Angaben der Gewerkschaft Alter hat jedes Flugzeug drei Geschwindigkeitsmesser.
Die Fluggesellschaft hatte ihre Piloten schon vor Monaten vor Problemen mit den Geschwindigkeitsmessern bei der A330 gewarnt. Das geht aus einem auf den 6. November datierten Memo hervor. Darin ist von einer „beträchtlichen Zahl von Zwischenfällen“ in Verbindung mit Tempomessern an Airbus A330 und A340 die Rede. Die Zwischenfälle seien auf „Anomalien“ an diesen Messgeräten zurückzuführen. Das zweiseitige Dokument listet falsche Geschwindigkeitsmessungen, unterschiedliche Geschwindigkeitsangaben auf den Kontrollschirmen von Pilot und Kopilot und das Abschalten des Autopiloten auf.
Auto-Rennfahrerlegende Niki Lauda (60), selber Pilot und Chef einer Fluglinie, warf den Airbus-Piloten eine grobe Fehleinschätzung vor. Sie hätten die schwere Gewitterfront mit einem großen Bogen umfliegen und das schlechte Wetter auf dem Radar erkennen müssen. Lauda zur Münchner "tz": "Als Pilot kann ich nicht von einem Unwetter überrascht werden, weil es plötzlich da ist." An dem Tag hätte es 40 weitere Flüge von Brasilien aus gegeben. Alle hätten die problematische Wetterzone umflogen, nur nicht die Crew von Air-France-Flug AF 447. Lauda: "Möglich, dass der Pilot auf seinem Wetter-Radar einen kleinen grünen Streifen (Zeichen für klares Wetter) erkannt hat, der mitten durch die Gewitterzone führte. Vielleicht riskierte der Flugkapitän deshalb den Flug mitten durch die Gewitterzone."
Der ehemalige Formel-1-Weltmeister: "Schwere Unwetter sind immer ein Risiko." Blitze seien keine Gefahr für ein Flugzeug, wohl aber Turbulenzen. Winde kreisen mit circa 180 km/h um das Flugzeug, erschüttern und versetzen es extrem. Eine noch größere Gefahr seien Hagelkörner, die mit 200 km/h wie Geschosse auf die Maschine einprasseln. Lauda: Es ist wahrscheinlich, dass der Airbus vier Minuten lang von Tennisball-großen Hagelkörnern beschossen wurde. Da ist es auch wahrscheinlich, dass wichtige Systeme beschädigt wurden. Dann gibt der Autopilot irgendwann auf - wenn er Signale empfängt, die von seinen Normalwerten plus einer Toleranzgrenze abweichen. Einfach gesagt: Der Computer schaltet sich ab, weil er nicht mehr "versteht", was gerade um ihn herum passiert.
Lauda : "Solange der Flugschreiber mir nicht das Gegenteil beweist, gehe ich davon aus, dass das Unglück hätte vermieden werden können, wenn die Crew das Gewitter umflogen hätte."