Jacksons Leibarzt Dr. Conrad Murray verteidigt sich zum Prozessauftakt. Dabei ist erstmals ein Bild des toten King of Pops aufgetaucht.
Los Angeles. Der Prozess gegen Michael Jacksons früheren Leibarzt Dr. Konrad Murray begann mit einem Schockeffekt. Die Anklage kam gleich zur Sache und zeigte im abgedunkelten Gerichtssaal ein Foto des Popstars, auf dem er bleich und leblos auf einer Krankenbahre zu sehen ist. Michael Jackson sei durch "grobe Fahrlässigkeit“ von Conrad Murray getötet worden, hämmert Staatsanwalt David Walgren den zwölf Geschworenen in seinem Eröffnungsplädoyer am Dienstag immer wieder ein.
Anschließend klingt die verzerrte, fast lallende Stimme des verstorbenen King of Pops durch den Saal. Walgren spielt eine Aufnahme ab, in der Jackson - sechs Wochen vor seinem Tod – über sein geplantes Konzert-Comeback spricht. Die Leuten sollen nach der Show sagen können, er sei "der größte Entertainer der Welt“, stammelt der Sänger. Für Walgren der Beweis dafür, dass Jackson irgendwelche Mittel eingenommen hatte. Murray habe seinen Patienten mit Narkose- und Schlafmitteln wochenlang regelrecht zu Tode betäubt, wettert der Ankläger.
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Gleich am ersten Prozesstag gab es dramatische Szenen. Für den 58-jährigen schwarzen Herzspezialisten begann das Spießrutenlaufen schon vor dem Gerichtsgebäude. "Mörder“ und "Gerechtigkeit für Jackson“, so die lautstarken Rufe von Dutzenden Jackson-Fans. Der Zwei-Meter-Mann Murray wurde von seiner Mutter begleitet.
Fast der gesamte Jackson-Clan war zugegen – demonstrativ schwarz gekleidet. Die Eltern des Popstars, Joe (82) und Katherine (81), wurden von den Geschwistern La Toya, Janet, Randy, Jermaine und Tito begleitet. Die drei Kinder des Sängers blieben der Verhandlung fern. Katherine, die ihre Enkel aufzieht, brach mehrmals in Tränen aus.
Die Verteidigung ging in gleich den Gegenangriff: Jackson war nicht das Opfer, sondern der Täter, sagte Murrays Anwalt Ed Chernoff. "Wir werden beweisen können, dass der Sänger selbst, ohne Wissen des Arztes, zu dem tödlichen Medikamenten-Cocktail griff“, ließ der Verteidiger die Jury wissen.
Zudem wollte Murray den Sänger, der seit Jahren Propofol zum Einschlafen benutzte, von dem Mittel abbringen. An Jacksons Todestag hatte er angeblich die Propofol-Dosis reduziert. Doch Jackson konnte nicht einschlafen und nahm in Eigenregie seine "Milch“, wie er die weißliche Flüssigkeit nannte – samt eines starken Beruhigungsmittels. Diese Mixtur habe ihn sofort getötet, sagte Chernoff.
Der Prozessauftakt lieferte einen Vorgeschmack auf den mehrwöchigen Justizthriller, der sich vor der Jury aus sieben Männern und fünf Frauen abspielen könnte. Die Anklage lamentierte, dass Murray das starke Narkosemittel literweise bestellt habe. Die Verteidigung konterte, der medikamentensüchtige Jackson habe auf seine "Milch“ bestanden. Murray sei geldgierig und habe nur den lukrativen Monatslohn in Höhe von 150.000 Dollar im Auge gehabt, so die Anklage. Murray sei Jacksons Freund gewesen, der nur sein Bestes wollte, sagte die Gegenseite.
Als erster Zeuge zeichnete der Regisseur Kenny Ortega am Dienstag ein zwiespältiges Bild des Sängers. Mal sei Jackson bei den Proben für seine "This Is It“-Tournee in London fit und entschlossen gewesen, dann ängstlich und schwach. Der Musiker habe darauf bestanden, die ursprünglich zehn Konzerte auf über 30 auszuweiten, sagte der Konzertveranstalter Paul Gongaware. Dieser Erfolgsdruck habe Jackson am Ende fertig gemacht, argumentierte Verteidiger Chernoff.
Murray sei ein Mann mit Fehlern, räumte Chernoff indes vor der Jury ein. Doch am Ende hätte niemand, weder Murray noch ein anderer Arzt, Jackson am Leben halten können. "Er starb so schnell, so augenblicklich, er hatte nicht einmal Zeit, seine Augen zu schließen“, beschrieb er Jacksons plötzlichen Überdosis-Tod.
Wie früher auf der Bühne hatte Jackson am Dienstag wieder ein Millionenpublikum: Der Prozessauftakt konnte im Internet und auch im Fernsehen in aller Welt verfolgt werden . Zwar sitzt Conrad Murray auf der Anklagebank. Im Rampenlicht steht aber – zwei Jahre nach seinem Tod – wieder der "King of Pop“. (dpa)