Zwei junge Hacker haben von Stars wie Lady Gaga und Nelly Furtado unveröffentlichte Songs geklaut. Jetzt wurden die beiden verurteilt.
Duisburg. Von zwei Kinderzimmern im Ruhrgebiet aus drangen sie in die Glitzerwelt von Lady Gaga, Justin Timberlake oder Mariah Carey ein. Mehr als tausend bislang unveröffentlichte Songs holten sie sich mit illegalen Computertricks nach Hause. Jetzt sitzen die zwei jungen Männer schüchtern auf der Anklagebank des Duisburger Amtsgerichts - und werden zu Haftstrafen von 18 Monaten verurteilt.
Wie die beiden jungen Hacker kleinlaut und zurückhaltend zwischen ihren Verteidigern sitzen, mag man sich kaum vorstellen, dass sie weltbekannte Stars ausgespäht haben. Ein Ermittler der Kripo Duisburg bringt es auf den Punkt: „Da sind zwei Kellerkinder aus Duisburg und Wesel, die in solche Sphären eindringen.“ Dass ihnen das in diesen Sphären leicht gemacht wurde, glaubt Rechtsanwalt Burkhard Benecken. Er möchte Lady Gaga oder Nelly Furtado selbst als Zeugen vor Gericht haben. Doch das, so meint der Richter nicht ohne Schmunzeln, werde man wohl nicht hinbekommen – Antrag abgelehnt.
Das Amtsgericht Duisburg schickt die geständigen jungen Männer jedoch nicht sofort ins Gefängnis. In einem Fall setzt das Duisburger Amtsgericht die Strafe gleich zur Bewährung aus. Dem 23-Jährigen aus Wesel nehmen die Richter ab, dass er der Hacker-Szene inzwischen den Rücken gekehrt hat. Der 18-Jährige Mitangeklagte bekommt zwar keine Bewährung - aber noch eine Galgenfrist von sechs Monaten. In dieser Zeit muss er seine Hacker-Sucht behandeln lassen. Macht er das nicht, muss der Duisburger die Strafe doch noch absitzen. Das Gericht machte hier von den Möglichkeiten des Jugendstrafrechts Gebrauch.
Während des Prozesses erzählen sie mit leisen Stimmen von ihren Leben, rechtfertigen ihre Taten. „Das war halt 'ne Sucht für mich“, sagt der 23-Jährige, der sein Gesicht zunächst unter einem Hut und hinter einer Sonnenbrille verbirgt. Mit 14 habe er den ersten Computer bekommen und seitdem seine gesamte Zeit davor verbracht. Er lud Lieder runter, trieb sich in virtuellen Tauschbörsen rum. Freunde habe er nicht viele gehabt, draußen im wahren Leben sei er selten gewesen, erzählt er dem Richter.
Ähnlich war es bei „DJ Stolen“, wie sich der 18 Jahre alte Angeklagte in der Szene nennt. Um seinen Ruhm zu steigern, zwang er die US-Popsängerin Kesha mit gestohlenen Nacktbildern, ihm eine persönliche Widmung aufzunehmen, einen sogenannten „shout“. Später mischte er den in seine Songs.
Für den Verteidiger des 18-Jährigen ist klar, dass sein Mandant internetsüchtig ist. Seinen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens lehnt das Gericht jedoch ab. Es stehe außer Frage, dass die Männer hochgradig süchtig nach dem Internet seien, meint der Richter.
Die Staatsanwältin warnt: Sie sehe keinen Grund zu glauben, dass „DJ Stolen“ sein Verhalten ändert. Tatsächlich wurden die Ermittler erst Anfang des Monats wieder auf ihn aufmerksam. Wieder soll er seinem illegalen Hobby gefrönt haben – obwohl er bereits angeklagt war. „Nach dem dritten Mal hab ich schon verstanden, dass da was nicht richtig ist“, sagt der 18-Jährige jetzt über seine Rückfälle. Was er denn den ganzen Tag mache, will der Richter wissen. „Ich helfe meiner Mutter im Haushalt und gucke DVD-Filme.“