Ein neues Gesetz könnte Berlusconi vor einem Teil seiner vier Prozesse bewahren. Im Sexprozess geben Zeuginnen pikante Details bekannt.
Rom. Das Gesetz „Processo breve“ (Kurzer Prozess“), das den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi vor einem Teil seiner aktuell vier Prozesse bewahren dürfte, hat die wichtigste Parlamentshürde genommen. Die Mitte-Rechts-Regierungskoalition des Medienmoguls und Milliardärs brachte die verkürzten Verjährungsfristen am Mittwochabend im Abgeordnetenhaus in Rom durch. 314 Abgeordnete votierten dafür, 296 dagegen. Jetzt muss noch der Senat zustimmen. Im günstigsten Falle würden zwei Verfahren, in die Berlusconi verwickelt ist, praktisch vom Tisch sein - nicht jedoch der Prozess um die junge Marokkanerin „Ruby“ und die angeblichen Sex-Partys bei ihm.
Neue Zeuginnen im Sexprozess
Im Sexprozess um das marokkanische Escort-Girl sieht sich Berlusconi jetzt mit neuen Zeugenaussagen konfrontiert. Italienische Medien veröffentlichten am Mittwoch neue Berichte über die skandalträchtigen Feste des Ministerpräsidenten. Sie stammen von zwei Frauen, die im vergangenen August einen Abend auf dem Anwesen Berlusconis in Accore bei Mailand verbrachten – beide damals knapp 18-jährig. Sie berichten über pikante Details auf den „Bunga Bunga“ genannten Festen des Regierungschefs.
Berlusconis Anwälte Piero Longo und Niccolo Ghedini wiesen die Berichte als völlig haltlos und unbegründet zurück. Die Mailänder Staatsanwaltschaft, die sich mit dem Fall „Ruby“ befasst, sprach hingegen von wichtigen Erklärungen, „um den Kontext zu erhellen“. Den Medienberichten zufolge haben sich die beiden jungen Frauen freiwillig bei der Staatsanwaltschaft gemeldet. Berlusconi hatte immer beteuert, bei seinen Festen sei es völlig harmlos zugegangen.
Wie die junge Marokkanerin „Ruby“ seien sie über den Chef von Berlusconis TV-Sender Rete 4, Emilio Fede, an die Dinner-Einladung in der Villa gekommen, berichteten die Frauen. Schon während des Abendessens - begleitet von „schmutzigen“ Witzen des Premiers - hätten die anwesenden anderen Mädchen angefangen, ihre Brüste zu entblößen, zitierte die Zeitung „La Repubblica“ eine der Zeuginnen. Berlusconi habe sie angefeuert, auch den Neulingen beim Ausziehen zu helfen. In einer zur Villa gehörenden Disco hätten die Mädchen auf „ordinäre Weise“ getanzt, berichtete eine der beiden Frauen, „viele haben ihre kurzen Röcke hochgezogen“. Einige seien als Krankenschwester verkleidet, einige völlig nackt gewesen.
Der spektakuläre Prozess gegen den Mailänder Medienmogul wegen Amtsmissbrauch und Sex mit der damals minderjährigen marokkanischen Prostituierten „Ruby Rubacuori“ (Ruby Herzensdieb) war am Mittwoch vor einer Woche eröffnet und bereits nach fünf Minuten auf Ende Mai vertagt worden.
Berlusconi will wahrscheinlich nicht mehr antreten
Silvio Berlusconi hat erneut zu erkennen gegeben, dass er sich nicht um eine weitere Amtszeit bemühen wird. Der 74-Jährige sagte am Dienstagabend vor ausländischen Journalisten, dass er sich nach Ablauf der Legislaturperiode möglicherweise weiter als erfahrener Staatsmann in seiner Partei engagieren werde, aber „keine aktive Rolle in der Regierung„ mehr spielen werde.
Vor einer endgültigen Entscheidung darüber werde er allerdings Umfragen zu Rate ziehen. Bereits im Dezember hatte Berlusconi in einer Pressekonferenz gesagt, dass er vermutlich 2013 den Weg für einen Nachfolger freimachen werde. Am Dienstag erklärte er, dies könne beispielsweise Justizminister Angelino Alfano sein. Gegen Berlusconi laufen mehrere Prozesse, unter anderem wegen Steuerhinterziehung und wegen einer möglichen sexuellen Beziehung zu einer Minderjährigen.
(Mit Material von dpa/dapd)