Wieder eine Hygiene-Panne am Klinikum Fulda: Patienten wurden mit OP-Bestecken operiert, die gereinigt und desinfiziert, aber nicht sterilisiert waren.

Fulda. Nur drei Monate nach dem jüngsten Hygieneskandal am Klinikum in Fulda erschüttert eine neue Panne das Krankenhaus. Nach Angaben des Klinikums wurden mindestens zwölf Patienten mit OP-Besteck operiert, das zuvor nicht sterilisiert worden war. Wie das passieren konnte, sei noch nicht bekannt, sagte Klinikvorstand Harald Jeguschke am Freitag. Offenbar habe ein Mitarbeiter einen Fehler gemacht. Nach derzeitigem Stand „müssen wir von menschlichem Versagen der höchsten Stufe ausgehen“, sagte der Klinikchef. Es sei „eines der heiligsten Gesetze der Zunft“ gebrochen worden. Die genaue Zahl der betroffenen Patienten stehe noch nicht fest.

Die Staatsanwaltschaft in Fulda leitete noch am Freitag erste Ermittlungen ein. „Es gibt ein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche des Klinikums wegen Verstoßes gegen das Medizinproduktegesetz“, sagte Staatsanwalt Harry Wilke. Die Behörde sei vom Regierungspräsidium Kassel informiert worden. Jeguschke griff seine Mitarbeiter hart an: „Was passiert ist, lässt an der medizinischen und pflegerischen Professionalität zweifeln“, sagte er der „Fuldaer Zeitung“.

Erst im Januar hatte schmutziges OP-Besteck die Sterilisation in Fulda stillgelegt . Hunderte von Operationen waren abgesagt worden, es entstand ein Verlust von mindestens einer Million Euro. Die Zentralsterilisation war Mitte Januar geschlossen und später neu eröffnet worden. Zuvor waren in der Abteilung, in der beispielsweise Scheren, Zangen und Klemmen nach dem OP-Gebrauch gereinigt werden, massive Mängel festgestellt worden. Auf den Bestecken hatten zum Beispiel Flugrost und Blutreste geklebt. Jeguschke betonte, der neue Fall habe nichts mit dem vorigen Skandal zu tun.

Die nun betroffenen 18 Siebe und auch Einzelinstrumente seien zwar gereinigt und desinfiziert worden, sagte Jeguschke. Das Material sei aber „am Sterilisator vorbei zurück in die jeweiligen Fachgebiete gegeben worden“. Außerdem sei noch nicht klar, wozu genau zwei der Siebe und fünf einzelne Instrumente aus der betroffenen Charge benutzt wurden.

Die betroffenen und inzwischen über die Panne informierten Patienten seien zwischen dem 31. März und dem 5. April operiert worden. „Welche Folgen der Einsatz dieser möglicherweise nicht völlig keimfreien Instrumente wie Scheren, Spreizer, Klemmen oder Pinzetten bei der OP gehabt haben könnte, das ist nun die Frage, die sich die Betroffenen stellen“, hieß es im Klinikum weiter. Es lägen derzeit „keine Erkenntnisse über etwaige Komplikationen“ vor, zitiert eine Mitteilung des Klinikums den Vorstand der Krankenversorgung, Winfried Fassbinder. Derzeit sei es „eher wahrscheinlich, dass Patienten keinen Schaden genommen haben“.

Eine wachsame OP-Schwester hatte die Panne aufgedeckt. Bei der routinemäßigen dritten Kontrolle der Instrumente habe sie gesehen, das ein Sieb mit OP-Bestecken nicht die vorgeschriebene Farbe besitze. Es habe nach der Behandlung in der Zentralsterilisation des Klinikums eigentlich die Farbe von Rosa zu Dunkelbraun wechseln müssen, erklärte Fassbinder.

Fuldas Oberbürgermeister Gerhard Möller (CDU), der auch Aufsichtsratschef der Klinik ist, sprach ebenfalls von „erheblichem Fehlverhalten“. Es müsse geklärt werden, „warum die Kontrollmechanismen nicht funktioniert haben“. Der Aufsichtsrat werde sich am Wochenende zu einer Sondersitzung treffen. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Spies, machte zu wenig Personal für die Panne verantwortlich. „Wenn aus Gründen der Kosteneinsparung Personal abgebaut wird und die verbliebenen Fachkräfte unter einen derart hohen Leistungsdruck gesetzt werden, sind Fehler vorprogrammiert“, sagt er.

Das Klinikum hatte nach dem jüngsten Hygieneskandal den gesamten Reinigungsprozess umgestellt. Durch die neue sogenannte Zentralsterilisation sollten mögliche Fehlerquellen beseitigt werden. Unter anderem waren anders zusammengesetzte Chemikalien verwendet worden. Nach Fulda war vor kurzem auch im Klinikum in Kassel verunreinigtes OP-Besteck entdeckt worden.