Das einst von Salmonellen betroffene Klinikum Fulda hat erneut Hygiene-Probleme, dieses Mal mit schmutzigem OP-Besteck. Auch die Justiz ermittelt.

Fulda. Verunsicherte Patienten, geschocktes Personal und ermittelnde Staatsanwälte: Der neue Hygiene-Skandal am Klinikum Fulda beschäftigt jetzt auch die Justiz. Die Behörde ermittelt wegenVerstoßes gegen das Medizinproduktegesetz. Es sei ein Verfahren eingeleitet worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Harry Wilke, am Montag. Die Ermittlungen laufen seinen Angaben zufolge bereits seit dem 29. Dezember 2010. An dem Tag sei die Behörde vom Regierungspräsidium (RP) Kassel als Aufsichtsinstanz über Hygiene-Mängel informiert worden.

Sollte Fahrlässigkeit nachgewiesen werden können, droht eine Geld- oder eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Patienten sind nach Klinik-Angaben durch die Hygiene-Mängel nicht betroffen.Patientenfragen werden über eine Hotline von Ärzten beantwortet. Das Klinikum hatte seine Zentralsterilisation am Wochenende wegen anhaltender Probleme geschlossen. An medizinischen Instrumenten waren wiederholt Flugrost und Blutreste entdeckt worden.

Bei der Hygiene in deutschen Kliniken herrschen nach Ansicht des Allgemeinen Patienten-Verbandes mitunter katastrophale Zustände. Bundesweit koste dies jährlich mindestens 10.000 Patienten das Leben, sagte Präsident Christian Zimmermann am Montag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Hier wird generell geschlampt. Die Hygiene-Standards lassen bei uns sehr zu wünschen übrig.“ Das Beispiel des Klinikums Fulda spiegele Nachlässigkeiten wider. Der Verband mit Sitz in Marburg ist nach eigenen Angaben mit 1500 Mitgliedern die größte Patienten-Vereinigung in Deutschland.

Die Oppositionsparteien im Wiesbadener Landtag kritisierten die Vorkommnisse im Klinikum. Die SPD rief am Montag nach mehr öffentlichen Kontrollen, die Grünen sagten, eine Hygiene-Verordnung sei überfällig, die Linken fordern allgemein eine Verbesserung der Patientensicherheit. In dem größten Krankenhaus Osthessens hatte es im Sommer 2007 bereits einen großen Salmonellen-Skandal gegeben.

Laut einem Bericht des RP Kassel war bei einer Begehung der Zentralsterilisation am 16. Dezember 2010 festgestellt worden, dass sich „mehrere medizinische Produkte nicht in einwandfreiem Zustand“ befinden, wie Wilke erklärte. Im Klinikum hieß es, Probleme mit verunreinigtem OP-Besteck bestünden seit Ende September 2010. Bei Patienten und Klinikbesuchern herrscht große Verunsicherung.„Was sich hier abspielt, ist ungeheuerlich. Man müsste den Laden dicht machen und die Verantwortlichen verklagen. Hier würde ich mich nicht behandeln lassen“, sagte eine aufgebrachte Frau vor dem Eingang. Ein kräftiger Klinik-Besucher schüttelte den Kopf und murmelte nur: „Schlachthof!“ Die Ärzte müssten ihr Werkzeug sauber halten. Ein älterer Mann hingegen hat keinen Grund zur Klage: „Ich bin vor einer Woche operiert worden. Mir geht's hervorragend. Ich habe großes Vertrauen in die Klinik.“ Klinikvorstand Harald Jeguschke sagte am Montag, die Belegschaft sei „geschockt“: „Wir spüren alle eine Verunsicherung, aber nicht, dass ein Chaos eintritt.“

Das Klinikum Fulda gewährte am Montag Einblicke in die Zentralsterilisation. An normalen Tagen säubern dort Spülmaschinen und ähnliche Geräte gebrauchtes OP-Besteck wie Pinzetten und Klemmen. Etwa 180.000 Teile umfasst das gesamte Instrumentarium. 30 Angestellte arbeiten im Zwei-Schicht-Betrieb.

Doch vorläufig bleibt die Abteilung geschlossen. Sie soll innerhalb der nächsten Monate für rund vier Millionen Euro neu aufgebaut werden. Das Klinikum kann derzeit nur Notfälle operieren, der Normalbetrieb erst in zwei bis drei Wochen wieder aufgenommen werden, wie Jeguschke sagte. Wer dringend operiert werden muss, wird an benachbarte Kliniken weiter verwiesen. Das Krankenhaus erwartet am Dienstag Ersatz-Instrumente, die von anderen Häusern ausgeliehen werden.

Von Dienstag an, wird das gesamte Instrumentarium des Klinikums in einem Wiederaufbereitungszentrum in Tuttlingen überprüft. Bis Mitte oder Ende der Woche werden die ersten Sätze in „quasi fabrikneuem Zustand“ zurückerwartet, sagte Jeguschke.