Neue Schuldzuweisungen nach der Katastrophe in Duisburg: Die Ordner haben angeblich die Anweisungen der Polizei nicht umgesetzt.
Duisburg. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sieht viel Verantwortung für das Unglück bei der Duisburger Loveparade beim Veranstalter. Jäger stellte am Mittwoch einen vorläufigen Bericht der Duisburger Polizei zum Loveparade-Unglück vor, bei dem 21 Menschen starben und mehr als 500 verletzt wurden. „Ich selbst bin Duisburger“, sagte Jäger in Düsseldorf. Er habe die schlimmen Erlebnisse mit Freunden und Bekannten miterlebt. Er fühle mit den Angehörigen und Freunden der Opfer. Zugleich finde er es „unerträglich“, wenn Verantwortung auf Seiten der Stadt oder des Veranstalters abgeschoben werde. Polizeiinspekteur Dieter Wehe berichtete, die Polizei sei vom Veranstalter dazugerufen worden. Die Ordner hätten aber die Anweisungen nicht umgesetzt.
Da der Veranstalter entgegen seiner eigenen Anordnung die Zugänge in den Tunnel trotz der Menschenmassen nicht sperrte, sondern am westlichen Zugang den Zulauf sogar weiter erhöhte, musste die Polizei ihre Maßnahmen aufgrund der nachdrängenden Menschenmenge aufgeben, sagte Wehe. Zudem sei es dem Veranstalter nicht gelungen, den Rückstau am oberen Ende der Rampe aufzulösen. Dadurch sei es zu einem weiterem Zulauf durch die Zuschauer gekommen, die die Veranstaltung verlassen wollten.
Zahl der Todesopfer erhöht sich auf 21
Vier Tage nach der Katastrophe hat sich die Zahl der Todesopfer auf 21 erhöht. In der Nacht zu Mittwoch sei noch eine 25-jährige Frau aus dem nordrhein-westfälischen Heiligenhaus (Kreis Mettmann) gestorben, die die Musikparty besucht habe, sagte ein Sprecher der Duisburger Staatsanwaltschaft. Die Todesursache werde derzeit noch untersucht. Damit hat die Massenpanik bei der Loveparade am Samstag inzwischen 13 Frauen und acht Männer das Leben gekostet . Über 500 Menschen wurden verletzt. Am Samstag soll es in der Duisburger Salvatorkirche eine zentrale Trauerfeier geben, an der unter anderem Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen wollen. Der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) verzichtet dagegen auf eine Teilnahme. Er wird von vielen Menschen für die Tragödie verantwortlich gemacht und soll bereits Morddrohungen erhalten haben.
Der Druck auf Sauerland wächst weiter. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet unter Berufung auf Ermittler, nicht nur der Direktor der Berufsfeuerwehr habe Sauerland vor der Loveparade schriftlich seine Sicherheitsbedenken mitgeteilt, sondern auch ranghohe Polizeibeamte. Das Stadtoberhaupt hatte am Dienstag bestritten, vor der Veranstaltung Warnungen erhalten zu haben. Sauerlands Verzicht auf die Teilnahme an der Trauerfeier begründete ein Stadtsprecher in der „Rheinischen Post“ damit, er wolle „die Gefühle der Angehörigen nicht verletzen und mit seiner Anwesenheit nicht provozieren“. Der Chef des Kulturhauptstadt-Projekts „Ruhr.2010“, Fritz Pleitgen, nannte im Bayerischen Rundfunk Zeitdruck als mögliche Ursache für das Unglück. Als die Finanzierung endlich gesichert gewesen sei, habe es bis zur Veranstaltung selbst nicht mehr viel Zeit gegeben, um alles zu bedenken. „Das könnte ein Grund sein“, sagte der frühere WDR-Intendant. Zugleich erklärte er, das Kulturhauptstadtprojekt habe sich zwar für die Loveparade eingesetzt, Druck sei aber nicht ausgeübt worden.
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