Hollands Königin Beatrix bangt um ihren zweitältesten Sohn Friso, der bei einem Lawinenunglück in Lech schwer verletzt wurde.
Den Haag/Innsbruck. Die niederländische Königin Beatrix und ihre Familie sind in größter Sorge um Prinz Johan Friso. Der zweitälteste Sohn der Monarchin schwebt nach einem Lawinenunfall in Lech am Arlberg in Lebensgefahr. Ob der 43-Jährige bleibende Schäden erlitten hat, darüber kann man derzeit nur spekulieren. Eine seriöse Prognose über die Heilungschancen könne "nicht eher als Ende dieser Woche" abgegeben werden, teilte das Königshaus in Den Haag gestern mit. Friso lag am Freitag 20 Minuten unter Schneemassen begraben und musste wiederbelebt werden. Dabei soll er einen Sauerstoffmangel, aber keine Schäden an inneren Organen erlitten haben. Zunächst hieß es, er habe ein Schädel-Hirn-Trauma. Lawinenopfer, die in den ersten 15 Minuten geborgen werden, haben relativ gute Überlebenschancen. Anschließend sinken die Chancen wegen des Sauerstoffmangels und der Kälte rapide.
+++ Zustand von Prinz Johan Friso weiter lebensbedrohlich +++
Beatrix, 74, und ihre Schwiegertochter Mabel, 43, besuchten den Kranken, der in ein künstliches Koma versetzt wurde, gestern erneut auf der Intensivstation der Innsbrucker Universitätsklinik, wo Friso von einem Spezialisten-Team betreut wird. Beide wirkten bedrückt, waren in Schwarz gekleidet und trugen Sonnenbrillen. Sie äußerten sich bei ihrem Eintreffen nicht zu Frisos Gesundheitszustand. Sein Bruder Willem-Alexander bat die Öffentlichkeit, die Privatsphäre der Familie zu respektieren. "Wir danken für alleguten Wünsche aus der Bevölkerung. Und wir danken auch, dass Sie uns in Ruhe lassen", antwortete der Kronprinz auf Fragen von wartenden Journalisten. Wie ernst die Lage ist, zeigt unter anderem, dass auch die übrige Königsfamilie, unter ihnen der dritte und jüngste Sohn der Königin, Constantijn, 42, schon Freitagabend mit einem Regierungsflugzeug aus Den Haag in die Alpen gereist ist. Máxima, 40, und Willem-Alexander, 44, kümmern sich unterdessen um die Kinder des Verunglückten. So wurden sie gestern mit ihren Nichten und den eigenen Töchtern in Lech beim Skifahren beobachtet.
Prinz Johan Friso gilt als ausgezeichneter Skifahrer. Seit mehr als40 Jahren verbringt die niederländische Königsfamilie ihren zweiwöchigen Winterurlaub im noblen österreichischen Skiort Lech am Arlberg. Die drei Söhne von Königin Beatrix stehen schon seit Kindesbeinen auf den Brettern. Es stellt sich die Frage, ob der Prinz angesichts der großen Lawinengefahr (Stufe vier auf der fünfteiligen Skala) ein zu hohes Risiko einging und den Unfall selbst verschuldete. LautLagebericht der Landeswarnzentrale konnten bereits geringe Zusatzbelastungen, etwa durch einzelne Wintersportler, Lawinen auslösen. Schon in den Tagen zuvor wurden immer wieder Skifahrer verschüttet.
Gemeinsam mit dem Besitzer des Luxushotels, in dem die königliche Familie regelmäßig wohnt, war der Prinz abseits der Skipisten im freien Gelände unterwegs. Als sie in einen kurzen, steilen Hang fuhren, lösten sie ein Schneebrett aus. Die obere Schneeschicht auf mehr als 30 Metern Breite und 50 Metern Länge rutschte bergab und riss die Skifahrer mit sich. Der 42-jährige Begleiter zündete seinen Lawinen-Airbag im Rucksack. Das Luftkissen blähte sich auf und hielt ihn an der Oberfläche der Schneemassen, der Prinz wurde verschüttet. Die alarmierten Retter flogen mit dem Hubschrauber zur Unfallstelle. Weil Prinz Friso einen Lawinenpiepser bei sich trug, wurde er schnell gefunden und ausgegraben.
Der Geschäftsführer der Skilifte Lech, Michael Manhart, schätzt das Bergstück als gefährlich ein. "Es ist eine kurze, steile Böschung", sagte Manhart. Allerdings könne man niemandem die Schuld für die Lawine zuweisen. "Der Prinz war so oft in Lech, der weiß genau, was er macht." Dass die Lawine abging, sei letztlich "das Risiko des Skisports", das sich im freien Gelände niemals ganz ausschließen lasse. Die große Lawinengefahr sei nicht immer entscheidend, sagte Manhart. "Die kleinen Seitenböschungen sind Spezialfälle." Da wisse man unabhängig von der Warnstufe nie, wie die Situation sich wirklich präsentiere. Die Staatsanwaltschaft nahm direkt nach dem Unglück Ermittlungen auf. Es handele sich um eine routinemäßige Untersuchung, wie sie nach jedem Unfall vorgenommen werde, teilte die Sicherheitsdirektion in Vorarlberg mit. Es gebe keinen Beschuldigten.
Prinz Johan Friso, der als Finanzberater für die Firma Urenco in Großbritannien arbeitet, wurde 2004 von der Thronfolge ausgeschlossen, da er die bürgerliche Mabel Wisse Smit geheiratet hatte, der eine frühere Beziehung zu einem Gangsterboss nachgesagt wurde. Sie soll früher auch ein Verhältnis mit dem verheirateten bosnischen Ex-Außenminister Muhamed Sacirbey gehabt haben. Das Paar hat zwei Töchter. Offiziell ist Prinz Friso nicht mehr Mitglied des niederländischen Königshauses. Der ehemalige "Prinz der Niederlande, Prinz von Oranien-Nassau und Junker von Amsberg" darf nur noch den Titel "Prinz von Oranien-Nassau" tragen.
Video zum Unglück www.abendblatt.de/friso