Der Kapitän der “Costa Concordia“ ist unter Auflagen auf freiem Fuß. Sturm droht Bergungsarbeiten zu erschweren. Hilft GSG 9?
Rom/Berlin. Bei der Suche nach den Opfern der Schiffskatastrophe haben Taucher am Dienstag fünf weitere Leichen gefunden. Damit stieg die Zahl der Todesopfer auf elf. Vermisst werden noch immer 29 Menschen, unter ihnen sind mindestens zwölf deutsche Urlauber. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, unter den Vermissten seien fünf Touristen aus Hessen, je zwei aus Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie eine Person aus Bayern. Erste Meldungen, wonach ein Deutscher im Schiffswrack tot aufgefunden worden sei, wurden vom Minister nicht bestätigt. Die italienischen Behörden sprachen von 14 vermissten Deutschen.
Für die Bergungsteams ist es ein Wettlauf mit der Zeit. Die Gefahr, dass das Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" am steilen Hang vor der italienischen Insel Giglio in tieferes Wasser abrutscht, wird immer größer. Für Donnerstag haben die Meteorologen einen schweren Sturm vorausgesagt, die die weitere Suche auf dem sinkenden Schiff, das am Freitag vor der Westküste Italiens mit mehr als 4200 Menschen an Bord gegen einen Felsen gefahren war, unmöglich machen könnte.
+++ Leitartikel: Ende einer Illusion +++
Um ins Innere des Schiffs zu kommen, wo noch weitere Opfer vermutet werden, sprengten Marinetaucher am Dienstag vier Löcher in die Außenwand des Wracks - über und auch unter Wasser. Die Hoffnung, Überlebende zu finden, die sich vielleicht in eine Luftblase gerettet haben, schwindet jedoch mit jeder Minute. Möglicherweise sollen die Retter von der deutschen Spezialtruppe GSG 9 unterstützt werden.
+++ Gesprächsprotokoll mit Kapitän Schettino - "Concordia, ist alles ok?" +++
Neben der menschlichen Tragödie droht nun auch eine Umweltkatastrophe, wenn es nicht gelingt, 2400 Tonnen Treibstoff und Schmieröle so schnell wie möglich aus den Tanks des Schiffs zu pumpen. Wie lange diese halten, ist ungewiss.
Unterdessen ist der Kapitän der "Costa Concordia“ nach Angaben seines Anwalts unter Hausarrest gestellt worden. Francesco Schettino dürfe damit das Gefängnis verlassen - allerdings gegen Auflagen, sagte der Notar am Dienstag. Schettino saß in Untersuchungshaft. Am Dienstag wurde er von der Staatsanwaltschaft in Grosseto erstmals zum Unglück verhört. Den Vorwurf der fahrlässigen Tötung weist er zurück.
Die Küstenwache auf der italienischen Insel Giglio hatte vergeblich versucht, den Kapitän zur Rückkehr auf das kenternde Schiff zu bewegen. Schettino soll von Bord gegangen sein, noch bevor alle Passagiere und Besatzungsmitglieder das Schiff verlassen konnten. Die Zeitung "Corriere della Serra" veröffentlichte auf ihrer Internetseite den entsprechenden Funkverkehr zwischen der Küstenwache und Schettino , zu dessen Echtheit sich aber keiner der Beteiligten äußern wollte. Die Reederei wirft dem Kapitän vor, er habe den Kurs eigenmächtig geändert und zu nahe an die Küste navigiert.
Ob Schettino wirklich auf das sinkende Schiff zurückkehrte, blieb unklar. Augenzeugen berichteten, sie hätten den Kapitän auf der Insel Giglio gesehen, wie er in ein Taxi stieg und davonfuhr - zu diesem Zeitpunkt war die Rettungsaktion auf der "Costa Concordia" noch in vollem Gange. Schettino wurde festgenommen, kam wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und Verlassen des Schiffs vor anderen in Untersuchungshaft.
Mit Material von rtr