Die seit drei Tagen in einem Mülheimer Mehrfamilienhaus verschwundene Giftkobra hält Feuerwehr, THW, DRK und Ordnungsamt in Atem.

Mülheim/Ruhr. Kobra-Alarm im Ruhrgebiet: Eine Giftschlange versetzt seit Donnerstag eine Straße in Mülheim an der Ruhr in den Ausnahmezustand. Seit das Tier am frühen Donnerstagmorgen aus seinem Terrarium ausbüxte, sind Einsatzkräfte von Feuerwehren, THW, DRK und Ordnungsamt angerückt und haben die sonst ruhige Kleiststraße abgesperrt. Generatoren rattern, Standheizungen laufen. Doch die erst drei Monate alte Schlange lässt sich nicht blicken.

Journalistenteams befragen die Nachbarn. Die Kobrasuche macht sogar Schlagzeilen im europäischen Ausland. Radiosender verbreiten Tipps aus der Bevölkerung, wie die fingerdicke 30-Zentimeter-Schlange gefunden werden könne. Viele Menschen kritisieren den 19 Jahre alten Schlangenbesitzer und fordern eine Lizenz für die Reptilien-Haltung nach Art eines Führerscheins.

Vier Tage geht das jetzt schon so. Am Sonntag rückt das THW mit Endoskopen an. Die Mini-Kameras lugen an langen Schläuchen in die hintersten Ritzen und Winkel. Nachts werden doppelseitige Klebebänder angebracht, an denen die Schlange haften bleiben soll. Mehl wird ausgestreut, in dem sie Spuren hinterlassen könnte. Allein, sie will nicht. Weiter Fehlanzeige.

Erst am Samstag zuvor hatte die giftige Monokelkobra in der Dachgeschosswohnung in der Kleiststraße ihr neues Heim bezogen – dem Vernehmen nach in einem Kasten, in dem eine PC-Lüftung wohl das rechte Schlangenklima schaffen sollte. Durch eben diesen Ventilator soll die Kobra entschwunden sein, als er nicht in Betrieb war. Der 19-Jährige hatte die Schlange kurz zuvor auf einem Markt für exotische Tiere in Hamm für 70 Euro erworben.

Beobachter meinten, der junge Mann habe nicht eben als erfahrener Reptilien-Halter gewirkt. Es war seine zweite Schlange, und nachdem sie weg war, schlug er Alarm. Schließlich ist das Tierchen mit einem Gift ausgerüstet, das innerhalb von Stunden tödlich wirkt.

Nun schaute der Mülheimer zu, wie seine Wohnung komplett ausgeräumt, Hab und Gut abtransportiert wurde oder in Containern landete. So gründlich, dass er einstweilen nicht zurückkehren kann. Inzwischen ist das Dachgeschoss wie auf links gekrempelt und quasi in einen Rohbauzustand zurückversetzt worden. Böden, Wände, Zwischendecken – alles freigelegt. Dach- und Bodenbalken liegen offen. Jeder Eimer Schutt wird gründlich durchsiebt – von Männern mit Mundschutz, hohen Stiefeln und langen Handschuhen. Aber von der Schlange fehlte weiter jede Spur. Der 19-Jährige war am Sonntag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Stadtsprecher Volker Wiebels, der seit vier Tagen am Einsatzort ist, erinnert sich an einen Fall vor rund zehn Jahren. Damals war in einem Mülheimer Hochhaus eine Skorpion-Familie auf Wanderschaft gegangen. Die Sache nahm ein glückliches Ende: die meisten Skorpione wurden wieder eingefangen und vor allem: Niemand kam zu Schaden.

„Wir müssen in solchen Fällen die Verhältnismäßigkeit der Mittel abwägen“, erläutert Volker Wiebels. „In der akuten Gefahrenlage galt es, die Menschen vor der giftigen Schlange zu schützen. Doch der Einsatz ist teuer. Allein die Arbeit der Feuerwehrleute kostet 850 Euro pro Stunde.“ Zu den Einsatzkräften gehören auch sechs Männer eines Teams, das in Deutschland einzig ist: die sogenannte Reptiliengruppe der Düsseldorfer Feuerwehr.

Das Video zeigt eine Schlangenshow im Krokodilpark in Samui