Die Quandt-Erbin wollte nicht länger Opfer sein und ging zur Polizei. Ehemann steht zu ihr.

München. Wie konnte die Milliardärin, die immer sehr zurückgezogen lebte und für ihre Verschwiegenheit bekannt ist, auf einen Gigolo hereinfallen? Jetzt spricht Susanne Klatten (46) erstmals öffentlich darüber. Als möglichen Grund, warum sie dem Schweizer Helg Sgarbi (43) auf den Leim ging, sagte Klatten der "Financial Times Deutschland", sie habe ein für sie gefährliches Anliegen entwickelt, sich mitzuteilen. "Und das kann manchmal bei den falschen Leuten passieren."

Es habe sie verletzt, wenn sie immer nur im Maß des Geldes gemessen werde, sagte die BMW-Großaktionärin. "Geld bewertet nicht, was oder wer ich bin. Ich möchte als Mensch gesehen werden. Ich habe häufig genug den Fehler gemacht, mich Menschen zu öffnen, die dieses Vertrauen nicht verdient haben. Dann wird man zum Opfer. Das ärgert einen. Das tut weh. Und ich frage mich hinterher: Wie konnte das passieren?" Zu ihren Motiven, Sgarbi anzuzeigen, sagte die Unternehmerin: "Das war ein Moment der Klarheit: Du bist jetzt Opfer, und du musst dich wehren. Ich wehre mich jetzt im Namen aller Frauen in meiner Familie und im Namen vieler anderer Frauen auch."

Es war ihr Mann Jan Klatten (52), der ihr Mut gemacht und Rückendeckung gegeben hatte. Das Paar ist seit 18 Jahren verheiratet. "Es war unsere einzige Chance", sagte Klatten. "Anders geht das ewig weiter. Und das hält man nicht aus." Man müsse sich wehren. "Ich bin froh, dass ich das gemacht habe", fügte sie hinzu. Die Medienberichte seien für sie nicht einfach gewesen, sagte die Mutter dreier Kinder. "Das geht mir sehr nah. Da wird man ein zweites Mal zum Opfer." Susanne Klatten hatte sich mehrfach mit Sgarbi zu Rendezvous in Hotels getroffen. Er soll sie mit einer erfundenen Geschichte von einem Unfall, für den ihn die Mafia verantwortlich mache, zur Zahlung von sieben Millionen Euro bewegt haben. Später soll er mit der Veröffentlichung von intimen Bildern gedroht und einen dreistelligen Millionenbetrag verlangt haben. Außerdem habe er gefordert, dass sich Susanne Klatten von ihrem Mann trennt.

Die Unternehmerin reagierte allerdings anders, als Sgarbi und sein italienischer Komplize Ernano Baretta (63) es erhofft hatten. Sie wandte sich an das Institut für Konfliktforschung und Krisenberatung (IfKK) in Aschheim bei München. Wie das Magazin "Focus" berichtete, konnte IfKK-Geschäftsführer Nikolaus Seibt sie Mitte Oktober 2007 dazu bewegen, mit ihm zum Bayerischen Landeskriminalamt zu gehen und den vorbestraften Ex-Offizier Sgarbi anzuzeigen.

Eine groß angelegte Überwachungsaktion begann, in deren Verlauf ein weiteres Opfer ausfindig gemacht wurde. Damals dachte Susanne Klatten, sie wäre vorbereitet auf das, was auf die Anzeige folgen würde. Heute sagt sie: "Es war eine Illusion." Vorher konnte die reichste Frau Deutschlands ein fast normales Leben führen, jetzt kennt die ganze Welt ihr Gesicht.