Er sieht aus wie der harmlose Junge von nebenan, etwas pummelig, längere braune Haare und Brille. Doch hinter dieser Fassade verbirgt sich ein ganz anderes Ich: Daniel V. (18) aus Döbeln bei Leipzig hat gestanden, die achtjährige Michelle umgebracht zu haben. Ihre Leiche war am 18. August 2008 an einem See gefunden worden. Bilder zum Fall Michelle. Bilder zu den tragischen Verbrechen an Kindern.
Leipzig. Der junge Mann war am Sonntagnachmittag mit seiner Mutter auf einem Polizeirevier in Leipzig erschienen, um sich selbst zu stellen. Damit kam er den Beamten zuvor. Diese hatten für den Tag im Rahmen ihrer Ermittlungen zu dem Fall eine routinemäßige Befragung in seiner Wohnung anberaumt. Der Mordfall Michelle ist so nach sieben Monaten Ermittlungsarbeit aufgeklärt.
Während der Vernehmung behauptete der Verdächtige zunächst, ein Unbekannter habe ihm nach Michelles Verschwinden einen Sack zugeworfen mit der Aufforderung, diesen "zu entsorgen". Kriminaldirektor Uwe Matthias sagte: "Nach ersten Aussagen gab er nur zu, die Leiche des Kindes beseitigt zu haben. Erst nach einer neuerlichen Befragung hat der junge Mann ein Geständnis abgelegt." Der Jugendliche räumte schließlich ein, das Mädchen noch am Tag seines Verschwindens umgebracht zu haben. Zudem habe er versucht, die Achtjährige sexuell zu missbrauchen. Anhand seiner Aussagen fanden die Ermittler die pinkfarbene Tasche von Michelle, die seit der Tat verschwunden war und die noch immer wichtige Beweisstücke wie ihre Jacke beinhaltet. Gestern wurde gegen Daniel V. Haftbefehl erlassen.
Polizeipräsident Horst Wawrzynski sagte, er sei froh, dass Leipzig nun von "diesem Albtraum" befreit sei. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) bekräftigte, dass die Polizei keine Chance gehabt hätte, das Mädchen lebend zu finden.
Daniel V. lebte mit seiner Mutter in der Nachbarschaft von Michelle. Er machte eine Ausbildung zum Sozialassistenten und vertrieb sich seine Freizeit mit Hockeyspielen. Michelle hatte er während seiner Arbeit kennengelernt. Er wollte sich bislang jedoch noch nicht zu den Hintergründen der Tat äußern.
Die Polizei hatte eine 180-köpfige Sonderkommission zu dem Mordfall einberufen. Diese war rund 20 000 Hinweisen und Spuren nachgegangen, hatte Fingerabdrücke und Hautschuppen ausgewertet und mehr als 10 000 Anwohner befragt. Die Ermittlungskreise wurden immer enger, die Spuren immer deutlicher. Schließlich fühlte sich Daniel V. dem Druck nicht mehr gewachsen und ging zur Polizei.
Michelles Familie ist über die Festnahme erleichtert. Sie war nach dem Tod der Achtjährigen weggezogen. Die Anwältin der Eltern, Ina Alexandra Tust, sagte, der Vater habe "sehr ruhig und gefasst" reagiert. Auch viele Familien aus Döbeln und Umgebung können aufatmen. Für ihre Kinder kann Daniel V. nun keine Gefahr mehr sein.