Der europäische Luftraum ist derzeit nicht beeinträchtigt von der Aschewolke des Vulkans. Ende der Woche könnte die Wolke Großbritannien erreichen.
Brüssel/London. Die Bilder aus dem vergangenen Jahr sind den meisten Menschen noch im Kopf. Flughäfen waren lahmgelegt, Kanzlerin Angela Merkel musste von Italien aus mit Bus und Bahn nach Berlin zurückkehren. Ein isländischer Vulkan hatte Aschewolken produziert, die zu gefährlich für den Flugverkehr waren. Die EU erwartet nach dem neuerlichen Vulkanausbruch auf Island leichte Beeinträchtigungen im europäischen Luftverkehr, aber kein Chaos wie bei der Aschewolke des vergangenen Jahres. Das sagte die Sprecherin von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, Helen Kearns, am Montag in Brüssel. Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Leiter von Eurocontrol, Brian Flynn, über die Folgen der Eruption des Grimsvötn.
„Von heute an oder ab morgen ist eine Beeinträchtigung möglich, zunächst in nordwestlichen Regionen wie Großbritannien und Irland“, sagte Kearns in Brüssel. Genaue Prognosen seien derzeit aber noch nicht möglich. Ein Chaos am europäischen Himmel wie vor einem Jahr sei wegen der anderen Wetterlage unwahrscheinlich.
Auch der stellvertretende Leiter der Brüsseler Eurocontrol sagte, selbst im Falle eines Eindringens der Aschewolke in den europäischen Luftraum „sind wir sehr zuversichtlich, dass es im Falle einer Störung ein wesentlich geringeres Ausmaß sein wird, als wir im vergangenen Jahr erlebten“. Zurzeit sei überhaupt nicht absehbar, wie sich die Lage entwickle, fügte Flynn hinzu.
Um für den Fall abermaliger Luftraumsperrungen die Reaktionen in Europa besser zu koordinieren, will Kommissar Kallas Hearns zufolge noch am (heutigen) Montag mit den EU-Verkehrsministern telefonieren. Bereits am Morgen habe eine Krisenzelle mit Vertretern der nationalen Luftaufsichtsbehörden, der Flughäfen, der Airlines und der europäischen Aufsichtsbehörde Eurocontrol über Notfallpläne beraten.
Allerdings ist die EU bei der Vorbereitung etwaiger neuer Luftraumsperrungen auch mehr als ein Jahr nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökulls kaum vorangekommen. So gebe es noch keinen einheitlichen Grenzwert für eine Aschebelastung, bis zu dem Flüge als unbedenklich gelten würden, sagte Kearns. Daher müssten weiterhin die Fluggesellschaften das Sicherheitsrisiko für ihre Maschinen beurteilen, und auf dieser Grundlage die nationalen Luftaufsichtsbehörden eine etwaige Schließung von Lufträumen verhängen.
Zudem wurden keine Fortschritte dabei erzielt, für den Ausfall von Flugzeugen zusätzliche Zugverbindungen bereitzustellen, damit der Verkehr innerhalb Europas nicht noch ein Mal zum Erliegen kommt. Kallas wolle auch darüber mit den Verkehrsministern beraten, sagte Kearns. Die EU-Kommission hoffe, dass die nationalen Regierungen die Bürger ausreichend über alternative Reisemöglichkeiten informieren würden.
Am Montag fiel nach Angaben der dänischen Flugaufsicht der einzige Flug von Grönland nach Kopenhagen wegen der Aschewolke aus. Auch die Flugaufsicht in Oslo erwartete Störungen des Luftverkehrs zwischen Norwegen und der Inselgruppe Spitzbergen nördlich des Polarkreises. Die Aschewolke des Grimsvötns stand am Montag 6.000 bis 10.500 Meter hoch und zog von Island nordwärts, wie Modellberechnungen von Eurocontrol zeigten.
Der britische Außenminister William Hague erwartete für sein Land keine Gefährdung des Luftverkehrs. Die britischen Behörden verfügten über mehr Informationen über die Verbreitung von Asche im Luftraum als noch vor einem Jahr. Es sei zudem unwahrscheinlich, dass ein generelles Flugverbot erlassen werden müsse.
Wegen des erneuten Vulkanausbruchs auf Island musste am Sonntag der internationale Flughafen von Reykjavik aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Nach Angaben des britischen Meteorologieamtes könnte die Asche des Grimsvötn Großbritannien zum Ende der Woche erreichen.
Im vergangenem Jahr führte der Ausbruch des Eyjafjallajökulls auf Island zu chaotischen Zuständen im europäischen Flugverkehr. Fünf Tage wurde der Flugverkehr unterbrochen, tausende Flüge fielen aus. Millionen von Flugreisenden strandeten auf Flughäfen, die Fluggesellschaften erlitten Millionenverluste. Großbritannien wurde dabei besonders hart getroffen. (dapd)
Vulkanasche kann Flugzeuge beschädigen
Vulkanasche kann Scheiben und Triebwerke von Flugzeugen tatsächlich beschädigen. Das gilt zumindest, wenn die Teilchen so hart und scharfkantig sind, wie die des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull. Ein isländisch-dänisches Forscherteam hatte die Asche vom Ausbruch des Vulkans im April vergangenen Jahres untersucht. Ergebnis: Die Partikel sind hart genug gewesen, um beim Aufschlag ein Pilotenfenster undurchsichtig werden zu lassen.
Im Labor seien die Aschepartikel bereits bei unter 1150 Grad Celsius flüssig geworden, „also würden sie auch leicht im Motor eines Düsenflugzeugs schmelzen, der Temperaturen von 1500 bis 2000 Grad erreicht.“ Geschmolzene Ascheteilchen können sich anschließend auf den kühleren Turbinenschaufeln ablagern und so allmählich die Triebwerke der Maschinen zerstören: „Daher waren die Bedenken um den Lufttransport berechtigt“, resümiert das Team um Sigurdur Gislason (Universität von Island) in den „Proceedings“ der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) vom 26. April 2011.