Hamburg. Der brasilianische Stürmer spielt bei den Kiezkickern weiterhin keine echte Rolle. Im Winter-Transferfenster gibt es mehrere Optionen.
Die Busfahrt vom Teamhotel am Dammtor zum Millerntor-Stadion ist für die meisten Spieler des FC St. Pauli Routine. Knapp drei Kilometer geht es vorbei an Planten un Blomen und dem Heiligengeistfeld, auf dem zurzeit wieder die Lichter des Hamburger Doms leuchten, ehe der Bus in der Ecke zwischen Südtribüne und Gegengerade zum Stehen kommt.
Für Maurides war dies am vergangenen Freitagabend ein ungewohnter Ablauf. Beim 3:1-Sieg gegen Mitaufsteiger Holstein Kiel stand der brasilianische Stürmer das erste Mal nach siebeneinhalb Monaten wieder im Spieltagskader. Zuletzt war das am 14. April bei der 3:4-Heimniederlage gegen die SV Elversberg der Fall.
FC St. Pauli: Maurides fiel im Sommer in Ungnade
Dazwischen lagen für Maurides die Aufstiegsfeier auf St. Pauli, ein ausgedehnter Heimaturlaub inklusive der Hochzeit mit seiner Frau Mayke, zehn Kilogramm Übergewicht beim Trainingsauftakt im Sommer und wochenlanges Einzeltraining, um seinen Körper in einen vertretbaren Zustand zu bekommen. Dass er Mitte Juli nicht mal mit ins Trainingslager nach Österreich reisen durfte, erfuhr der Angreifer aus einem Abendblatt-Bericht.
Das Kader-Comeback des 30-Jährigen, der seit dieser Saison die Nummer 33 statt der Nummer 9 trägt, hat für Andreas Bornemann mehrere Gründe. „Da spielen zwei Dinge mit rein. Zum einen zeigt er im Training eine gute Intensität und Einsatzbereitschaft, zum anderen war es aber auch der Umstand, dass zuletzt einige Offensivspieler aufgrund von Verletzungen nicht zur Verfügung standen“, sagt St. Paulis Sportchef.
Mehrere Optionen im Wintertransferfenster
Dennoch ist nicht zu erwarten, dass Maurides in naher Zukunft Stammspieler wie Johannes Eggestein oder Morgan Guilavogui aus der Startelf schieben wird. Auch in der Einwechsel-Hierarchie stehen Spieler wie Andreas Albers noch deutlich über ihm. Dass es im kommenden Wintertransferfenster angesichts der Perspektivlosigkeit zu einem Abgang kommen wird, ist dennoch aus verschiedenen Gründen nicht zu erwarten.
„Es ist zu diesem Zeitpunkt noch schwierig, über das Wintertransferfenster zu sprechen, weil noch viele Variablen unklar sind. Es geht grundsätzlich immer darum, wie der Verein und der Spieler jeweils ihre Situation einordnen“, sagt Bornemann.
Monatliches Gehalt zwischen 40.000 und 50.000 Euro
Nach Abendblatt-Informationen gibt es bei Maurides gleich mehrere Gründe, die gegen einen Abgang sprechen. Der Offensichtlichste: Durch sein unprofessionelles Verhalten in der Sommerpause hat sich der 1,89-Meter-Mann selbst vom Markt genommen. Und auch obwohl er mittlerweile wieder näher an die Mannschaft herangerückt ist, ist ein Stürmer ohne Spielpraxis für viele Clubs unattraktiv.
Hinzu kommt, dass Maurides nach Abendblatt-Informationen kein Geringverdiener sein soll. Monatlich streicht der Brasilianer ein Gehalt im Bereich zwischen 40.000 und 50.000 Euro ein. Dies ist eine Summe, mit der er bei einem Vereinswechsel nicht annähernd rechnen könnte.
Vertrag des Stürmers läuft noch bis Sommer 2026
Einfach bis zum Saisonende aussitzen kann St. Pauli den Vertrag dummerweise aber auch nicht. Denn als Maurides im Winter 2022 vom polnischen Erstligisten Radomiak Radom an die Elbe wechselte, unterschrieb er ein Arbeitspapier bis Sommer 2026. Diese lange Laufzeit könnte für St. Pauli nun Fluch und Segen zugleich sein. Denn während im letzten Vertragsjahr keine Leihe mehr möglich sein wird, könnte sich zumindest in diesem Winter ein halbjähriger Abnehmer für Maurides finden – sofern sich zwischen den Clubs und dem Spieler Einigkeit über das Gehalt erzielen ließe.
Wenn es nicht so kommen sollte, dürfte Trainer Alexander Blessin dem Stürmer weiterhin eine faire Chance geben. Auch innerhalb der Mannschaft wird er weiterhin anerkannt. „Maurides ist kein Problemfall innerhalb des Kaders, er hat sich aber im Sommer selbst einer besseren Ausgangslage beraubt“, sagt auch Bornemann.
Systemumstellung könnte Einfluss auf Transferpläne haben
Die weiteren Transferplanungen im Winter gestalten sich bei St. Pauli noch schwierig. Durch Blessins Systemumstellung vom 3-5-2 auf ein 3-4-3 ist im Sturmzentrum eine Position weggefallen. Gerüchte, wonach die Kiezkicker Union Berlins Ivan Prtajin oder Leonardo Rocha von Maurides’ Ex-Club Radomiak Radom als neuen Mittelstürmer verpflichten wollen, entsprechen nach Abendblatt-Informationen aktuell nicht der Wahrheit.
Die Verpflichtung eines Offensivspielers ist dennoch weiterhin wahrscheinlich. Dies liegt auch an der aktuellen Verletzungssituation. Die offensiven Mittelfeldspieler Connor Metcalfe (Adduktoren/Schambein) und Scott Banks (Rücken) fallen bereits seit Wochen aus. Eine Rückkehrprognose ist derzeit schwierig, da beide Verletzungen nicht wie ein einfacher Bänderriss mit einer exakten Ausfallzeit beziffert werden können, sondern der Heilungsverlauf sehr individuell sein kann.
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Da der Kader – wie auch die Berücksichtigung von Maurides gegen Kiel zeigt – derzeit ziemlich schmal ist und auch bei einer Rückkehr aller angeschlagenen Spieler nicht überquillt, dürfte sich auf der Abgangsseite im Winter nach aktuellem Stand kaum etwas tun.
Auch bei Ergänzungsspielern wie Erik Ahlstrand, der in Liga und DFB-Pokal bisher nur auf 24 Minuten und ansonsten bei der Regionalligamannschaft zum Einsatz kommt, werden die Kiezkicker keine Wechselempfehlung aussprechen. Gleiches gilt für Spieler wie Danel Sinani (bisher insgesamt 120 Einsatzminuten) und Adam Dzwigala (96 Einsatzminuten), bei denen man ebenso weiß, dass sie im Falle eines personellen Engpasses wichtig werden können.
David Nemeth kämpfte sich zurück in die Startelf
Wie schnell sich Situationen ändern können, zeigt zurzeit der Fall David Nemeth. Monatelang war der österreichische Innenverteidiger außen vor, musste sich Spielpraxis in der U 23 holen. Als dann aber vor rund zwei Wochen Karol Mets mit Patellasehnenproblemen ausfiel, war Nemeth plötzlich Stammspieler, machte seine Sache gut und wird wohl auch am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky) im Auswärtsspiel bei Bayer Leverkusen auf dem Platz stehen.
Maurides indes müsste als gläubiger Christ wohl noch kräftig für ein Weihnachtswunder beten, um zeitnah nicht nur im Mannschaftsbus, sondern auch auf dem Platz wieder dabei zu sein.