Hamburg. Die Hamburger sahen sich nach dem 0:1 gegen den FC Bayern in ihrem Weg bestätigt, müssen sich aber um einen wichtigen Spieler sorgen.

Jamal Musiala beendete seinen Arbeitstag am Sonnabend mit einem lässigen Instagram-Post. „Job erledigt“, schrieb der Ausnahmespieler des FC Bayern München, dessen 27-Meter-Traumtor zur 0:1 (0:1)-Niederlage des FC St. Pauli geführt hatte. „Den schießt nicht jeder so rein“, sagte St. Paulis Carlo Boukhalfa, der den Ball zuvor gemeinsam mit Johannes Eggestein verloren hatte. „Wenn man hier etwas mitnehmen will, muss man ein perfektes Spiel machen. Heute ist es eine Situation, die uns den Sieg kostet.“

So nüchtern konnte man die Partie gegen den Rekordmeister einordnen, denn zum perfekten Spiel fehlte St. Pauli tatsächlich nicht viel. Auch Eggestein antwortete auf die Frage, ob der Matchplan zu 95 Prozent aufgegangen sei, mit einem klaren Ja. „Es überwiegt die Enttäuschung. Irgendwie hatte man das Gefühl, dass heute zumindest ein Punkt drin war“, sagte der fast bemitleidenswerte Stürmer, dessen Duell mit den bajuwarischen Abwehrbrechern Dayot Upamecano und Minjae Kim eigentlich keines war. „Ich habe irgendwie versucht, mich in ihre Körper reinzuhauen. Das war aber sehr schwierig“, sagte Eggestein.

FC St. Pauli tut sich offensiv gegen Bayern enorm schwer

Klar, offensiv war es überschaubar, was St. Pauli gelang. 29 Prozent Ballbesitz, drei Schüsse neben das Tor, dazu fünf ungefährliche Eckbälle – Bayern-Keeper Manuel Neuer konnte über weite Phasen entspannt das Lichterfunkeln des Hamburger Doms bewundern. „Das war ein hartes Spiel für sie, so viel verteidigen zu müssen und nur wenige offensive Momente zu haben“, sagte Kapitän Jackson Irvine über die eigenen Angreifer. „Es werden aber auch wieder Gegner kommen, gegen die wir mehr Ballbesitz haben. Aber wenn du gegen diese Spieler zu offen bist, dann killen sie dich.“

St. Paulis Schlussmann Nikola Vasilj hatte zwar mehr zu tun als Neuer, allerdings bei weitem nicht so viel, wie es zu befürchten war. Der dichte 5-4-1-Abwehrblock, in den sich die Hamburger rund 30 Meter vor dem eigenen Tor zurückzogen, machte es den Gästen unheimlich schwierig. Selbst Bayern-Star Thomas Müller sagte anerkennend: „Der FC St. Pauli hat ein exzellentes Spiel gemacht. Dieses 5-4-1, mit dieser Aktivität – die haben Meter geklaut.“ 

Nur elf Gegentore in den ersten zehn Bundesligaspielen

Bis zur Schlussphase, in der das Team von Trainer Alexander Blessin etwas mehr Risiko ging, blieb der FC Bayern ohne echte Großchance. „Das sagt über uns aus, dass wir sehr gut zusammen verteidigen. Das haben wir uns dieses Jahr im Training extrem erarbeitet mit Alex, der einen Fokus auf die Verteidigungsarbeit gelegt hat“, sagte Eggestein.

Elf Gegentore in den ersten zehn Bundesligaspielen sind Ausdruck dieser Abwehrstärke, nur RB Leipzig (fünf), Union Berlin (acht), der SC Freiburg (elf) und Gegner Bayern (sieben) kassierten bisher weniger oder gleich viel. „Es ist sehr eklig, gegen uns zu spielen. Das gibt uns die Möglichkeit, immer etwas mitzunehmen“, sagte Eggestein. Und Irvine ergänzte: „Es war ein weiterer Beweis, dass wir in diese Liga gehören. Wir gehen jetzt mit einem klareren Bild in die Spiele, wie das Spiel sein wird. Diese Erfahrung wächst bei jedem Spieler von uns.“ 

Bochum und Kiel kassierten bereits hohe Pleiten

Insbesondere im Vergleich mit den anderen Abstiegskandidaten VfL Bochum und Holstein Kiel wird St. Paulis größte Stärke deutlich. Selbst gegen die besten Offensiven der Liga können die Hamburger verteidigen, kassierten in den Spielen gegen Leipzig (0:0), Borussia Dortmund (1:2) und nun Bayern insgesamt nur drei Gegentore. Schmerzhafte Klatschen bekommt man auf dem Kiez nur, wenn man frech zum Türsteher ist.

Zum Vergleich: Sowohl Kiel (1:6 gegen Bayern, 2:4 gegen Frankfurt) als auch Bochum (0:5 gegen Bayern, 2:7 gegen Frankfurt) mussten in dieser Saison schon andere Erfahrungen machen. „Wenn du diese Basis nicht hast, hast du in dieser Liga keine Chance“, sagte Irvine zur eigenen Defensivstärke, die nun aber bedroht ist. Abwehrchef Eric Smith verletzte sich in der Schlussphase am hinteren Oberschenkel, als er Musiala im letzten Moment am 0:2 hinderte.

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„Er hatte ein Ziehen hinten im Oberschenkel gespürt. Jetzt hoffe ich natürlich nicht, dass er – das wäre der Worst Case – länger ausfällt“, sagte Blessin. „Ich hoffe, dass es nur eine Verhärtung wird. Sonst wäre es echt bescheiden.“ Eine Diagnose wird an diesem Montag erwartet. Die Hoffnung ist, dass Smith seine Oberschenkelverletzung wie Linksverteidiger Philipp Treu über die Länderspielpause bis zum Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach (24. November) auskurieren kann.

Im Gastspiel bei den Fohlen darf es vorne dann gerne wieder etwas gefährlicher werden. Damit auch die St.-Pauli-Stürmer mal selbst posten können: „Job erledigt.“