Hamburg. Beim 0:1 gegen Bayern gab es Aufregung über zwei harte Kim-Fouls. Der Trainer der Kiezkicker schimpfte vor allem über eine Person.

Vincent Kompany hatte den Pressekonferenzraum des Millerntor-Stadions am Sonnabendabend bereits verlassen, um mit seinem FC Bayern den Flieger zurück nach München zu bekommen, als Alexander Blessin noch mal Puls bekam. Auslöser war eine Frage nach den zwei harten Fouls von Bayern-Innenverteidiger Minjae Kim (66. und 83. Minute) sowie das anschließende Verhalten des Schiedsrichterteams bei der 0:1-Niederlage des FC St. Pauli.

„Wenn er so mit dem offenen Fuß reingeht, nimmt er billigend in Kauf, dass wir wieder eine Verletzung haben. Wir haben das dieses Jahr schon mal gehabt. Das muss auch dementsprechend bestraft werden“, schimpfte Blessin vor allem über die erste Szene, als Kim im Mittelfeld St. Paulis Morgan Guilavogui umgrätschte. „Ich will es gar nicht in der Zeitlupe sehen, weil es da wahrscheinlich noch schlimmer aussieht.“

FC St. Pauli: Blessin ärgerte sich über die Schiedsrichter

Eine ähnliche Szene hatte erst vor einigen Wochen zu einer schweren Verletzung von Elias Saad (Innenband- und Syndesmosebandriss) geführt, als dieser beim 0:3 gegen Mainz 05 von Dominik Kohr böse umgegrätscht worden war. „Ich finde, dass es einem zusteht, Emotionen zu zeigen, wenn solche Situationen passieren“, sagte Blessin nun auch angesichts dieser Vorgeschichte. Bereits nach dem Mainz-Spiel hatte der Hamburger Coach bemängelt, dass die Unparteiischen seine Spieler zu wenig schützen würden.

FC St. Pauli 1910 v FC Bayern München - Bundesliga
Bayern-Profi Minjae Kim (M.) hatte Glück, in der zweiten Halbzeit nicht vom Platz geflogen zu sein. © Getty Images | Stuart Franklin

„Er war deutlich zu spät, hat mir dann aber noch auf dem Platz gesagt, dass es aus seiner Sicht eine Fifty-fifty-Situation gewesen sei. Da meinte ich nur, dass ich das nicht glaube“, sagte St.-Pauli-Stürmer Johannes Eggestein zu Kim. Insbesondere nach dessen zweitem Foul hätte man aus Eggesteins Sicht auch Gelb-Rot geben können, „wenn man das will“. Schiedsrichter Gerach wollte sich auf Abendblatt-Nachfrage nicht äußern.

DFB-Schiedsrichtersprecher Feuerherdt verteidigt Gerach

Stattdessen teilte DFB-Schiedsrichtersprecher Alexander Feuerherdt auf Nachfrage mit, dass die Bewertung der Kim-Fouls nachvollziehbar sei. „Das Foulspiel von Minjae Kim in der 66. Minute wurde aus unserer Sicht mit einer Gelben Karte korrekt und ausreichend geahndet, weil es rücksichtslos war. Zwar war die Intensität des Einsatzes erhöht, doch das Trefferbild sprach nicht dafür, das Vergehen als rotwürdig einzuordnen. Zudem galt der Einsatz dem Ball, auch das ist bei der Strafzumessung zu berücksichtigen“, sagt Feuerherdt.

Zum zweiten Foul des Südkoreaners sagte Feuerherdt: „Beim Foulspiel von Minjae in der 83. Minute gingen er und sein Gegenspieler Andreas Albers beide mit hohem Bein zum Ball. Albers erreichte den Ball dabei kurz vor Minjae, der den Gegner seitlich am Fuß traf. Dieses Foulspiel lediglich als fahrlässig, aber nicht als rücksichtslos zu bewerten und somit auf eine weitere Verwarnung zu verzichten, lag im zulässigen Ermessen des Schiedsrichters.“

Blessin: „Ich will nicht über einen Bayern-Bonus reden, aber...“

Blessin ging in Anbetracht des zweiten Fouls sogar noch einen Schritt weiter: „Ich will nicht über einen Bayern-Bonus reden, bin mir aber sicher, dass wir Gelb-Rot dafür bekommen hätten“, sagte der Trainer, der sich aber nicht nur über die bloße Entscheidung, sondern auch über das anschließende Verhalten der Unparteiischen um Schiedsrichter Timo Gerach ärgerte.

„Ich muss jetzt aufpassen, was ich sage, weil ich dafür auch Gelb bekommen habe“, sagte Blessin. Auch Manolis Saliakas, der sich unter anderem mit einer Videobeweis-Geste beschwert hatte, sah für seinen Einspruch sofort Gelb. Bei Blessin ist es bereits die dritte Gelbe Karte der laufenden Saison, bei einer weiteren Verwarnung wäre er für ein Spiel gesperrt.

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„Wenn ich jetzt ein bisschen mit der Hand wedele und einen Meter aus der Coaching-Zone rausgehe, erfordert das auch ein bisschen Fingerspitzengefühl“, sagte Blessin vor allem in Bezug auf den Vierten Offiziellen René Rohde. „Ich wünsche mir, dass man da mehr in die Kommunikation geht. Viele sind dann sehr schnell nicht deeskalierend, sondern eher auf der Schiene, was ich denn jetzt von ihm wolle. Das ist mir zu arrogant.“

Droht Blessin eine Strafe für das Andeuten eines Bayern-Bonus?

Ob ihm diese Aussage oder die Andeutung eines „Bayern-Bonus“ noch eine Strafe kosten wird, bleibt abzuwarten. Vor einigen Tagen hatte der DFB bereits ausgerechnet Dominik Kohr mit einer 10.000-Euro-Strafe belegt, weil dieser nach der 0:4-Niederlage im DFB-Pokal von einem „Bayern-Bonus“ gesprochen hatte.

Feuerherdt teilte derweil mit: „Generell ist zu sagen, dass Kommunikation auf Augenhöhe und Deeskalation das Ziel und die Aufgabe des Vierten Offiziellen sind. Dies funktioniert nach unserer Erfahrung in der Regel gut. Ein arrogantes Vorgehen des Vierten Offiziellen in der fraglichen Szene können wir nicht feststellen, und die Verwarnung für Cheftrainer Blessin halten wir für angemessen.“