Wolfsburg/Hamburg. Zwei Welten treffen aufeinander, wenn FC St. Pauli auf Wolfsburg trifft. Dessen Geschäftsführer Michael Meeske ist ein alter Bekannter.
Ein wenig ärgert sich Michael Meeske noch immer über den vor Monaten erstellten Bundesliga-Spielplan. Ausgerechnet für das jetzt anstehende Wochenende, genauer für Sonnabend (15.30 Uhr), hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Partie zwischen dem FC St. Pauli und dem VfL Wolfsburg angesetzt. „Leider werde ich das Spiel nicht vor Ort sehen können, weil ich zeitgleich auf einer Familienfeier in Spanien bin“, berichtet Meeske im Gespräch mit dem Abendblatt.
Im Millerntor-Stadion hätte der 52 Jahre alte Geschäftsführer des VfL Wolfsburg einen Tag vor seinem Geburtstag viele alte Bekannte getroffen, war er doch von Ende 2004 bis zum Spätsommer 2015 als kaufmännischer Geschäftsführer beim FC St. Pauli tätig. In dieser Funktion war er maßgeblich zunächst an der Abwendung der drohenden Insolvenz, dem Wandel des Vereins zu einem seriös wirtschaftenden, profitablen Club und schließlich am sukzessiven Neubau des Stadions beteiligt. „Es war eine spannende Zeit mit prägenden Erlebnissen wie den Aufstiegen in die Zweite Liga 2007 und in die Bundesliga 2010 oder dem 100-Jahre-Jubiläum“, sagt Meeske. Da seine Familie weiter in Hamburg wohnt, verfolgt er das Geschehen im Hamburger Sport und bei St. Pauli ohnehin weiter intensiv.
FC St. Pauli trifft am Sonnabend auf den VfL Wolfsburg
Nach einem gut dreijährigen Abstecher beim 1. FC Nürnberg zog es ihn im Herbst 2018 zum VfL Wolfsburg, wo er heute als einer von drei Geschäftsführern an der Spitze der VfL Wolfsburg-Fußball GmbH steht, die – dank der Ausnahme von der 50+1-Regel – eine einhundertprozentige Tochter der Volkswagen AG ist.
Wie verträgt es sich denn, nach einer so langen Zeit beim mitgliedergeführten und betont basisdemokratischen FC St. Pauli und beim großen Traditionsverein FCN jetzt für einen lupenreinen Werksclub zu arbeiten? Meeske hat darauf eine recht pragmatische Antwort: „Es ist für mich aus beruflicher Sicht sehr spannend, ganz unterschiedliche Vereinsstrukturen zu erleben. Da mögen Puristen vielleicht die Nase rümpfen, aber ich finde, es hat alles seinen Reiz und alles seine Vor- und Nachteile.“ Und er betont: „Wenn man für die Kommerzialisierung verantwortlich ist, was ja meine zentrale Aufgabe in Wolfsburg ist, ist es natürlich einfacher, wenn eher unternehmerische Prozesse die Grundlage des Handelns sind.“
Ohne VW kein Bundesliga-Fußball in Wolfsburg
Der These, beim VfL unbegrenzte finanzielle Möglichkeiten zu haben, widerspricht Meeske aber vehement. „Es wird sehr rational überprüft, welche Budgets wir erhalten können, und vor allem auch, wie wir damit umgehen. Am Ende muss eben jeder Verein die Wirtschaftskraft seiner Region bestmöglich nutzen. Nichts anderes tun wir mit Volkswagen, den anderen Unternehmen und den Menschen, die in der Region leben. Bei etwas mehr als 100.000 Einwohnern in Wolfsburg ist man darauf angewiesen, dass es zumindest einen sehr großen Partner gibt“, sagt er und stellt klar: „Sonst würde sich in einer Stadt dieser Größe kaum die Möglichkeit ergeben, in der Bundesliga vertreten zu sein.“
In der derzeit krisengeplagten Lage der deutschen Autoindustrie gebe es jetzt auch keine Mittel für größere strategische Investitionen der Fußball GmbH. „Klarer Fokus auf das Kerngeschäft“ lautet aktuell die Devise.
Meeske schaut mit Interesse auf St. Paulis Genossenschaft
Aus beruflichem Interesse, aber auch wegen seiner Kontakte zum Ex-Verein schaut Michael Meeske gespannt darauf, wie sich die ins Leben gerufene Genossenschaft des FC St. Pauli entwickeln wird. „Schon zu meiner Zeit bei St. Pauli war so ein Modell im Rahmen der Diskussion um die Fan-Anleihe ein Thema. Ich finde es gut, sich dabei auf das Stadion als Heimstätte des Vereins zu fokussieren“, sagt er. Zudem passe es sehr gut zum FC St. Pauli, dass jeder Anteilseigner eine Stimme hat, unabhängig davon, wie viele Anteile er erwirbt.
„Für St. Pauli ist das ein sehr guter Schachzug, der auch erfolgreich sein wird. Wie viele Millionen Euro es dann werden, muss man sehen, aber es wird sicher eine spürbare Unterstützung sein“, prognostiziert er, sagt aber auch: „Ich glaube nicht, dass das eine Blaupause für alle Fußballvereine sein kann.“ Es liegt auf der Hand, dass so ein Modell in Wolfsburg eher nicht gefragt ist.
St. Pauli wartet noch auf den ersten Heimsieg der Saison
Für das Gastspiel seines aktuellen Clubs am Sonnabend bei seinem ehemaligen Verein sieht er „beide Teams schon ein wenig unter Druck“. Als Tabellen-16. wartet St. Pauli noch auf seinen ersten Heimsieg nach dem Aufstieg, Wolfsburg ist nach dem 2:4 gegen Werder Bremen auf Rang 13 zurückgefallen. „Wir stehen nicht dort, wo wir hinwollen. Unsere Zielsetzung ist das internationale Geschäft. Deshalb müssen wir in den nächsten Wochen punkten“, sagt Meeske.
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Zugleich traut er St. Pauli den Klassenverbleib zu. „Ein mentaler Vorteil ist, dass man von vornherein weiß, worum es geht. Den haben die Mannschaften nicht, die eher überraschend in den Abstiegskampf geraten“, weiß er. Zudem schätze er die Arbeit von Sportchef Andreas Bornemann, den er aus der gemeinsamen Zeit in Nürnberg kennt.
Meeske: St. Pauli soll Punkte für den Klassenerhalt holen – nach Sonnabend
Und einen ganz persönlichen Grund, auf den Klassenverbleib beider Clubs zu hoffen, hat er ja – siehe oben – auch: „Damit sich in der nächsten Saison die Gelegenheit für mich bietet, live beim Spiel sein zu können.“ St. Pauli möge also viele Punkte holen – nach Sonnabend.