Dortmund/Hamburg. Die Braun-Weisse Hilfe veröffentlicht Zeugenaussagen über Verletzungen der Intimsphäre. Wie sich der BVB zu den Vorwürfen äußert.
Am vergangenen Freitagabend ärgerten sich die Anhänger des FC St. Pauli, dass ihre Mannschaft trotz einer sehr engagierten Leistung und eines Traumtores von Eric Smith mit 1:2 (0:1) beim hochfavorisierten Team von Borussia Dortmund verloren hatte. Viel größer aber war der Ärger der Auswärtsfans über das, was viele von ihnen beim Zugang zum Signal Iduna Park erlebten.
So berichteten etliche von ihnen, dass es bei der Eingangskontrolle zu erheblichen Verletzungen ihrer Intimsphäre gekommen sei. Die Fanorganisation Braun-Weisse Hilfe hat in den vergangenen Tagen die Aussagen und Vorwürfe der betroffenen St.-Pauli-Anhänger zu den Vorkommnissen gesammelt. Am Mittwochmorgen veröffentlichte die Fanhilfe ein Statement dazu.
St. Paulis Fanhilfe hat Zeugenberichte von Übergriffen gesammelt
Darin heißt es: „Die Braun-Weisse Hilfe erreichten mehrere Berichte, wonach während der Einlasskontrolle durch die Ordner*innen des Ordnungs- und Sicherheitsdienstes die Intimsphäre von Anhänger*innen des FC St. Pauli massiv verletzt wurde. So schilderten die Betroffenen gegenüber der Fanhilfe mehrere höchst invasive Kontrollen durch den Ordnungs-/Sicherheitsdienst.“
Und dann wurde es konkret: Männlichen Fans sei „an die Eier gepackt, also am Hosenstall vorne abgetastet“ und „zweimal richtig an den Hoden gefasst“ worden. Als die Betroffenen dieses „grenzüberschreitende und völlig unprofessionelle Verhalten“ kritisierten, sei ihnen lapidar geantwortet worden, dass „die Kontrollen nun mal so gemacht“ würden.
Weibliche Fans beklagen „beherzten Griff zwischen die Brüste“
Auch bei Anhängerinnen habe es, so die Vorwürfe, an der Eingangskontrolle Übergriffe gegeben. Sie seien unter anderem „beleidigt und belästigt“ worden, heißt es in dem Schreiben. Und weiter: „Es ging so weit, dass ihnen ,ohne Vorwarnung mit beherztem Griff zwischen die Brüste‘ gefasst und sogar in die Innenseite ihres BHs gegriffen wurde.“
Einordnend schreibt die Braun-Weisse Hilfe in ihrem Statement: „Die Einlasskontrolle, welche auch das Abtasten des Körpers beinhaltet, gehört zu jedem Stadionbesuch dazu. Fußballfans sind sie gewohnt und reagieren routiniert darauf. Allerdings gibt es hier ganz klare Grenzen, wozu unter anderem das Berühren von besonders intimen Körperzonen zählt. Dass Frauen dabei jedoch an die Brust und Männern zwischen die Beine gegriffen wird, ist nicht hinzunehmen. Dies ist eine Grenzüberschreitung, die in keinem Stadion, von keinem Fan zu tolerieren ist – egal wo!“
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Auch die Mitglieder der Fanhilfe beklagen, selbst von Ordnern angegangen worden zu sein. So heißt es in dem Statement: „Nachdem einige Betroffene sich bereits während des Spiels an die Fanhilfe gewendet hatten, entschlossen sich Vertreter*innen der Braun-Weissen Hilfe dazu, die Dienstnummern einiger Ordner*innen zu notieren, welche als besonders übergriffig und aggressiv aufgefallen waren. Ein Vorgehen, das niemanden überraschen sollte – ist das Ermöglichen einer späteren Aufklärung doch gerade der Sinn hinter einer solchen Kennzeichnung.“
Mitglieder von St. Paulis Fanhilfe seien angegriffen worden
Daraufhin seien Fanhilfe-Mitglieder von Ordnern körperlich angegriffen worden. „Nur das Engagement von umstehenden St. Pauli-Fans konnte verhindern, dass es hierbei zu Verletzungen kam“, schreibt die Fanhilfe. „Es war ein rechtswidriger Versuch, das Verfolgen der eigenen Verfehlungen durch das Anwenden von körperlicher Gewalt zu verhindern.“ Die Braun-Weisse Hilfe fordert schließlich Borussia Dortmund dazu auf, „das Auftreten des Ordnungs-/Sicherheitsdienstes vereinsintern kritisch aufzuarbeiten“.
BVB kündigt an, die Vorwürfe genauestens zu überprüfen
Am Mittwochabend reagierte BVB-Kommunikationsdirektor Sascha Fligge auf Abendblatt-Anfrage zu den Vorwürfen. „Wir nehmen die Schilderungen der ,Braun-Weiße Hilfe‘ sehr ernst und werden die Vorwürfe, von denen der BVB erst heute ausführlich Kenntnis erlangt hat, genauestens überprüfen. Im Anschluss wird sich Borussia Dortmund abermals mit dem FC St. Pauli austauschen. Einen ersten Kontakt im Anschluss an die o.a. Stellungnahme gab es bereits heute aus Madrid“, teilte Fligge mit.