Scheffau am Wilden Kaiser. Der 21-Jährige hat bisher bei sämtlichen Stationen überzeugt. St.-Pauli-Trainer Blessin vor dem gleichen Schicksal wei Kumpel Zorniger?

Alexander Zorniger konnte es offenbar gar nicht abwarten. „Ich freue mich sehr auf das Wiedersehen mit Robert Wagner, weil wir ein sehr angenehmes Jahr zusammen in Fürth hatten. Genauso sehr freue ich mich aber auch auf das Wiedersehen mit Alex Blessin. Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit, sind damals zum Beispiel in der Oberliga zeitgleich zum selben Verein gewechselt“, erzählte der Trainer der Spielvereinigung Greuther Fürth, als ihn das Abendblatt bereits am frühen Mittwochnachmittag telefonisch auf das Testspiel gegen den FC St. Pauli an diesem Freitag (18 Uhr) ansprach.

Doch anstatt auf das Aufeinandertreffen in der Arena Kufstein zu warten, setzte sich Zorniger schon am Mittwoch spontan ins Auto, fuhr die rund 20 Minuten vom Fürther Trainingslager-Ort Bad Häring nach Scheffau, um sich die Nachmittagseinheit der Kiezkicker vor Ort anzusehen. Während Blessin die Einheit des Bundesligaaufsteigers leitete, saß Zorniger mit St.-Pauli-Sportchef Andreas Bornemann gemütlich im Gras und plauderte, eher er auch Blessin herzlich begrüßte.

FC St. Pauli: Blessin und Zorniger haben gemeinsame Vergangenheit

„2012 haben Ralf Rangnick und ich den Alex zu RB Leipzig geholt. Zwischenzeitlich war auch eine Überlegung, dass er mein Co-Trainer in Leipzig wird. Er hat dann mit der U17 aber selbst eine Mannschaft übernommen“, erzählt Zorniger im Abendblatt-Gespräch. Es war der Beginn einer Trainerlaufbahn, die Blessin über KV Oostende (Belgien), den CFC Genua (Italien) und Union Saint-Gilloise (wieder Belgien) zu St. Pauli führte.

Fussball
Trainer Alexander Blessin macht im Trainingslager einen sehr akribischen Eindruck. © WITTERS | LeonieHorky

„Mir war klar, dass Alex irgendwann als Trainer in Deutschland auftauchen würde. Jetzt hat er einen tollen Verein mit einer tollen Führungsebene gefunden, wenngleich die Bundesliga eine große Challenge für ihn und den Club wird“, sagt Zorniger, der damit nicht nur auf die sportlichen Herausforderungen anspielt: „Die öffentliche Wahrnehmung seines Jobs ist jetzt etwas ganz anderes als bei seinen bisherigen Stationen. In der Bundesliga steht man viel mehr im Fokus.“

Zorniger gratulierte Blessin zur Unterschrift

Mittlerweile stehen Zorniger und Blessin zwar nicht mehr wöchentlich in Kontakt, tauschen sich aber regelmäßig aus. So gratulierte Zorniger seinem früheren Weggefährten selbstverständlich auch per WhatsApp-Nachricht, als dieser Ende Juni bei den Kiezkickern unterschrieb.

Ein Gesprächsthema zwischen Blessin und Zorniger dürfte mit Sicherheit auch schon Mittelfeldspieler Robert Wagner gewesen sein, der in der vergangenen Saison noch leihweise für Fürth aufgelaufen war, ehe sich der 21-Jährige für die kommende Saison vom Bundesligisten SC Freiburg an die Kiezkicker verleihen ließ. „Wir hätten Robert Wagner natürlich gern in Fürth behalten, wussten aber schon früh, dass das illusorisch sein würde. In einem persönlichen Gespräch mit mir hat er verdeutlicht, dass er gerne in die Erste Liga möchte“, sagt Zorniger.

Zorniger lobt Robert Wagners Trainingsfleiß

Bei seinem Stammverein Freiburg wurde Wagner, der gebürtig aus dem Schwarzwald-Städtchen Lahr stammt, ausgebildet, reifte zum Junioren-Nationalspieler, war mit 18 Jahren bereits Stammspieler bei der zweiten Mannschaft in der Dritten Liga. Dann wagte er den Schritt nach Fürth in die Zweite Liga.

„Robi hat einen super Charakter, ist sehr trainingsfleißig, lernwillig und so gut wie nie verletzt. Auf dem Platz ist er sehr zuverlässig und ein absoluter Teamplayer. Es ist in der vergangenen Saison alles aufgegangen, was wir uns von ihm erhofft hatten“, erinnert sich Zorniger. Auch in Fürth setzte sich Wagner durch, stand in der vergangenen Saison 30-mal in der Startformation. Probleme? Gibt es mit ihm nicht.

Auch andere Erstligisten waren an Wagner interessiert

„Robi ist ein super angenehmer Gesprächspartner. Er ist kein emotionaler Typ, sondern sehr reflektiert und reif“, schwärmt Zorniger. „Er hat sich sehr schnell in die Mannschaft eingefunden. Er war genau der Spielertyp, den wir gesucht haben, ein sehr intensiver Box-to-Box-Player.“ Dies blieb auch anderen Clubs nicht verborgen, nach Abendblatt-Informationen lagen Wagner auch Angebote anderer Bundesligisten sowie von Erstligaclubs aus dem Ausland vor.

Für St. Pauli entschied er sich auch wegen Trainer Fabian Hürzeler, der den Club dann aber dummerweise wenig später in Richtung Brighton & Hove Albion verließ. Wagner war gerade im Urlaub in Barcelona, als er davon erfuhr. „Ich habe versucht, den Urlaub zu genießen und mir nicht einen allzu großen Kopf zu machen. Trainerwechsel sind Teil des Profigeschäfts. Es ist die Kunst, sich daran anzupassen“, sagte Wagner zuletzt.

Wagner sieht Ähnlichkeiten zwischen Zorniger und Blessin

Glücklicherweise hat er in Blessin nun eine Traineralternative, die ihm ebenfalls zu passen scheint. „Das Training ist sehr intensiv, es gibt viel Gegenpressing und viele kleine Formen“, sagte Wagner. „Das kannte ich so schon aus Fürth von Alex Zorniger, da gibt es ein paar Ähnlichkeiten.“

In welcher Rolle der Neuzugang künftig bei Blessin unterwegs sein wird, steht noch nicht fest. Im ersten Testspiel gegen den Bremer SV (3:1) war Wagner ein zentraler Mittelfeldspieler in einem 3-4-3-System. Sollten die Kiezkicker allerdings wie geplant einen großgewachsenen Stürmer verpflichten, um mit Doppelspitze in einem 3-5-2-System zu spielen, stünde Wagner im zentralen Mittelfeld eine zusätzliche Position zur Verfügung, auf der er spielen könnte. Als Sechser, Achter oder Zehner ist der Youngster flexibel einsetzbar. Dass St. Pauli in der Bundesliga weniger Ballbesitz haben dürfte, sei für Wagner keine Problem. „Er hat ganz viele Attribute, die auch im Spiel gegen den Ball gefordert sind“, sagt Zorniger.

Mehr zum Thema

Das alles klingt aus Sicht des FC St. Pauli absolut fantastisch – hat aber tatsächlich einen Haken: Sollte Wagner auch in Hamburg einschlagen, dürfte St. Pauli nach der Saison das gleiche Schicksal ereilen wie zuletzt Fürth. Denn in Freiburg hat Wagner nicht ohne Grund einen langfristigen Vertrag. Sein Weg scheint vorgezeichnet.