Hamburg. Bei einem Erfolg in Nürnberg wäre die eigene Bestmarke greifbar. Club-Coach adelt St. Pauli. Wie Schultz personell rotieren könnte.

Für Timo Schultz ist die Angelegenheit ganz einfach. Weil er bisher die Bestmarke gar nicht kannte, habe sie auch keine Bedeutung für ihn, beteuerte der Trainer des FC St. Pauli am Freitagvormittag.

Dabei hat sein Team als aktueller Tabellenführer noch alle Chancen, den vereinsinternen Zweitliga-Hinrundenrekord von 36 Punkten aus den ersten 17 Saisonspielen zu egalisieren und im Idealfall sogar noch zu überbieten.

Aufgestellt worden war diese Bestmarke vor nunmehr zehn Jahren unter Trainer André Schubert in der Saison unmittelbar nach dem bisher letzten Abstieg aus der Bundesliga.

FC St. Pauli fehlen sieben Punkte zum Rekord

Sieben Punkte aus den verbleibenden drei Partien der Hinrunde müsste die aktuelle St.-Pauli-Mannschaft also noch einsammeln, um die 36-Punkte-Marke zu egalisieren. Zwei Siege und ein Unentschieden sind aus den anspruchsvollen Spielen beim 1. FC Nürnberg an diesem Sonntag (13.30 Uhr, Sky und Liveticker bei abendblatt.de), am kommenden Sonnabend (20.30 Uhr) am Millerntor gegen den FC Schalke 04 und bei Fortuna Düsseldorf am 11. Dezember (20.30 Uhr) nötig.

Gewinnt die Mannschaft alle drei Matches, würde sie einen neuen Rekord aufstellen. Klar ist aber auch: Mit einer Niederlage am Sonntag im Nürnberger Max-Morlock-Stadion wäre die Rekordjagd vorzeitig beendet.

„Wir wollen so viele Punkte holen wie möglich, wir wollen jedes Spiel gewinnen. Ob dabei dann ein Rekord herausspringt oder nicht, spielt für uns keine Rolle“, sagte Schultz auf die Frage nach der Bedeutung der möglichen Bestmarke, die von ihm also bestenfalls als hübscher Nebeneffekt betrachtet wird.

St. Pauli: Lawrence ersetzt Medic erneut

Fest steht, dass St. Pauli die Mission Auswärtssieg ohne den an der Nase operierten Innenverteidiger und ehemaligen Nürnberger Jakov Medic wird angehen müssen. „Das Spiel kommt für ihn zu früh. Wir hoffen, dass er in der kommenden Woche auf den Trainingsplatz zurückkehrt“, sagte Schultz über den 23 Jahre alten Kroaten.

Beim 3:1-Heimsieg am Mittwoch gegen Sandhausen war er von James Lawrence (29) überzeugend vertreten worden. Der walisische Nationalspieler wird auch im Match beim „Club“ als Nebenmann von Kapitän Philipp Ziereis erste Wahl sein.

Kehrt Irvine in die Startelf zurück?

Offener ist da schon, wie einige andere Positionen in diesem dritten Spiel der englischen Woche besetzt werden. „Wechsel sind auf jeden Fall denkbar. Wenn wir schon die Möglichkeit haben, auf der einen oder anderen Position etwas Frische hineinzubringen, dann werden wir das auch machen“, sagte Timo Schultz angesichts eines ungewöhnlich großen Angebots an praktisch gleichwertigen Spielern in seinem Profikader.

So bietet sich an, dass Jackson Irvine (28) in die Anfangsformation zurückkehrt, nachdem er gegen Sandhausen nur als Joker ins Spiel gekommen war. Der australische Nationalspieler würde mehr Körperlichkeit ins Spiel bringen als der gegen Sandhausen nur mittelmäßige Finn Ole Becker (21).

St. Pauli: Dittgen und Smith als Optionen

In der Offensive könnte Maximilian Dittgen (26) mit seinem Tempo als Partner des gesetzten Torjägers Guido Burgstaller (32) eine sinnvolle Alternative zum Sturmriesen Simon Makienok (31) sein. „Auch für die letzten 20 Minuten ist Simon immer eine gute Option“, sagte Schultz jetzt dazu.

Von seiner Leistung her überzeugte gegen Sandhausen „Sechser“ Eric Smith (24) bei seinem Startelf-Saisondebüt. Beim lange verletzten Schweden müsse aber genau hingeschaut werden, wie er die 65 Minuten verkraftet habe, erklärte der Trainer.

Schultz hofft auf eine weitere Reaktion

Letztlich aber wird weniger die konkrete Besetzung entscheidend für den Ausgang gegen die defensiv starken Nürnberger (erst zwölf Gegentore) sein, sondern vielmehr, wie wach und spritzig das Team das Spiel angeht.

Vor einer Woche in Darmstadt (0:4) war die Startelf für ihre kollektive Schläfrigkeit in der ersten Halbzeit mit vier Gegentoren bestraft worden. Trainer Schultz ist überzeugt, dass der Lerneffekt daraus über das jüngste Heimspiel gegen Sandhausen hinaus anhält.

„Wir sind schon aus dem 0:1 in Hannover extrem gestärkt hervorgegangen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das nach dem Darmstadt-Spiel auch so sein wird“, sagte er. Nach dem 0:1 bei Hannover 96 am 11. September hatte sein Team fünf Siege in Folge eingefahren und mit dieser Erfolgsserie die Tabellenspitze der Zweiten Liga erobert.

Nürnberg-Coach adelt den FC St. Pauli

Diese Spitzenposition gilt es nun auch in Nürnberg zu verteidigen, wo St. Pauli seit Mai 2016 ungeschlagen ist und im Februar dieses Jahres mit 2:1 gewann. „Grundsätzlich fühlt es sich besser an, wenn man oben in der Tabelle steht als unten. Das Entscheidende ist, dass wir wissen, dass wir uns das erarbeitet haben und wir dranbleiben müssen, damit die Situation möglichst lang so bleibt und wir lange schön weit oben in der Tabelle bleiben“, sagte Schultz am Freitag zur Rolle des Gejagten.

Geschickt umkurvte er so wieder das Wort „Aufstieg“. Nürnbergs Trainer Robert Klauß war da schon direkter und bezeichnete St. Pauli am Freitag als „aktuell beste Mannschaft der Liga.“

Rekord wäre keine Aufstiegsgarantie

Vor zehn Jahren nützte St. Pauli übrigens der Hinrundenrekord am Ende wenig, weil in der Rückrunde lediglich 26 Zähler heraussprangen und die insgesamt 62 Punkte nur zu Platz vier reichten. Mit der erhofften unmittelbaren Rückkehr in die Bundesliga wurde es nichts. Stattdessen stiegen damals Greuther Fürth (70 Punkte) und Eintracht Frankfurt (68) direkt auf, Fortuna Düsseldorf (wie St. Pauli 62 Punkte) setzte sich in der Relegation gegen Hertha BSC durch.

Fazit: Eine Hinrundenbestmarke ist längst keine Garantie für den Bundesliga-Aufstieg, der in dieser Saison für St. Pauli so realistisch wie seit zehn Jahren nicht mehr erscheint.

1. FC Nürnberg: Mathenia – Valentini, Schindler, Sörensen, Handwerker – Geis – Krauß, Tempelmann – Möller Daehli – Dovedan, Shuranov.

FC St. Pauli: Vasilj – Ohlsson, Ziereis, Lawrence, Paqarada – Smith – Irvine, Hartel – Kyereh – Burgstaller, Dittgen.