Darmstadt. Trainer Schultz kritisiert nach dem 0:4 in Darmstadt die Auftritte nach Länderspielpausen. Davor lief es für den Kiezclub noch gut.

Irgendwann demnächst wird sich Timo Schultz den Rahmenterminkalender des Deutschen Fußball-Bundes und der Zweiten Liga herausholen – wenn er es nicht schon längst getan hat – und sich die Wochenenden 29./30. Januar und 26./27. März fett rot anstreichen. Dann ruht der Spielbetrieb der Bundesligen wieder, dann ist erneut Punktspielpause auch für seine Mannschaft.

„Vielleicht ändern wir im kommenden Jahr einmal den Ablauf“, kündigte der Trainer des FC St. Pauli nach der 0:4 (0:4)-Abreibung bei Darmstadt 98 an, „wir müssen uns grundsätzlich fragen, warum wir jedes Mal, wenn wir aus einer Länderspielpause kommen, die erste Halbzeit verschlafen.“

Zweite Bundesliga: „Immer einen Schritt zu langsam"

Vor den 13.000 (überwiegend) euphorischen Fans am Böllenfalltor stolperte sein Team am Sonnabend im vermeintlichen Spitzenspiel beim neuen Tabellenführer der Zweiten Liga in den ersten 45 Minuten von einer Verlegenheit in die nächste. Phillip Tietz (6.), Braydon Manu (29.) und Luca Pfeiffer (39., 42.) nutzten die Chancen, die ihnen die Hamburger boten mit gewohnter Effektivität. Keine Mannschaft in der Liga hat eine bessere Verwertungsquote.

„Wir waren immer einen Schritt zu langsam. Mit den Beinen und mit dem Kopf“, kritisierte Schultz den Auftritt seines Teams, „typisch das 0:3 – wir verlieren drei Duelle hintereinander.“ Vor dem frühen 0:1 passten Jackson Irvine und Afeez Aremu bei einem ewig langen Freistoß nicht auf. „Ein Kindergartenfehler“, ärgerte sich Guido Burgstaller. Kapitän Philipp Ziereis stellte nur fest: „Wir haben kein Bein auf den Platz gekriegt und Darmstadt hat sich in einen Rausch gespielt.“

Schultz kritisiert Auftritte nach Länderspielpausen

Was Schultz besonders ärgerte war, dass die Tore genau so gefallen waren, wie er es am Freitag öffentlich vorhergesagt hatte – „das werde ich nicht mehr machen.“ Lange Bälle, gute Standards, hohe Intensität in den Zweikämpfen, nichts war überraschend. Und dennoch … „Es ist nicht so, dass uns etwas unvorbereitet getroffen hätte“, sagte Schultz, „Laufbereitschaft, Wachheit im Kopf, Griffigkeit in den Zweikämpfen. Das steht immer über allem. Da brauchst du nicht über Taktik zu reden.“

Schon die ersten Halbzeiten bei der 0:1-Auswärtsniederlage bei Hannover 96 am 11. September und beim 4:2-Sieg in Heidenheim am 16. Oktober waren schlecht, in Heidenheim hatte die Mannschaft Glück, dass es nur 0:1 zur Pause stand. „Es waren diese drei Spiele nach den Länderspielpausen, wo wir Probleme hatten“, analysierte der Trainer, „sonst ist es uns bislang gut gelungen, unsere Leistung konstant abzurufen.“

„Wir werden jetzt sicher nicht aufstecken"

Nun geht es also darum, schnellstmöglich Lehren aus dieser Länderspielpausen-Schwäche zu ziehen. Eine will Schultz selbst angehen, die Abläufe ändern, soweit das möglich ist. „Man sieht, dass wir eine Mannschaft sind, die wirklich trainieren und sich vorbereiten muss, es ist deshalb eine spezielle Situation für uns, wenn einige Spieler fehlen“, sagte er mit Blick auf die fünf diesmal abwesenden Nationalspieler Daniel-Kofi Kyereh, Jackson Irvine, Finn Ole Becker, Nikola Vasilj und James Lawrence. „Wenn wir erst am Donnerstag in die letzte Spielvorbereitung starten, dann fehlt uns was.“

Nach dem Auslaufen am Sonntagmorgen ging es deshalb auf dem Trainingsgelände an der Kollaustraße noch in die Fehleranalyse, ab Montag soll sich der Blick wieder nach vorne richten, auf das Nachholspiel gegen den SV Sandhausen am Mittwoch (18.30 Uhr/Sky), wo schon ein Unentschieden reicht, um die Tabellenführung zurückzuerobern. „Wir werden jetzt sicher nicht aufstecken, wir werden uns einmal schütteln und dann geht es weiter“, kündigte Burgstaller an. Schultz findet es auch gut, dass nun Sandhausen kommt: „So müssen wir das Darmstadt-Spiel nicht die ganze Woche mit uns rumschleppen.“

Burgstaller sieht das Positive an der Niederlage

Aber natürlich wird sein Sandhausener Kollege Alois Schwartz genau hingeschaut haben, wie man den FC St. Pauli bearbeiten kann. Eine starke Mannorientierung der Abwehrspieler auf die Angreifer sowie aggressives Anlaufen und harte Zweikämpfe hatten zuvor schon Dynamo Dresden (im Pokal) und Werder Bremen recht erfolgreich praktiziert. Insbesondere für Kyereh ist das kein Spaß, auch in Darmstadt wurde er teilweise sehr hart angegangen. 24-mal wurden St. Paulis Spieler gefoult, selbst gingen sie nur zehnmal unfair zu Werke.

„Die Hauptsache wird sein, dass wir den Kopf wieder schärfer kriegen am Mittwoch, das ist das Hauptthema“, meinte der Trainer. Torjäger Burgstaller glaubt, dass der Rückschlag von Darmstadt eventuell sogar hilfreich sein kann: „Vielleicht war es ganz gut, dass wir mal wieder gesehen haben, was passiert, wenn wir nicht Gas geben.“ Ziereis schöpft Hoffnung aus der zweiten Hälfte: „Da waren wir stabil, haben besser mit dem Ball gespielt.“

„Das Hannover-Spiel hat uns extrem nach vorne gebracht"

Eine „wertvolle Niederlage“ hatte St. Paulis Sportpsychologe Christian Spreckels das 0:1 in Hannover einst genannt. „Ich will das mal in diese Kategorie einsortieren“, erklärte Schultz: „Das Hannover-Spiel hat uns extrem nach vorne gebracht. Danach haben wir ein paar Sachen in Bezug auf die Denkweise angesprochen. Vielleicht kann uns dieses Spiel jetzt in die Situation versetzen, dass wir Schlüsse daraus ziehen und noch mal Schritte vorwärts kommen.“

Darmstadt: Schuhen – Bader, Pfeiffer, Isherwood, Holland – T. Kempe, Gjasula (46. Celic) – Manu (59. Ronstadt), Honsak (76. Karic) – Tietz (82. Berko), Pfeiffer (76. Mehlem). FC St. Pauli: Vasilj – Zander (46. Ohlsson), Ziereis, Medic (46. Lawrence), Paqarada – Aremu (46. Smith) – Irvine, Hartel (46. Benatelli) – Kyereh (86. Buchtmann) – Burgstaller, Amenyido. Tore: 1:0 Tietz (6.), 2:0 Manu (29.), 3:0 Pfeiffer (39.), 4:0 Pfeiffer (41.). Schiedsrichter: Reichel (Stuttgart). Zuschauer: 13.000 (ausverkauft). Gelb: Gjasula (4), Bader (4), Celic – Zander (2). Statistik: Torschüsse: 12:12, Ecken: 5:3, Ballbesitz: 40:60 Prozent.