Hamburg. Fast alle Rennen sind ausgebucht. Beim Marathon sind noch 136 Plätze frei. Streckenrekordler Bernard Koech erhielt ein spezielles Geschenk.
Bernard Koech muss heute noch herzhaft lachen, wenn er das Video seines Zieleinlaufes beim Haspa Marathon des vergangenen Jahres sieht. Der Kenianer war auf den letzten Metern zum Fernsehturm in den falschen Korridor abgebogen, nahm den wild mit den Armen fuchtelnden Organisationschef Frank Thaleiser und Sportstaatsrat Christoph Holstein, der mit dem Zielband auf ihn wartete, nicht wahr , lief unbeirrt statt auf der rechten auf der linken Seite über die weiße Linie. „Ich war komplett im Tunnel“, erzählte der 36-Jährige am Dienstag bei seiner Rückkehr nach Hamburg.
Bernard Koech gewann in Hamburg seinen ersten Marathon
Koech gewann vor einem Jahr an Elbe und Alster seinen ersten Marathon – mit neuem Streckenrekord von 2:04:09 Stunden. Er ist auch bei der 38. Austragung des Hamburger Stadtlaufes über 42,195 Kilometer am 28. April einer der Favoriten des erneut stark besetzten Elitefeldes. Mit den beiden Äthiopiern Tadese Takele (21/ 2:03:24 Stunden) und Getaneh Molla (30/2:03:34) treten diesmal zwei Konkurrenten mit noch schnelleren persönlichen Bestleistungen gegen ihn an.
Koech scheint auch in diesem Frühjahr in Bestform zu sein. Am vergangenen Sonntag gewann er in Paris den dortigen Halbmarathon in 60:43 Minuten, schnupperte ein bisschen „Olympia-Feeling“, wie er sagte. Noch hat er die Hoffnung nicht aufgegeben, bei den Sommerspielen für sein Land starten zu dürfen. Die Kenianer nominieren ihre Läuferinnen und Läufer traditionell erst im Mai, allein der zweimalige Olympiasieger (2016, 2021) und ehemalige Weltrekordler Eliud Kipchoge (39) gilt bisher als gesetzt.
Olympiasieger Kipchoge lief seinen ersten Marathon in Hamburg
Kipchoge hatte im Jahr 2013 seinen ersten Marathon in Hamburg bestritten und ihn in 2:05:30 Stunden gewonnen. Die Zeit war damals Streckenrekord und hatte auch die nächsten neun Jahre Bestand, weil fortan das Wetter die Läufer bremste.
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Seitdem in Hamburg wieder die Sonne scheint, der Wind nicht mehr so böig bläst, fallen die Rekorde. Mit Koechs Siegerzeit war der Haspa Marathon 2023 der sechstschnellste der Welt. „Von wegen die Strecke sei zu hügelig und zu kurvig, in Hamburg können bei entsprechenden äußeren Bedingungen hervorragende Zeiten gelaufen werden“, sagt Thaleiser.
Haspa Marathon: Nur für den Hauptlauf gibt es noch freie Plätze
Superlative liefern schon im Vorwege die Teilnehmerzahlen. Es wird ein Marathon der Rekorde. 38.000 Läuferinnen und Läufer haben für die verschiedenen Rennen gemeldet, so viele wie noch nie in der Geschichte der Veranstaltung, die 1986 mit 8290 Startenden aus 40 Nationen das erste Mal ausgetragen wurde. Ausverkauft sind das Zehntel, der Schülerlauf am Vortag (27. April) mit 12.000 Kindern und Jugendlichen über 4,2 Kilometer, der Halbmarathon (21,1 km/4600 Starter) und die Staffeln (4 x 1650 Starter).
Allein beim Marathon sind 136 von maximal 14.500 Plätzen noch nicht vergeben, was bereits jetzt eine Steigerung um 3300 Anmeldungen gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Bis zum 28. März wären für 120 Euro Nachnominierungen möglich.
Haspa Marathon: Veranstalter hat die Startgelder nicht erhöht
Für das gestiegene Interesse gibt es zwei Erklärungen. Insgesamt nimmt die Zahl der Marathonläuferinnen und -läufer nach der Corona-Pandemie in Deutschland wieder zu, im vergangenen Jahr waren es rund 90.000. In Hamburg wiederum sind die gestaffelten Startgelder (90 bis 120 Euro) nicht erhöht worden und sollen auch für 2025 stabil bleiben.
„Wir kommen an unsere Kapazitätsgrenzen“, sagt Thaleiser. Die Hamburger Straßen würden zwar weitere Teilnehmende verkraften, die räumlichen Möglichkeiten der Messe am Fernsehturm, dort versammeln sich alle Läuferinnen und Läufer vor und nach dem Rennen, sind am Marathon-Sonntag mit erwartet 26.000 Menschen nahezu ausgeschöpft.
Das Zehntel am 27. April ist Deutschlands größter Schülerlauf
Das Zehntel ist inzwischen der größte Schülerlauf Deutschlands, auch weltweit einer der größten. Weil die Stadt diesmal vier statt drei Rennen rund um das Messegelände und Planten un Blomen für den Sonnabend genehmigte, konnte die Zahl der Teilnehmenden um 3000 gesteigert werden. Das Zehntel war innerhalb von 48 Stunden ausverkauft. Die wenigen zurückgegebenen Startplätze sollen in der nächsten Woche auf der Homepage der Veranstaltung angeboten werden.
Mit 3,2 Millionen Euro erreicht auch der Etat des Haspa Marathons eine neue Rekordhöhe, zuletzt lag er bei drei Millionen. 340.000 Euro entfallen davon auf die Elitefelder bei Frauen und Männern, eine Steigerung um rund 50.000 Euro. Die Siegprämien wurden von 20.000 (2023) auf 30.000 Euro heraufgesetzt, für alle Läuferinnen und Läufer, die unter den beiden Streckenrekorden bleiben, werden insgesamt 25.000 Euro ausgeschüttet. Die Summe gilt für beide Geschlechter und muss gegebenenfalls geteilt werden.
Streckenrekordler Bernard Koech erhielt ein HSV-Trikot
Topstars bei den Frauen sind die Kenianerinnen Winfridah Moseti (27/Bestzeit: 2:20:55 Stunden) und Sharon Chelimo (29/2:22:07). Katharina Steinruck (34), die nach überwundenem Long-Covid im Januar in Osaka (Japan) mit 2:24:56 Stunden persönliche Bestzeit lief, am vergangenen Sonntag deutsche Meisterin im Zehn-Kilometer-Straßenlauf wurde, möchte in Hamburg das Resultat ihrer Mutter Katrin Dörre-Heinig (62) toppen, die 1999 bei ihrem Sieg in 2:24:35 Stunden einen deutschen Rekord aufstellte. Sie wird im Trikot ihres Ausrüsters laufen.
In welchem Dress Bernard Koech auf die Strecke gehen wird, ist unklar. Seit diesem Dienstag hat er eine neue Option. Veranstalter Thaleiser überreichte dem Fußballfan ein HSV-Trikot mit der Nummer 42, steht für die Zahl der Marathon-Kilometer, und dem Namen Koech. Der Kenianer bedankte sich höflich, wusste aber wenig mit dem Verein anzufangen. „Second League“, flüsterte jemand. Koech ist Anhänger des FC Barcelona.