Hamburg. Der Kenianer Bernard Koech nahm beim Zieleinlauf plötzlich den falschen Weg. Die Veranstalter reagieren und retten Rekord.
Am Ende hatte Bernard Kiprop Koech (35) etwas die Orientierung verloren, rannte unbeirrt in Richtung des falschen Zielkorridors, der für die Staffelläufer vorgesehen war. Frank Thaleiser, der Cheforganisator des 37. Haspa Marathons, fuchtelte wild mit den Armen, wollte ihn auf den rechten Weg bringen, der Kenianer hatte jedoch nur noch die Zeitmessung im Blick, und das zu Recht.
In 2:04:09 Stunden stellte er trotz des kleinen Umwegs einen neuen Streckenrekord für die 42,195 Kilometer auf, blieb 38 Sekunden unter der Zeit seines Landsmannes Cybrian Kotut aus dem Vorjahr, lief exakt seine persönliche Bestzeit.
Marathon Hamburg: Panne beim Zieleinlauf
Während Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein mit dem Zielband in der Hand über zwei Absperrgitter sprang, es noch rechtzeitig auf die andere Seite schaffte, kamen die Fotografen zu spät. Das obligatorische Einlauffoto fiel aus und musste nachgestellt werden. Als Zweiter unterbot der Kenianer Joshua Belet (25) bei seinem Marathondebüt in 2:04:33 Stunden ebenfalls die Zeit des Vorjahressiegers.
„Hamburg ist eine wunderschöne Stadt“, sagte Koech nach seinen zwei Stunden Sightseeing. „Das Wetter war heute perfekt, der Wind nicht zu böig, es war ein super Rennen mit fantastischen Zuschauern.“ Wieder mehr als 300.000 säumten die Straßen entlang der Strecke an Elbe und Alster, feuerten die Läuferinnen und Läufer bis zum Letzten an.
Nur die Anreise war für Koech strapaziös
Strapaziös sei für ihn nur die Anreise gewesen, sagte Koech. 26 Stunden hatte er am Mittwoch und Donnerstag aus seiner Heimat bis nach Hamburg gebraucht, weil er wegen des Streiks am Flughafen Fuhlsbüttel einen doch weit größeren Umweg nehmen musste als bei seinem Zieleinlauf am Sonntagmittag.
Während hinterher alle über die kleine Panne lächeln konnten, war der Äthiopierin Tiruye Mesfin (20) zum Heulen zu Mute. Als sie auf die Zielgerade in der Karolinenstraße am Fernsehturm einbog, hatte sie sieben Sekunden Vorsprung auf die Kenianerin Dorcas Tuitoek. Plötzlich geriet sie ins Stolpern, fiel hin, Tuitoek (25) zog an ihr vorbei, sicherte sich in 2:20:09 Stunden die Siegprämie von 20.000 Euro. Mesfin, die Streckenrekord (2:17:23) laufen wollte, blieben 15.000 Euro. „Ich habe mir das Rennen falsch eingeteilt“, sagte sie.
Europameister Richard Ringer hielt sich fast exakt an seinen Zeitplan
Richard Ringer (34) hatte dagegen fast alles richtig gemacht. Der Europameister aus Überlingen hielt sich fast auf die Sekunde genau an seinen Plan, lief zwei zeitgleiche Halbmarathons, knackte in persönlicher Bestzeit von 2:08:08 Stunden die Olympianorm für die Sommerspiele in Paris 2024 um zwei Sekunden – und wurde im Gesamtklassement Sechster.
„Auf den letzten 200 Metern musste ich extrem fighten, aber am Ende hat es ja alles gut gepasst. Irgendwann kurz vor dem Ziel wurde es schon ein bisschen hart“, sagte Ringer, der im Ziel von seiner Frau Nada Ina Pauer in die Arme genommen wurde.
Ganz zufrieden war Ringer nicht. Die Olympianorm qualifiziert nicht automatisch zur Teilnahme an den Spielen im nächsten Jahr. „Wir haben im Moment so viele starke Marathonläufer in Deutschland, dass ich fürchte, dass diese Zeit nicht ausreicht. Vom Wind her wäre es vielleicht besser gewesen, das Rennen etwas schneller anzugehen“, sagte Ringer.
Er hätte sich zudem gewünscht, der Neu-Hamburger Haftom Welday (33), der in 2:09:40 Stunden Achter wurde, wäre mit ihm in einer Gruppe gelaufen, „dann hätten wir vielleicht beide eine Zeit um die 2:07:40 Stunden geschafft“.
Welday brach auf den letzten Kilometern ein
Welday schloss sich jedoch der Führungsgruppe an, brach aber auf den letzten Kilometern körperlich ein. Bundestrainer Matthias Kohls sah es ähnlich: „Es wäre besser gewesen, Richard und Haftom hätten dieselbe Strategie verfolgt.“
Weil bei der WM im August in Budapest wegen wahrscheinlich hoher Temperaturen Bestzeiten kaum möglich sein werden, will sich Ringer auf den Marathon im Dezember im spanischen Valencia fokussieren. Die Olympianominierung der deutschen Marathonläufer ist für Anfang Februar 2024 geplant.
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Die Mannheimerin Fabienne Königstein dürfte dann dabei sein. Die 30-Jährige lief neun Monate nach der Geburt ihrer Tochter Skadi und viereinhalb Jahre nach ihrem bisher letzten Marathon das Rennen ihres Lebens, steigerte ihre Bestzeit um 6:47 Minuten, unterbot als Achte die Olympianorm in 2:25:48 Stunden um 62 Sekunden. „So ganz habe ich noch nicht begriffen, was heute passiert ist“, sagte sie.
Ursprünglich hatte sie nur für den Halbmarathon gemeldet, nach zuletzt guten Trainingsleistungen buchte sie vor zwei Wochen auf die doppelte Distanz um.
Kiptum verpasste in London den Marathon-Weltrekord nur knapp
Den schnellsten Marathon lief Sonntag der Kenianer Kelvin Kiptum in London. In 2:01:25 Stunden blieb der 23-Jährige nur 16 Sekunden über dem Weltrekord seines Landsmannes Eliud Kipchoge. Der hatte 2013 seinen ersten Marathon in Hamburg bestritten und gewonnen.