Hamburg. Marathon Gesellschaft will über mehr Wettbewerbe stärkere Kundenbindung schaffen – und hat noch ganz andere Ideen.
Weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmer, weniger Wettbewerbe – das Geschäft mit dem Laufen läuft in Deutschland nicht mehr ganz so selbstverständlich wie in den vergangenen Jahrzehnten. Erste Veranstalter haben aufgegeben, vor allem die Nachfrage nach längeren Ausdauerdisziplinen wie den Marathon (42,195 Kilometer) sinkt. Corona beschleunigte die Entwicklung.
Die Einbußen hat auch die Marathon Hamburg Veranstaltungs GmbH (MHV) wahrgenommen, den Trend inzwischen aber erfolgreich bekämpft. Das zeigt die aktuelle Jahresbilanz der Gesellschaft, einer hundertprozentigen Tochter des Hamburger Leichtathletik-Verbandes. Das Konzept: mehr und vielfältigere Angebote. Der Umsatz stieg von 3,2 Millionen Euro (2022) auf geschätzte 3,7 Millionen in 2023. Die Teilnehmerzahlen lagen zuletzt im Schnitt zehn Prozent über dem Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019.
Hamburgerinnen und Hamburger sind die Aktivsten im Land
Der Rückgang scheint gestoppt, die Virus-Delle überwunden. Der Köhlbrandbrückenlauf am 3. Oktober ist mit 7500 Teilnehmenden beinahe ausverkauft, für den PSD Halbmarathon (21,1 Kilometer) am 17. September in Wandsbek liegen mit 1300 Anmeldungen 24 Prozent mehr als zum vergleichbaren Vorjahreszeitpunkt vor. Das Interesse am Kinderrennen über 2,1 Kilometer kletterte von 40 (2022) auf bis heute 128 Nennungen.
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Was möglicherweise half und hilft: Hamburgerinnen und Hamburger, das belegen zahlreiche Studien, sind die sportlich Aktivsten im Land. Auch die Hamburger BMS Laufgesellschaft mbH, die am Sonntagmorgen zum 34. Mal den Barmer Alsterlauf organisiert, kann das bestätigen. Alle ihre 23 Veranstaltungen 2023 waren besser gebucht als im Vorjahr.
Kostenloses Gruppentraining in Hamburg für den Haspa Marathon
„Das Bedürfnis zu laufen, an Wettkämpfen teilzunehmen, besteht weiter, angesichts der hohen Inflation achten Läuferinnen und Läufer, ohnehin tendenziell eher sparsam, jedoch stark darauf, für welche Events sie ihr Geld ausgeben“, sagt Frank Thaleiser (57), seit 2011 Geschäftsführer der GmbH. Die Konsequenz daraus: „Heute muss sich jeder Organisator weit mehr als vor zehn Jahren einfallen lassen, um auf wirtschaftlich auskömmliche Teilnehmerzahlen zu kommen.“
Bereits vor sieben Jahren begann die MHV, jeweils von Dezember an kostenlose, von Trainern begleitete Gruppenläufe im Stadtpark (6 bis 10 Kilometer), an der Alster (15 bis 20 km) und Elbe (25 km) zur Vorbereitung auf den Haspa Marathon anzubieten, der traditionell Ende April gestartet wird. 100 bis 120 Läufer nahmen jedes Jahr diese Möglichkeit wahr.
Marathon GmbH möchte mit Zusatzevents ihre Leistungsfähigkeit beweisen
Zentraler Punkt für Thaleiser bleibt bei der Kundenbindung die Kommunikation. Zwei der zehn festangestellten GmbH-Mitarbeitenden versorgen die Lauf-Community über alle sozialen Kanäle regelmäßig mit Videos und Informationen, sind dadurch mit potenziellen Teilnehmern im ständigen Kontakt und Austausch. Die Laufinteressierten, das ist eine der Erkenntnis der vergangenen Jahre, werden jünger, der Frauenanteil wächst. Niedrigschwellige Angebote und kürzere Strecken haben Zulauf.
Wichtig seien zudem Referenzveranstaltungen, sagt Thaleiser, „um der Gemeinschaft zu zeigen, was wir machen, was wir können, wie wir uns kümmern“. Da ginge es um eine gute Organisation, um Verpflegung, um kleine Aufmerksamkeiten wie Beutel für die Teilnehmenden, nicht zuletzt um die Größe der Medaillen. „Und natürlich wollen alle wissen, stehen genug Toiletten an der Strecke.“
Vier neue Lauf-Veranstaltungen mit elf Rennen in diesem Jahr
Um den Beweis der eigenen Leistungsfähigkeiten anzutreten, hat die Marathon GmbH in diesem Jahr ihr Portfolio um vier Veranstaltungen (Frauen-Lauf, 10-Kilometer-Serie, Blankeneser Heldenlauf und Christmas Run to Tree) mit elf Rennen erweitert, offeriert damit auch seinen Sponsoren einen Mehrwert und größere Projektionsflächen. Ziel sei es, „die Läufer an uns zu binden, sie dazu zu bringen, irgendwann vielleicht mal den Haspa Marathon zu laufen“. Das scheint bisher zu funktionieren. Die Zahl der Teilnehmenden aus dem Bundesgebiet, bei Veranstaltern ein umkämpftes, weil wiederkehrendes Klientel, erhöhte sich beim Marathon dieses Jahr um 500.
Die angeschobene Entwicklung wirkt. „Es läuft bei uns“, sagt Thaleiser. Zum 38. Haspa Marathon am 28. April 2024 meldeten sich bis heute 3800 Läuferinnen und Läufer an, das sind 29 Prozent mehr als zum vergleichbaren Zeitpunkt des Vorjahres. Der Halbmarathon (4200) verzeichnete fast 100 Prozent Plus, die Staffeln (500) eine Steigerung von 18 Prozent.
In Hamburg Kilometer sammeln für einen kostenfreien Startplatz
Um weitere Synergien zu schaffen, denken Thaleiser und seine Mitarbeitenden darüber nach, ein System einzuführen, mit dem in Hamburg Kilometer gesammelt werden. Bei entsprechender Summe entfiele das Startgeld für den einen oder anderen Lauf. „Das ist bisher nur eine von vielen Ideen“, sagt Thaleiser.