Ulm. Die Hamburger können mal wieder nicht auswärts bei einem Aufsteiger gewinnen. Desolate erste Halbzeit beim 1:1 in Ulm.
Den ersten Erfolg nach dem 2:2 gegen den SV Darmstadt am vergangenen Wochenende hatte Merlin Polzin bereits unter der Woche gefeiert. Eine Woche nach seinem Co-Trainer Loic Favé bestand auch der – zumindest bis zur Winterpause – Cheftrainer des HSV seine Uefa-Pro-Lizenz. Beim SSV Ulm stand der 34-Jährige in seiner dritten Partie in leitender Funktion bei den Rothosen, also erstmals als fertig ausgebildeter Trainer an der Seitenlinie.
Diese Premiere verlief für Polzin und seine Mannschaft aber alles andere als nach Plan. Nach einer erschreckend schwachen ersten Halbzeit und einer Roten Karte von Daniel Elfadli kann sich der HSV über ein 1:1 (0:1) gegen Ulm am Ende aber nicht einmal beschweren. Davie Selke rettete dem HSV einen Punkt, vergab aber auch kurz vor Schluss einen möglichen Sieg. „Die erste Halbzeit war weit weg von dem, was wir uns vorgestellt haben“, sagte Polzin, der verriet: „Es wurde in der Halbzeit lauter.“
Polzin brachte Selke und Hefti
Der HSV-Coach hatte seine Mannschaft auf zwei Positionen verändert. Für William Mikelbrencis, der gegen Darmstadt beim Treffer zum 2:2-Endstand gepatzt hatte, spielte Silvan Hefti rechts hinten. Zudem musste Ransford Königsdörffer überraschend auf die Bank, obwohl er gegen Darmstadt sein siebtes Saisontor erzielt hatte. Für ihn kehrte Davie Selke in die erste Elf zurück.
„Davie ist extrem wichtig für uns. Nicht nur durch seine Körperlichkeit, aber auch als Fixpunkt für die Mannschaft. Mit Silvan haben wir hinten jemanden, der verlässlich verteidigt. Wir wollen es aber auch mutig angehen, mit der Kombination von Silvan und Bakery Jatta. Und da bin ich optimistisch, dass wir das hinbekommen“, hatte Polzin vor dem Spiel zu seinen Umstellungen gesagt.
Ulm startete deutlich besser in die Partie
Von diesem Mut war in der Anfangsphase des Spiels allerdings wenig zu sehen. Die Ulmer liefen die Hamburger direkt nach Spielbeginn früh an und störten so das Aufbauspiel des HSV. Der erste Torschuss des Spiels gehörte so in der 10. Minute per direktem Freistoß von Maurice Krattenmacher den Gästen. Dennis Chessa hatte 60 Sekunden später den nächsten Abschluss für den Aufsteiger. Ulm war in der Anfangsphase das bessere und das aktivere Team. Selke tauchte zwar das ein oder andere Mal vor dem Tor des SSV auf, gefährlich wurde es jedoch nicht.
Torgefahr strahlte zu Beginn des Spiels nur das Team aus, das noch vor zwei Jahren in der Regionalliga gespielt hatte und als Meister der 3. Liga direkt in die 2. Bundesliga durchmarschiert war. Besonders auffällig in der Offensive der Spatzen war vor allem immer wieder Krattenmacher. Die Leihgabe des FC Bayern München nutzte die Fehlpässe des HSV im Aufbauspiel, um schnell zum Torabschluss zu kommen.
Der HSV dagegen wirkte oft unkonzentriert und weitestgehend ideenlos im Spiel nach vorne. Für den neutralen Zuschauer war nicht zu erkennen, welches der beiden Teams sich als Aufstiegsaspirant sieht und welches glücklich darüber wäre, die Klasse zu halten.
Ulm geht durch Keller in Führung – HSV erschreckend ungefährlich
In der 34. Minute dann der Treffer für Ulm. Viel zu einfach spielte sich SSV zunächst durchs Zentrum und wurde dann vom passiven HSV nicht angegriffen. Dennis Hadzikadunic und Hefti boten Aaron Keller nur Begleitschutz, der zog unbedrängt aus gut 15 Metern ab und traf sehenswert ins rechte Eck: die Führung für Ulm zu diesem Zeitpunkt hochverdient. Der Blick auf die Torschussstatistik sah für den HSV in dem Moment noch düsterer aus. Dort führten die Hausherren mit 5:0.
Der bisherige Minus-Rekord der Hamburger hatte bei drei Torschüssen in Halbzeit eins gelegen. In Ulm gingen die Gäste elf Minuten später tatsächlich ohne einen einzigen Torabschluss in die Kabine. Der x-Goal-Wert von 0 war der Beweis für die offensiv schlechteste Halbzeit des HSV in dieser Saison.
HSV mit dem schnellen Ausgleich nach Wiederanpfiff
Auch Polzin wollte sich diese Leistung keine weiteren 45 Minuten anschauen und wechselte zur zweiten Halbzeit folgerichtig zweimal. Für den erschreckend schwachen Marco Richter kam Immanuël Pherai, den nicht weniger blassen Jatta ersetzte Emir Sahiti. Und auch die Halbzeitansprache von Polzin schien gewirkt zu haben: nicht einmal vier Minuten nach Wiederanpfiff brachte Selke den HSV zurück ins Spiel.
Nach einer schönen Kombination über Miro Muheim und Jean-Luc Dompé auf der linken Seite stand der Stürmer des HSV goldrichtig, als SSV-Schlussmann Christian Ortag unter der Flanke des Schweizer Linksverteidigers durchsegelte. Per Kopf besorgte Selke mit dem ersten HSV-Torschuss das 1:1 und sorgte damit gleichzeitig für einen Hallo-wach-Effekt in seinem Team.
Der HSV war dank der Einwechslungen plötzlich aktiv und spielte nach vorne. Nur zwei Minuten nach dem Ausgleich traf Dompé nach schöner Vorarbeit von Sahiti den Pfosten (51.), wenig später (54.) setzte der Franzose eine weitere vielversprechende Chance über das Tor. Dann fand auch Ulm zurück ins Spiel. Rösch (57.) und Krattenmacher (60.) prüften in kurzer Zeit zweimal Daniel Heuer Fernandes.
Rote Karte für Elfadli schadete dem HSV
Die Partie entwickelte sich im Anschluss zu einem offenen Schlagabtausch. Dann musste Polzin ein drittes Mal wechseln. Hadzikadunic hatte sich zuvor in einem Zweikampf mit Strompf im Gesicht verletzt und musste runter. Ihn ersetze Lucas Perrin.
In der 68. Minute dann musste ein weiterer Hamburger vom Platz. Diesmal allerdings handelte es sich nicht um eine Auswechslung. Der bereits mit der Gelben Karte vorbelastete Daniel Elfadli ging gegen Kolbe viel zu ungestüm ins Tackling und sah von Schiedsrichter Patrick Alt zurecht Gelb-Rot! Um das defensive Zentrum zu besetzen, reagierte Polzin mit Lukasz Poreba. Der Pole kam für Adam Karabec in die Partie.
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Punkteteilung in Ulm für den HSV zu wenig
In Überzahl war Ulm dann wieder das gefährlichere Team im Spiel. In der 74. Minute verhinderte Heuer Fernandes mit einer starken Parade das 1:2, nachdem Röschs Torschuss zuvor gefährlich abgefälscht wurde.
Doch auch der HSV kam noch einmal gefährlich vor das Tor der Ulmer. Selke hatte in der 85. Minute die Führung auf dem Fuß, scheiterte aber wie zuvor Dompé am Pfosten.
Am Ende blieb es beim 1:1. Der eine Punkt für den HSV in Ulm ist aus Hamburger Sicht natürlich zu wenig, mit Blick auf die unterirdische erste Halbzeit und die Rote Karte von Elfadli aber ein Punkt, mit dem man leben muss. Wie es für Polzin nach der Winterpause weitergeht, dürfte das Spiel in der kommenden Woche zu Hause gegen Greuther Fürth entscheiden.
Die Statistiken
HSV: Heuer Fernandes – Hefti, Hadzikadunic, Schonlau, Muheim – Elfadli – Jatta (46. Sahiti), Richter (46. Pherai), Karabec (72. Poreba), Dompé – Selke (86. Königsdörffer).
Ulm: Ortag – Reichert, Strompf, Kolbe – Chessa, Maier, Brandt, Rösch – Krattenmacher, Telalovic, Keller.
Tore: 1:0 Keller (34.), 1:1 Selke (49.).