Hamburg. Der HSV will diese Saison über Zweikampfintensität den Aufstieg schaffen. Neuzugang Silvan Hefti spricht über die neue Stärke.
Den Namen Klaus Gjasula hat Silvan Hefti schon mal gehört. Aber welchen Rekord der ehemalige HSV-Profi aufgestellt hat? Da muss Hefti passen. Es war die Saison 2019/20, in der Gjasula beim SC Paderborn mit 17 Gelben Karten einen negativen Bestwert aufstellte. Anschließend verpflichtete der HSV den defensiven Mittelfeldspieler, um in der Zweiten Liga einen resoluten Zweikämpfer zu haben, der zuvor gefehlt hatte.
HSV-Neuzugang Hefti hat aktuell gute Karten, den Rekord von Gjasula einzustellen. Genauer gesagt hat er drei Gelbe Karten in fünf Spielen kassiert. Hochgerechnet könnte der Schweizer inklusive Sperren auf 18 Verwarnungen kommen. Hefti ist dieser Rekordkurs leicht unangenehm, als ihn das Abendblatt beim Gespräch im Volksparkstadion auf die Gjasula-Marke anspricht.
Hefti fiel in Karriere nie durch viele Karten auf
„Den werde ich nicht aufstellen. Das zeigen auch die Statistiken der vergangenen Jahre“, sagt Hefti, der nie durch eine Kartenflut aufgefallen war. „Ich bin nicht unbedingt der Gelbsammler. Aber ich bin ein Zweikämpfer, der diese gerne annimmt und führt. Ich will unter anderem durch das Zweikampfverhalten und meine körperliche Dominanz helfen“, sagt der 26-Jährige, der in seinen ersten Spielen ganz bewusst mit seinen Zweikämpfen ein Zeichen setzen wollte, um den anderen Clubs in der Liga zu zeigen, wofür der HSV in dieser Saison steht. „Das Ziel ist aber nicht, schnell gesperrt zu sein“, sagt Hefti und schmunzelt.
Der neue Rechtsverteidiger, den der HSV im Sommer für rund eine Million Euro vom italienischen Erstligisten CFC Genua verpflichtet hat, steht mit seiner Spielweise für den Fußball, den Trainer Steffen Baumgart in dieser Saison sehen will. Hefti hilft mit, dass der HSV viele Zweikämpfe gewinnt und möglichst wenige Gegentore kassiert. „Es ist wichtig, auch aus der Defensive heraus die Spiele zu gewinnen“, sagt Hefti, der die dezente Kritik an der Spielweise nicht stehen lassen will. „Wir haben auch bewiesen, dass wir offensiv liefern können. Ich würde nicht sagen, dass wir zu defensiv spielen. Wir wollen Kontrolle mit dem Ball haben. Aber wenn wir ihn verlieren, wollen wir ihn jagen und zurückerobern. In diesen Umschaltmomenten ist dann auch meine Aggressivität gegen den Ball gefragt.“
Zu beobachten war das vor allem im Heimspiel gegen Regensburg. Der HSV ließ defensiv fast nichts zu, weil das Gegenpressing funktionierte. Insbesondere Hefti stach mit seinen Aktionen gegen den Ball hervor, auch wenn ein Eroberungsversuch mit einer Gelben Karte endete.
Hefti mochte schon als junger Spieler Zweikämpfe führen
Auf der Tribüne im Volksparkstadion konnte auch sein zehn Monate alter Sohn sehen, was der große Papa auf dem Platz macht. Erstmals war sein Nachwuchs im Stadion dabei. Möglicherweise wird Hefti Junior irgendwann ein ähnlicher Spielertyp wie der Senior. „Ich habe schon immer gerne Duelle gehabt und bin auch schon als kleiner Junge den Bällen hinterhergejagt“, sagt Hefti über seine Fußballanfänge.
Auch mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Nias, der ebenfalls als Profi in der Schweiz beim FC Sion spielt, gab es den einen oder anderen Zweikampf. „Wir haben uns früher auch duelliert, aber ich war immer größer. Er ist eher der technische Spieler.“
Baumgart spricht über Heftis bisherige Leistungen
Auch Silvan Hefti kann mit dem Ball umgehen. Der HSV aber hat ihn aber vor allem verpflichtet, um die Defensive zu stärken. „Silvan soll uns mit seiner Zweikampfstärke defensiv stabilisieren“, sagte Sportdirektor Claus Costa nach dem Transfer. Mit seiner Zweikampfstärke konnte Hefti bislang überzeugen. Fußballerisch hat er noch Luft nach oben, wie Trainer Baumgart am Donnerstag sagte. „Ich finde, er hat eine normale Leistung gebracht. Er wird in die Situation kommen, dass er sich weiterentwickelt“, sagte Baumgart, dem die Gelben Karten keine Sorgen machen. „Es zeigt, dass du dich anpassen musst, wenn du in eine neue Liga kommst. Jeder muss sich reinarbeiten in die Zweite Liga.“
Hefti selbst sieht vor allem im Vergleich zur italienischen Serie A, in der er zwei Jahre spielte, Unterschiede. „In Italien wird mehr taktisch trainiert und gespielt. Es ist mehr Abtasten als Spektakel. Hier geht es mehr um Balleroberungen, was das Spiel etwas wilder, aber auch unterhaltsamer macht.“
In der HSV-Kabine hängen die Laufwerte aus
Wie gut die HSV-Spieler gearbeitet haben, können sie mittlerweile täglich in der Kabine sehen. Hefti verrät, dass dort immer die einzelnen Werte und Daten nach den Partien aufgehangen werden: Gelaufene Kilometer, Sprints, intensive Läufe, Höchstgeschwindigkeit. Hefti ist in fast allen Statistiken vorne dabei. Auch bei den Zweikämpfen. Mit 54,16 gewonnenen Duellen liegt er HSV-intern hinter Sebastian Schonlau, Miro Muheim, Daniel Elfadli und Adam Karabec auf Platz fünf und ligaweit auf Rang 63.
Mit den Werten an der Kabinenwand will Baumgart seine Spieler zusätzlich motivieren. Er weiß aus seiner Zeit in Paderborn, dass der Aufstieg nur über wöchentliche Arbeit geht. 2018/19 war Baumgart mit Paderborn und Chefarbeiter Gjasula im Mittelfeld sensationell in die Bundesliga aufgestiegen. Nun will er auch in Hamburg eine neue Arbeiterklasse formen.
Hefti erinnern die HSV-Spiele an seine Zeit in Bern
Zuletzt hat es der HSV in Kaiserslautern mal wieder mit einer Mannschaft zu tun gehabt, die den HSV mit Aggressivität an den Rand einer Niederlage brachte. Das wird auch im weiteren Verlauf der Saison so sein. Hefti kennt diese Situation aus seiner Zeit beim Schweizer Meister Bern. „Gegen die Großen kann man viel reinwerfen, hat nichts zu verlieren. Es ist unsere Verantwortung, darauf zu reagieren.“
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Das tut Hefti mit seiner Spielweise. Abseits des Platzes ist der Verteidiger, der gerade mit seiner Familie nach Groß Flottbek zieht, aber ganz anders. „Neben dem Platz bin ich gar nicht so ein kämpferischer Typ. Da bin ich eher gelassen“, sagt Hefti zum Abschluss des Gesprächs.
Am Sonnabend gegen Paderborn (13 Uhr) können sich die HSV-Fans wieder auf den Zweikämpfer Hefti freuen. Diesmal aber möglichst ohne eine Gelbe Karte.