Hamburg. Der HSV-Sportvorstand spricht über seine erste Rückkehr als Funktionär auf den Betzenberg und das Wiedersehen mit FCK-Manager Hengen.

Der letzte Besuch von Stefan Kuntz in Kaiserslautern liegt noch nicht lange zurück. Vor sechs Wochen fuhr der Sportvorstand des HSV in seine alte Heimat, um an der Trauerfeier für den langjährigen Zeugwart des 1. FC Kaiserslautern, Peter Miethe, teilzunehmen. Miethe war im Trainingslager des FCK bei einem Radunfall ums Leben gekommen. Nur sechs Wochen später kehrt Kuntz erneut auf den Betzenberg zurück. Mit dem HSV wird der 61-Jährige erstmals in offizieller Funktion wieder zu Gast sein, wenn die Hamburger am Sonnabend (20.30 Uhr/Sky) im Topspiel der Zweiten Liga bei den Roten Teufeln antreten.

2016 hatte Kuntz den FCK nach acht Jahren als Vorstandsvorsitzender verlassen. Vorausgegangen war ein langer Machtkampf mit dem Aufsichtsrat. Es waren nicht weniger intensive Jahre als seine Zeit als aktiver Fußballer. Zwischen 1989 und 1995 machte Kuntz für Kaiserslautern 170 Spiele, in denen er 75 Tore erzielte. Mit dem FCK feierte Kuntz seine größten Erfolge als Vereinsfußballer, wurde 1990 überraschend Pokalsieger und ein Jahr später Deutscher Meister. „Es wird natürlich ein emotionales Wiedersehen. Die Zeit in Kaiserslautern hat mich sehr geprägt. Der Verein wird immer in meinem Herzen sein“, sagte Kuntz vor seiner Rückkehr im Abendblatt-Gespräch.

Kuntz und Thomas Hengen spielten in Kaiserslautern zusammen

Am Sonnabend wird er viele bekannte Gesichter wiedersehen. Unter anderem den aktuellen FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen (49). Mit dem zwölf Jahre jüngeren Managerkollegen hat Kuntz zwischen 1992 und 1995 drei Jahre zusammengespielt. „Ich freue mich, ihn zu sehen. Wenn man sich trifft, fühlt es sich immer an wie früher“, sagt Kuntz über Hengen, der seit März 2021 die sportlichen Entscheidungen auf dem Betzenberg trifft und dafür gesorgt hat, dass Kaiserslautern in die Zweite Liga zurückgekehrt ist, sich dort wieder etabliert hat und im Mai im Pokalfinale stand. So wie Kuntz 1990. Und so wie Hengen selbst, der 1996 mit dem FCK das Pokalfinale gegen den Karlsruher SC gewann, zu dem er anschließend wechselte.

Thomas Hengen (l.) und Stefan Kuntz (4.v.l.) spielten 1995 noch zusammen beim 1. FC Kaiserslautern.
Thomas Hengen (l.) und Stefan Kuntz (4.v.l.) spielten 1995 noch zusammen beim 1. FC Kaiserslautern. © Witters | Wilfried Witters

Es waren die letzten großen Jahre des Traditionsclubs, der 1998 als Aufsteiger sensationell noch einmal Deutscher Meister wurde, zehn Jahre später aber vor dem Absturz in die Dritte Liga stand. In jenem Jahr kehrte Kuntz im April nach Kaiserslautern zurück. Der frühere Kapitän wurde Vorstandsvorsitzender und schaffte in den letzten Wochen durch einen Stimmungsumschwung noch den Klassenerhalt. Nur zwei Jahre später stieg der FCK unter der Regie von Kuntz wieder in die Bundesliga auf.

Als Vorstandsvorsitzender feierte Stefan Kuntz mit Kaiserslautern 2010 die Rückkehr in die Bundesliga.
Als Vorstandsvorsitzender feierte Stefan Kuntz mit Kaiserslautern 2010 die Rückkehr in die Bundesliga. © Witters | Matthias Hangst

Zu guten alten Glanzzeiten konnte aber auch Kuntz den Club nicht wieder führen. 2012 ging es erneut in die Zweite Liga. Zuvor hatte Kuntz mit dem Trainerwechsel von Marco Kurz auf Krassimir Balakow versucht, den Abstieg noch zu vermeiden. Doch der Versuch scheiterte. „Balakow hat im teurem Mantel auf dem Betzenberg gecoacht. Das passte nicht. Diese Trainerwahl war die größte und schwerwiegendste Fehlentscheidung von Kuntz“, sagte der langjährige FCK-Reporter Horst Konzok von der „Rheinpfalz“ vor wenigen Wochen im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“. Konzok hatte Kuntz in Kaiserslautern viele Jahre lang begleitet und war Zeuge, wie es beim FCK zu Grabenkämpfen in den Gremien kam. Nach monatelangen Streitigkeiten mit dem Aufsichtsrat verließ Kuntz seinen Herzensverein. „Sein Rückzug war der Anfang vom Ende“, sagte Konzok über das Aus für Kuntz im Jahr 2016. Zwei Jahre später stieg Kaiserslautern in die Dritte Liga ab und blieb dort vier Jahre.

Kuntz lobt Hengen für mutige Trainerentscheidungen

Erst unter der Führung von Thomas Hengen schaffte der FCK 2022 die Rückkehr in die Zweite Liga. Hengen sorgte für Aufsehen, als er unmittelbar vor der Relegation um den Aufstieg gegen Dynamo Dresden den Trainer Marco Antwerpen entließ und durch Dirk Schuster ersetze. „Er hat als Manager in Kaiserslautern mutige Entscheidungen getroffen, wie die Trainerwechsel gezeigt haben. Der Erfolg hat ihn bestätigt“, sagt Kuntz über die Arbeit seines ehemaligen Teamkollegen. Mit Marcus Anfang hat Hengen zur neuen Saison bereits den vierten Trainer in zwei Zweitligajahren installiert. Nachdem Dimitrios Grammozis zwischenzeitlich floppte, rettete Friedhelm Funkel den FCK schließlich vor dem erneuten Abstieg in die Dritte Liga.

Als Spieler traf Stefan Kuntz (r.) mit Kaiserslautern häufig auf den HSV und Thomas von Heesen. Sie wie hier 1993.
Als Spieler traf Stefan Kuntz (r.) mit Kaiserslautern häufig auf den HSV und Thomas von Heesen. Sie wie hier 1993. © Witters | Wilfried Witters

Kuntz weiß aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, in Kaiserslautern die Geschäfte zu führen. „Es bedarf viel Energie, diesen Job bei Traditionsclubs auszuüben – so auch auf dem Betzenberg“, sagt Kuntz vor seiner Rückkehr. Für seine neue Aufgabe beim HSV konnte er aus seiner zweiten Zeit als FCK-Funktionär aber einige Erfahrungen einbringen. „Stefan Kuntz hat viel aus der Zeit gelernt. Er hatte zu viele Aufgaben in Kaiserslautern. Er war so lange erfolgreich, wie er sich um den Sport gekümmert hat“, sagte FCK-Experte Konzok.

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Mit dem HSV kommt Kuntz nun zurück an seine alte Wirkungsstätte. Eine gute Gelegenheit auch, um mal wieder in der 50 Autominuten entfernten Heimat Neunkirchen vorbeizuschauen. Sein Vater Günter wurde in Kaiserslautern geboren.

Das Wiedersehen mit Hengen wird rund um das Spiel eher kürzer ausfallen. In der kommenden Woche sehen sich die beiden eh schon wieder bei der Tagung der Deutschen Fußball-Liga. Die Rückkehr auf den Betzenberg wird Kuntz aber genießen. Verbunden mit der Hoffnung, dass er in der kommenden Saison als Aufsteiger nicht noch einmal wiederkommt.

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