Hamburg. Die beiden Ausnahmetalente des FC Bayern standen auf dem Wunschzettel der Hamburger. Warum die Deals nicht zustande kamen.

Paul Wanner ist derzeit in aller Munde. Der 18 Jahre alte Shootingstar, der in dieser Saison vom FC Bayern an Conference-League-Teilnehmer 1. FC Heidenheim verliehen ist, zieht die Super­lative förmlich an. Mit seinem Elfmetertor gegen Augsburg (4:0) stellte er sogar einen neuen Bundesligarekord auf. Der Spielmacher, der in seinen ersten vier Pflichtspielen für Heidenheim vier Tore und zwei Vorlagen sammelte, ist nun der jüngste Strafstoßschütze der Liga-Historie. Seitdem hat der Rummel um seine Person weiter zugenommen.

Anfang der Woche ging Bundestrainer Julian Nagelsmann in die Offensive. „Er ist ein Spieler mit sehr viel Potenzial, den wir beim DFB fest in unseren Planungen haben. Wie früh er zur A-Nationalmannschaft stößt, entscheidet am Ende er selbst“, sagte der DFB-Coach – wohl wissend, dass Österreichs Nationaltrainer Ralf Rangnick schon länger um die Dienste des Kreativspielers buhlt.

Wanner ist im österreichischen Dornbirn geboren und kann sich zwischen beiden Nationen entscheiden. Für die aktuelle Länderspielpause lehnte er eine Einladung der deutschen U-21-Auswahl ab. Offiziell, weil er sich auf seine neue Aufgabe in Heidenheim fokussieren will. Hinter den Kulissen ist allen Beteiligten beim DFB aber längst klar, dass Wanner mit der Perspektive der U-21-EM kaum zu überzeugen sein wird.

HSV wollte mit Wanner und Krätzig vorbereitet sein

Schon im Sommer war frühzeitig bekannt, dass der spielfreudige Offensivmann den nächsten Schritt in seiner Karriere gehen will. Diese Erfahrung mussten auch die Verantwortlichen im Volkspark machen, denn was bislang niemand wusste: Nach Abendblatt-Informationen wollte der HSV sowohl Wanner als auch Linksverteidiger Frans Krätzig (21) vom FC Bayern ausleihen.

Das Interesse des HSV kam zu einem Zeitpunkt auf, als Sportvorstand Stefan Kuntz und Sportdirektor Claus Costa noch nicht wussten, wie viele Spieler ihre Ausstiegsklauseln ziehen werden. Mit Wanner und Krätzig wollten die Hanseaten für den Fall mehrerer Abgänge vorbereitet sein. Zur Erinnerung: Mit Robert Glatzel, Laszlo Benes, Ludovit Reis, Miro Muheim und Immanuel Pherai besaßen gleich fünf Spieler eine Exitoption, von der letztlich nur Benes (drei Millionen Euro/Union Berlin) Gebrauch machte.

Im Nachhinein betrachtet wäre Wanner der optimale Nachfolger für den slowakischen Nationalspieler gewesen. Der angedachte Transfer des auch im zentralen und linken Mittelfeld einsetzbaren Krätzig hätte ein Vorgriff auf einen möglichen Muheim-Abgang sein sollen, zu dem es letztlich aber nicht kam.

Frans Krätzig, hier im Supercup gegen Leverkusens Nathan Tella, zog auch das Interesse des HSV auf sich.
Frans Krätzig, hier im Supercup gegen Leverkusens Nathan Tella, zog auch das Interesse des HSV auf sich. © imago/Nordphoto | IMAGO/nordphoto GmbH / Christian Schulze

Bei Wanner hatte HSV keine Chance, bei Krätzig schon

Obwohl sich der HSV frühzeitig um die beiden Youngster der Münchner bemühte, kam letztlich keiner der beiden Deals zustande. Im Fall von Ausnahmetalent Wanner wurde den Hamburgern recht schnell signalisiert, keine Chance im Werben um den Teenager zu haben, der nach einer Saison beim Zweitligisten SV Elversberg unbedingt den Weg in die Bundesliga gehen wollte. Direkten Kontakt gab es letztlich nie. Wanners Management bedankte sich beim HSV höflich für das Interesse an ihrem Spieler, der jedoch andere Pläne verfolge.

Etwas weiter war der HSV in den Verhandlungen mit Krätzig. Anders als bei Wanner durfte sich der Zweitligist anfangs berechtigte Hoffnungen auf eine Verpflichtung machen. Nach einem persönlichen Gespräch konnte sich Krätzig einen Wechsel nach Hamburg vorstellen. Dann aber stieg der VfB Stuttgart um seinen früheren Jugendtrainer beim FC Bayern, Sebastian Hoeneß­, in den Poker ein, der ab diesem Moment keiner mehr war. Mit dem Angebot der Schwaben konnte der HSV nicht mithalten, und Krätzig entschied sich für den Champions-League-Teilnehmer.

Beim VfB steht er in direktem Konkurrenzkampf mit Nationalspieler Maximilian Mittelstädt. In den bisherigen Pflichtspielen teilten sich beide Profis die Einsatzzeit. Wanner ist dagegen unumstrittener Stammspieler in Heidenheim.

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Die Pläne im Volkspark untermauern, dass der HSV gewillt ist, die von Kuntz ausgegebene Leitlinie umzusetzen, mehr Spieler aus dem Nachwuchs zu fördern. Um an Toptalente wie Wanner und Krätzig heranzukommen, muss es allerdings auch mal mit dem Aufstieg klappen. Denn die beiden Fälle zeigen, dass der HSV als Zweitligist nicht für jeden Jungprofi eine Topadresse ist.

Paul Wanner scheint den Hamburgern ohnehin längst enteilt zu sein. Als Heidenheim den Youngster im Sommer für zwei Jahre verpflichten wollte, legten die Bayern ihr Veto ein. Das Juwel aus der eigenen Jugend sollte nur ein Jahr verliehen werden, um schon im kommenden Sommer die Chance bei den Profis zu bekommen. Heidenheim willigte letztlich ein. Und Wanner nutzt nun seine Chance sowohl international als auch in der Bundesliga – und eben nicht beim HSV.