Hannover. Der Matchplan des HSV-Trainers ist simpel – zu simpel? Es hapert an der Umsetzung. Ein Profi hat eine Theorie.

Immanuel Pherai hatte eine Theorie, warum das Offensivspiel des HSV bei der 0:1-Niederlage in Hannover bis zum Gegentor überhaupt nicht funktionierte. „Ich hatte das Gefühl“, begann der Spielmacher, „dass ich, wenn ich den Ball hatte, müde war, weil wir vorher so viel hinterhergelaufen sind.“ Dadurch sei der Ball „sofort wieder weg“ gewesen. Pherai wollte diese Theorie zunächst nur auf sich beziehen, schloss aber nicht aus, dass es seine Mitspieler genauso empfunden hätten.

Sein Trainer Steffen Baumgart haderte ebenfalls mit der harmlosen Offensive im ersten Durchgang. Allerdings ermittelte er als Ursache weniger die durchaus gewollte Herangehensweise, dem Gegner auch mal den Ball zu überlassen. Denn anders als in den bisherigen sechs Zweitligajahren rückt die eigene Dominanz unter dem 52-Jährigen in den Hintergrund. Stattdessen sollen seine Spieler durch Flanken nach Ballgewinnen zu Torchancen kommen. Doch ähnlich wie Pherai monierte auch Baumgart „in der ersten Hälfte nicht sauber genug im Umschalten gearbeitet“ zu haben, „um uns Torchancen herauszuarbeiten“.

HSV hadert mit Effizienz in Hannover

Auf eine ideenlose und fehlerbehaftete erste folgte eine ineffiziente zweite Halbzeit, in der gute Ausgleichschancen durch Davie Selkes Kopfball (55.), Adam Karabecs Linksschuss (63.) und Lukasz Porebas Volleyabnahme (78.) ungenutzt blieben. Ein Effizienzproblem, das auch Baumgart nach dem Spiel mehrfach ansprach.

Immanuel Pherai machte wie die gesamte Offensivabteilung des HSV kein gutes Spiel in Hannover.
Immanuel Pherai machte wie die gesamte Offensivabteilung des HSV kein gutes Spiel in Hannover. © imago/Noah Wedel | IMAGO/Noah Wedel

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich der HSV über weite Strecken des Spiels schwertat gegen einen Gegner, der nach dem Pokal-Aus in Bielefeld (0:2) angeschlagen war und mit einem vom Sportchef, Marcus Mann, öffentlich angezählten Trainer, Stefan Leitl, ins Spiel gegangen war. „Wir haben zu wenig kombiniert und schon nach zwei, drei Pässen den Ball verloren“, beklagte Pherai. „Das war zu wenig.“

HSV ohne Jatta und Dompé harmlos: Das sagt Baumgart

Ohne die beiden verletzten Flügelspieler Jean-Luc Dompé und Bakery Jatta gelang es dem HSV nicht, Überzahlsituationen zu kreieren. Eins-gegen-eins-Duelle wurden selten gewonnen, in der Folge erspielte sich die Mannschaft zu wenig Torchancen. „Die beiden fehlen uns. Es ist nicht einfach, zwei solche Spieler sowie Daniel Elfadli zu ersetzen“, sagte Baumgart, der allerdings nicht der Typ ist, Niederlagen mit Verletzungsproblemen zu erklären. Stattdessen nahm er sich selbst in die Pflicht, mit dem vorhandenen Personal „Lösungen zu finden“. In Hannover sei dies „nicht immer gelungen“.

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Der Trainer will seine Spieler häufiger flanken sehen. Am Freitagabend durfte der technisch limitierte, aber kopfballstarke Davie Selke erstmals von Beginn an spielen. Bis auf eine Ecke Miro Muheims wurde allerdings nicht einmal der 1,95 große Leuchtturm im Strafraum gesucht. „Wir müssen besser nach vorne und ins Flankenspiel kommen, um unsere Stürmer in Szene zu setzen“, verlangt Baumgart.

In der Theorie ist der Offensivplan des HSV so simpel wie selten zuvor. An der Umsetzung hapert es allerdings noch bei Pherai und seinen (müden) Mitspielern.

Die Statistik

  • Hannover: Zieler – Muroya, Neumann, Halstenberg (76. Knight), Dehm – Leopold, Christiansen – Lee (72. Voglsammer), Rochelt (90. Ezeh) – Ngankam (72. Tresoldi), Nielsen (Kunze 90.).
  • HSV: Heuer Fernandes – Hadzikadunic, Schonlau, Muheim – Hefti (88. Oliveira), Reis (71. Poreba), Meffert, Königsdörffer (78. Baldé) – Pherai, Karabec (88. Öztunali) – Selke (70. Glatzel).
  • Tor: 1:0 Ngankam (50., Foulelfmeter)
  • Schiedsrichter: Patrick Alt (Illingen).
  • Gelb: Dehm, Ngankam, Voglsammer, Rochelt – Hefti, Selke.
  • Gelb-Rot: Schonlau (90.+3).
  • Torschüsse: 9:8
  • Ecken: 1:3
  • Ballbesitz: 48:52 Prozent
  • Zweikämpfe: 47:53 Prozent