Dresden. Bei Dynamo Dresden kommen die Hamburger trotz Führung nicht über ein Unentschieden hinaus und lassen einiges zu wünschen übrig.
Mit den Händen in den Hosentaschen gab Tim Walter in der Schlussphase noch einmal alles. Immer wieder versuchte er mit seinen Rufen, Einfluss auf das fahrige Spiel seiner Mannschaft zu nehmen. Doch auch Walters gewohnter Elan an der Seitenlinie änderte nichts mehr am 1:1 (1:0) des HSV bei Aufsteiger Dynamo Dresden.
Vor dem Spiel hatte der Coach noch gesagt, dass seine Mannschaft hungrig sei und vor Energie, Ehrgeiz und Leidenschaft strotze. Davon zu sehen war im mit 1000 Zuschauern besetzten Rudolf-Harbig-Stadion, von denen eine die neue DFL-Chefin Donata Hopfen war, allerdings nicht viel. Mit seinem zehnten Unentschieden in der laufenden Saison tritt der HSV auf der Stelle und kann an diesem Wochenende von den Aufstiegsplätzen rutschen.
„Wir sind enttäuscht über das Ergebnis und die Art und Weise, wie wir gespielt haben“, sagte Torwart Daniel Heuer Fernandes, der die Mannschaft bei seinem Comeback sogar vor einer möglichen Niederlage bewahrte. „Wir wollten aggressiv sein und mit hoher Intensität ins Spiel gehen. Das ist uns leider nicht gelungen.“ Walter fasste es so zusammen: „Wir haben kollektiv zu wenig von dem auf den Platz gebracht, was wir uns vorgenommen haben. Es war insgesamt zu wenig. Das müssen wir am Dienstag im Pokal in Köln besser machen.“
HSV gerät bei Dynamo Dresden früh unter Druck
Walter setzte in Dresden wieder auf seinen Stammtorwart Heuer Fernandes, der zuvor sieben Spiele in Serie wegen einer Kapselverletzung gefehlt hatte. Weil Flügelstürmer Bakery Jatta nach seiner Corona-Infektion noch nicht in Vollbesitz seiner Kräfte war, wurde der HSV-Coach zu einer weiteren Umstellung gezwungen: David Kinsombi rückte neu in die Mannschaft, die in einem 4-4-2 mit einer Mittelfeldraute agierte. Faride Alidou und Robert Glatzel bildeten eine Doppelspitze.
Doch von dieser war zunächst nur wenig zu sehen. Dresden setzte den HSV von Beginn an mächtig unter Druck. Dynamo presste mit seiner Dreierreihe im Sturm deutlich höher als in den bisherigen Saisonspielen und versuchte, Profit aus dem riskanten Spielaufbau der spürbar überraschten Hamburger zu schlagen. Nach einem Abspielfehler des sonst so ballsicheren Jonas Meffert eröffnete Yannick Stark das Dresdner Torschussfestival im ersten Durchgang und zwang Heuer Fernandes zur ersten Parade (4.).
Lesen Sie auch die Weiterdrehe:
Auch interessant
Der HSV leistete sich in dieser Anfangsphase viel zu viele Unkonzentriertheiten. Als Jan Gyamerah mit mehr Glück als Verstand an vier Dresdnern quer vor dem eigenen Strafraum vorbeidribbelte, hielt es auch Walter nicht mehr auf seinem Platz (9.). Der Trainer spürte, dass er seine leichtsinnig agierende Mannschaft wachrütteln musste.
HSV 1:1 in Dresden – die Bilder:
Elbduell in Dresden: Dynamo trotzt dem HSV einen Punkt ab
Glatzel sorgt für schmeichelhafte HSV-Führung
Kurz darauf zeigten seine Spieler zumindest eine erste zaghafte Offensivbemühung, als Sonny Kittel und Ludovit Reis mit einem Doppelpass nach einer Ecke David Kinsombi freispielten, der mit einer Mischung aus Torschuss und Flanke für die erste gefährliche Aktion der Hamburger sorgte (15.).
Das gefährlichere Team aber blieb Dynamo. Nach einem Missverständnis zwischen HSV-Kapitän Sebastian Schonlau und Heuer Fernandes wurde Dresdens Toptalent Ransford Königsdörffer zur nächsten Torchance eingeladen, doch der bereits ausgerutschte Schonlau machte seinen Lapsus wieder gut und klärte in höchster Not (18.). Auch Julius Kade durfte es noch einmal probierte, scheiterte aber ebenfalls an Heuer Fernandes (30.).
Gegen Ende der ersten Halbzeit musste Dresden dem hohen Anfangstempo Tribut zollen, wodurch sich der HSV etwas aus der Defensive befreite – und mit einem stark herausgespielten Konter gegen die komplett aufgerückten Gastgeber sogar in Führung ging. Kittel spielte einen herrlichen Ball in den Lauf von Glatzel, der Dynamos Torhüter Kevin Broll mit einem sehenswerten Chipball zum 1:0 überwand (37.).
Auch interessant
- HSV-Einzelkritik:
9:2 Torschüsse zählten die Statistiker zu diesem Zeitpunkt – es war eine schmeichelhafte Führung für den HSV, der kurz vor dem Halbzeitpfiff sogar noch eine Doppelchance durch Kittel und Faride Alidou vergab (42.). Doch ein 2:0 wäre des Guten auch zu viel gewesen.
Nach der Pause zeichnete sich auf dem erst vor einer Woche neu verlegten Rasen zunächst das gleiche Bild ab: Der HSV war um Spielkontrolle bemüht, und Dresden lauerte auf Fehler der Gäste.
Die erste Chance im zweiten Durchgang hatte Torschütze Glatzel auf dem Fuß, doch der Stürmer zielte knapp daneben (49.). Die nun wieder frischer wirkenden Dresdner hielten weiterhin mit viel Einsatz dagegen. Kades Abschluss konnte Heuer Fernandes noch parieren (51.), der nächste Angriff aber führte zum Ausgleich. Diesmal flankte Kade auf den am zweiten Pfosten völlig frei stehenden Christoph Daferner, der zum verdienten 1:1 einköpfte (61.).
HSV lässt Tempo und Präzision vermissen
Walter reagierte und brachte Flügelstürmer Jatta für den blassen Kinsombi. Seine Mannschaft agierte nun wieder im bewährten 4-3-3-System, doch den nächsten Abschluss hatte erneut Dresden. Königsdörffer versuchte es aus spitzem Winkel, scheiterte aber an der breiten Brust von Heuer Fernandes (72.).
Und der HSV? Der agierte weiterhin mit zu wenig Tempo und vielen Abspielfehlern. Kurz vor Schluss versuchten es noch einmal Kittel (84.) und Jatta (86.), doch ein Sieg wäre an diesem Freitagabend auch nicht verdient gewesen.