Hamburg. Der Youngster spielt mit der deutschen U20 auf internationaler Bühne. Im Hintergrund läuft ein Poker. Ein Angebot soll vorliegen.

Wenn für die HSV-Profis am Montag um 16 Uhr in die Trainingswoche beginnt, startet Faride Alidou rund 2500 Kilometer entfernt in sein zweites Länderspiel. Mit der deutschen U-20-Nationalmannschaft trifft der Flügelstürmer des HSV im portugiesischen EM-Stadion Dr. Magalhães Pessoa in der Stadt Leiria auf die Auswahl Portugals.

Für Alidou ist es das zweite Länderspiel mit dem DFB. Am Freitag hatte der 20-Jährige beim 3:2-Sieg in Frankreich ein gelungenes Debüt gefeiert. Mit einem Tor und einem Assist war Alidou einer der Matchwinner im Team von Trainer Christian Wörns. Nun hat das Eigengewächs des HSV die nächste Chance, sich auf der internationalen Bühne in den Fokus der zahlreichen Scouts und Berater zu spielen, die bei den Jugendländerspielen auf der Tribüne sitzen.

Übertriebener Hype um HSV-Talent Alidou

Auch ein Mitarbeiter aus dem Scouting des HSV wird beobachten, wie sich Alidou in Portugal schlägt. Wegen seiner Vertragslage ist der Wilhelmsburger aktuell ein großes Thema. Hinter den Kulissen läuft längst der Poker um eine Vertragsverlängerung des Talents, das nur noch bis zum kommenden Sommer an den HSV gebunden ist.

Dabei offenbart sich im Fall Alidou einmal mehr, wie schnell ein verfrühter Hype einem Jungprofi den Kopf verdrehen kann. „Die Bundesliga jagt Alidou“ hieß es am Wochenende in der seriösen Frankfurter Rundschau. „Bundesligisten reißen sich um Alidou“ lautete eine Überschrift auf fussballtransfers.com. Reißerischer geht es im wahrsten Sinne des Wortes kaum.

Hype-Gefahr um HSV-Spieler

Es sind die typischen Mechanismen, die vor allem von Beratern in Vertragsverhandlungen genutzt werden, um den Druck auf die Vereine zu erhöhen. Zur Erinnerung: Vor einem Jahr war es der Poker um Verteidiger Stephan Ambrosius, der über Wochen die HSV-Schlagzeilen bestimmte. Der 22-Jährige wurde angeblich nicht nur von Celtic Glasgow oder Leeds United „gejagt“, sondern auch von Ghanas Nationalverband.

Das Ende der Geschichte: Ambrosius verlängert langfristig und zu guten Bezügen beim HSV, Spieler und Berater hatten ihr Ziel erreicht. Anderes Beispiel: Vor fünf Jahren gewann der HSV das vermeintliche Buhlen um Dren Feka, damals 18, gegen Werder Bremen und gab ihm einen Profivertrag. Heute spielt der 24-Jährige in der Regionalliga bei Altona 93. Ein Angebot von Werder hat es damals vermutlich nie gegeben.

Doch nicht immer funktioniert dieser Druck. 2018 etwa versuchten die Agenten von Dennis Diekmeier den HSV zu einem Dreijahresvertrag zu drängen und ließen öffentlich verlauten, dem Verteidiger hätte ein unterschriftsreifer Vierjahresvertrag aus der Premier League vorgelegen. Der HSV ließ sich nicht unter Druck setzen und lehnte ab – Diekmeier wurde arbeitslos, ehe er ein halbes Jahr später bei Zweitligist Sandhausen unterschrieb.

HSV hat erstes Angebot für Alidou gemacht

Wohl auch wegen dieser Vorgeschichten verfolgen die HSV-Verantwortlichen um Jonas Boldt und Michael Mutzel den Poker um Alidou entspannt. Gleichzeitig sind sie sich einig, mit dem Talent verlängern zu wollen. Ein erstes und auch durchaus lukratives Angebot soll der HSV bereits gemacht haben. Mit einer zeitnahen Einigung ist zu rechnen.

Dem HSV hilft dabei auch die gute Verbindung zu Alidous Agentur FTC. Mit Geschäftsführer Dieter Gudel, dem früheren HSV-Nachwuchsleiter, einigte sich der HSV in den vergangenen Jahren bereits auf die Vertragsverlängerungen von Josha Vagnoman und Jonas David. Aktuell gehören neben Alidou auch weitere Talente wie die Finnen Anssi Suhonen und Juho Kilo, U-21-Verteidiger Bryan Hein oder die A-Jugend-Talente Elijah Krahn und Felix Paschke zu FTC.

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Berater schachern um HSV-Talent Alidou

Tatsächlich findet das Buhlen um Alidou aktuell vor allem innerhalb der Berater-Szene statt. Wie das Abendblatt erfuhr, versuchen mittlerweile auch andere Agenturen, mit dem Spieler des HSV ein Geschäft zu machen.

Die Masche ist zumeist ähnlich. Die Berater nehmen Kontakt zu den Spielern auf und versprechen ihnen, einen Vertrag bei einem Bundesligisten zu vermitteln, wenn sie das Mandat für einen Transfer erhalten. Da die Spieler bei den Agenturen nicht unter Vertrag stehen, können sie jederzeit entscheiden, ihren Agenten zu wechseln. Der HSV versucht im Nachwuchs, seine Talente und die Eltern auf diese Problematik hinzuweisen.

Eines der Probleme: Die Berater müssen für ihren Job seit einiger Zeit keine Lizenz mehr besitzen, um die Fußballer an andere Vereine zu vermitteln. HSV-Verteidiger Ambrosius wechselte vor einem Jahr gleich mehrfach den Berater, ehe sein vierter Agent Nochi Hamasor den Poker auf die Spitze trieb, am Ende aber den Vertrag mit dem HSV erfolgreich aushandelte.

Alidou hat bereits Profivertrag beim HSV

Im Fall Alidou ist so eine Entwicklung nicht zu erwarten. Für den HSV geht es aber auch darum, nicht den Eindruck zu erwecken, man hätte eine frühzeitige Verlängerung verschlafen. Dabei hatte Alidou nach Abendblatt-Informationen bereits vor zwei Jahren einen Profivertrag beim HSV unterschrieben, als ein Abgang zum FC Schalke 04 drohte. Der HSV ließ diesen Vorgang anders als üblich aber unkommentiert. Weil die Verantwortlichen schon damals wussten, dass Alidou die Aufmerksamkeit nicht gerade gut getan hätte. Zwei Jahre später hat Alidou davon mehr als genug.

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Keine Frage: Der U-20-Nationalspieler hat großes Potenzial und dieses im Gegensatz zu ehemaligen Talenten wie Feka nun auch schon im Profifußball gezeigt. Alidou bringt viele Fähigkeiten mit, die ihn für Bundesligisten interessant machen. Noch aber waren es nur vier Zweitligaspiele, keines davon über 90 Minuten. Es hat eben auch seine Gründe, warum Alidou in den vergangenen zwei Jahren noch in der Regionalliga kickte. Weil er körperlich und im Kopf noch nicht reif genug war.

Nun hat Alidou einen Fuß in die Tür zum Profifußball gesetzt. Und wenn er gut beraten ist, lässt er sich von der bislang unbekannten Aufmerksamkeit nicht verrückt machen. Auch wenn ihm am Montag wieder zwei Torbeteiligungen gelingen sollten.