Hamburg. Der frühere Nachwuchschef arbeitet im Hintergrund für den HSV über seine Agentur. Eine Konstruktion gefällt nicht jedem.

Am Freitag war Bernhard Peters zu Besuch in der belgischen Stadt Löwen. Der ehemalige Direktor Sport des HSV traf sich mit Nachwuchstrainern der türkischen U-21-Nationalmannschaft beim Spiel in Belgien. Peters coacht die Trainer, so wie er es früher auch beim HSV gemacht hat. Führungskompetenz, Persönlichkeitsentwicklung, Trainingskonzeption – das sind die Schwerpunkte, die Peters schon in Hamburg vermittelte. Und die nun Bausteine seiner im August 2020 gegründeten Beratungsagentur BP TeamCoaching sind.

Peters ist ein gefragter Mann. In Kürze fliegt der 61-Jährige erneut in die USA, wo er den neu gegründeten Fußballclub St. Louis City SC berät. Ende November kommt Peters wieder nach Hamburg, um im Rothenbaumstadion sein Führungskräfteseminar fortzusetzen. 19 Teilnehmer lernen dabei in sechs Modulen die Prinzipien, die Peters über die Jahre als Hockey-Bundestrainer sowie als Sportdirektor in Hoffenheim und Hamburg entwickelt hat. Mit dabei ist auch die ehemalige Social-Media-Managerin des HSV, Anne Graber. Oder auch Nadja Kischkat, die aktuelle Koordinatorin Administration Sport beim HSV.

Peters überraschendes HSV-Comeback

Was nur wenige wissen: Bereits seit einem Jahr arbeitet Peters im Hintergrund noch immer, oder besser gesagt: wieder für den HSV. Peters coacht im Campus, den er in seiner Zeit von 2014 an selbst geplant und geleitet hatte, Nachwuchstrainer aus den oberen U-Mannschaften. Das bestätigten beide Seiten auf Abendblatt-Nachfrage.

Peters, der in Berlin lebt, kommt jedoch nicht in den Volkspark. Das Coaching findet in Videositzungen statt. Inhaltlich nimmt Peters selbst Videoschulungen vor, führt Analysegespräche, entwickelt die Persönlichkeiten der Trainer und optimiert deren inhaltliche Trainingsarbeit. Der HSV zahlt der Agentur von Peters dafür ein Honorar, der Vertrag ist jährlich kündbar.

HSV: Boldt schätzt Arbeit von Peters

Angefangen hatte die Kooperation nach der Rückkehr von Horst Hrubesch zum HSV. Als der Nachwuchsdirektor im August 2020 seine Arbeit aufnahm, wurde er zunächst von Ole Jan Kappmeier eingearbeitet. Der frühere Assistent von Peters im HSV-Nachwuchs hatte zu diesem Zeitpunkt seinen Job als Projektkoordinator bei der HSV Fußball AG bereits gekündigt, um für das neue Unternehmen von Peters zu arbeiten.

Doch Hrubesch wollte auf die Hilfe von Kappmeier nicht verzichten. Und so einigten sich beide Parteien auf eine Konstruktion, die auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt. Kappmeier ist Geschäftsführer eines externen Arbeitgebers, der BP TeamCoaching GmbH, arbeitet aber zwei- bis dreimal pro Woche beim HSV. Auch in der Zeit, als die meisten Mitarbeiter des NLZ noch in Kurzarbeit waren.

Was in anderen Branchen nicht unüblich ist, sorgte im HSV-Nachwuchs für Diskussionen. Denn Kappmeier bekommt als externer Mitarbeiter Einblicke in interne Prozesse und Inhalte. Die HSV-Führung sieht aber keinen möglichen Konflikt mit den Compliance-Richtlinien.

Sportvorstand Jonas Boldt vertraut nicht nur der Arbeit Kappmeiers, er schätzt auch Bernhard Peters. Dieser hatte sich im Oktober 2018 mit Boldts Vorgänger Ralf Becker auf eine Vertragsauflösung geeinigt. Zwischen Becker und Ex-Vorstandschef Bernd Hoffmann auf der einen und Peters auf der anderen Seite passte es nicht.

Weitere HSV-Berichte:

Peters sieht Ex-Bosse des HSV kritisch

Über seine Zeit beim HSV sagte Peters im eigenen Unternehmenspodcast „Inspiring Champions“ vor einem Jahr: „Wir haben eine sehr gute Talententwicklung gemacht, den Campus gebaut, Trainer entwickelt. Als ich ging, waren alle Mannschaften oben. Wenn der Aufsichtsrat nicht immer so hektisch reagieren würde, dann würde es in diesem Club auch mehr Kontinuität geben. Was das obere Management angeht, waren sicher sehr viele unglückliche Entscheidungen drin. Da war ich auch froh, dass es nach vier Jahren zu Ende ging, weil ich mit den handelnden Leuten nicht mehr arbeiten wollte. Ich bin dankbar, dass ich beim HSV diese Arbeit machen konnte.“

Und die Peters mittlerweile wieder, wenn auch in deutlich geringerem Umfang, machen kann. Im Nachwuchsleistungszentrum finden sich noch immer einige Mitarbeiter, die den Abgang von Peters bedauern. Zumal es trotz der HSV-Rückkehr von Hrubesch an einer klaren Führungsstruktur im Nachwuchs mangelt. Einen sportlichen Leiter gibt es seit der Freistellung von Sebastian Harms im Frühjahr nicht. Hrubesch kümmert sich mittlerweile verstärkt um den Frauenfußball, seine Anwesenheit im Campus ist weniger geworden.

Dafür klappt beim HSV die Durchlässigkeit vom Nachwuchs zu den Profis so gut wie selten zuvor. Derart viele Talente aus der eigenen Jugend kamen bei der ersten Mannschaft lange nicht zum Einsatz. Und Peters? Der soll mit seinem Coaching der Nachwuchstrainer weiter dazu beitragen, dass das auch so bleibt.